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Totenklage

Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Bingham
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in Llanrumney, in der sie vor sechs Wochen noch gelebt hat, hängen Bilder von ihr am Kühlschrank und saubere Kleider im Schlafzimmer. Und dann das.« Er deutet auf die Fotos an der Wand, doch niemand dreht sich um, um sie zu betrachten, weil sie bereits fest in unseren Köpfen eingebrannt sind. Die Männer im Raum knirschen mit den Zähnen und blicken finster drein. DC Bev Rowland, eine gute Freundin von mir, weint ganz offen.
    » Sechs Jahre alt, und dann so etwas. April Mancini. Wir werden den Mann finden, der das Spülbecken geworfen hat, und ihn für den Rest seines Lebens hinter Gitter bringen. Das ist unser Job. Dafür sind wir hier. Also, an die Arbeit.«
    Die Versammlung löst sich auf, die Leute unterhalten sich. Der Ansturm auf die Kaffeemaschine beginnt. Mit einem Mal ist es hier viel zu laut für mich. Ich gehe zu Bev hinüber.
    » Alles in Ordnung?«
    » Ja. Geht schon. Den Mascara hätte ich mir sparen können.«
    Ich lache. » Wozu bist du eingeteilt?«
    » Personenbefragung. Weibliche Intuition, nehme ich an. Und du?«
    Sowohl in ihrer Antwort als auch in ihrer Gegenfrage liegt eine subtile Unterstellung. Sie scheint der Meinung zu sein, dass ich nicht so richtig als Frau zähle und daher auch nicht für die Aufgaben in Frage komme, die Frauen üblicherweise übernehmen. Bev ist so nah am Wasser gebaut, dass sie bei Jacksons pathetischem Finale in Tränen ausgebrochen ist. Ich nicht. Bev ist ein so umgänglicher Mensch, dass man ihr bei einer Tasse Tee so ziemlich alles anvertrauen würde. Mir nicht. Klar, Personenbefragung kann ich auch. Ich bin in der Lage, die richtigen Fragen zu stellen, und habe gelegentlich sogar wertvolle Informationen gesammelt. Aber Bev liegt so etwas im Blut. Mir nicht. Das wissen wir beide.
    » Ich bin noch an Brian Penry dran. Kontoauszüge und so. Und wenn ich dann noch Zeit habe und nicht vorher den Verstand verliere, soll ich mich um die Kreditkarte von diesem Rattigan kümmern. Komisch, dass sie gerade dort aufgetaucht ist.«
    » Wurde sie gestohlen?«
    Ich schüttle den Kopf. Nach der Unterhaltung mit Brydon hatte ich gestern noch die Bank angerufen und – nachdem ich es geschafft hatte, mich durch die komplette Bürokratie hindurch zu derjenigen Person durchzufragen, die auch wirklich Bescheid wusste – alle Antworten erhalten, die ich hören wollte. » Nein. Die Karte wurde als verloren gemeldet, sofort gesperrt und ein Ersatz ausgestellt. Alles ganz normal. Er könnte sie ja wirklich verloren haben, das ist nicht ausgeschlossen. Und Mancini oder sonst irgendjemand hat sie gefunden und als Souvenir behalten.«
    » Brendan Rattigans Kreditkarte? Also, ich hätte die ganz bestimmt behalten.«
    » Hättest du nicht. Du hättest sie irgendwo abgegeben.«
    » Ja, schon, aber angenommen, ich wäre nicht so ein ehrlicher Typ.«
    Ich muss lachen. Von Bev Rowlands auf Janet Mancinis Typ zu schließen ist ein Vorgehen, das von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Bev sieht mich komisch an, weil ich sie auslache, dann geht sie in Richtung Damentoilette, um ihr Make-up aufzufrischen, bevor sie sich an die Arbeit macht. Ich wünsche ihr einen schönen Tag. » Dir auch«, sagt sie.
    Während sie davoneilt, fällt mir ein, dass ich soeben völlig falschgelegen habe. Janet Mancini hätte Rattigans Kreditkarte auf keinen Fall zufällig irgendwo finden können. Unmöglich. Mancini und Rattigan waren wohl kaum in denselben Vierteln unterwegs und haben nicht dieselben Kneipen besucht – sie lebten in völlig verschiedenen Welten. Zu allen Orten, an denen Rattigan seine Kreditkarte hätte verlieren können, wäre Mancini auf die eine oder andere Weise der Zutritt verweigert worden.
    Sobald mir dieser Gedanke kommt, begreife ich auch seine Konsequenzen. Die beiden kannten sich. Und das nicht nur flüchtig. Sie liefen sich nicht zufällig irgendwo über den Weg, sie trafen sich mit Absicht, aus irgendeinem Grund. Müsste ich hier und jetzt eine Theorie aufstellen, würde ich vermuten, dass der Millionär die Drogenabhängige umgebracht hat. Nicht direkt natürlich – wie auch, wenn er bereits tot war? –, aber ein indirekter Mord ist auch ein Mord.
    » Ich krieg dich, du Arschloch«, sage ich laut. Eine Sekretärin sieht mich im Vorbeigehen entgeistert an. » Nicht Sie«, sage ich. » Sie sind nicht das Arschloch.«
    Sie lächelt ein Lächeln, das üblicherweise für Verrückte reserviert ist, die auf der Straße Schimpfworte vor sich hin murmeln, oder für Penner, die sich auf

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