Totenpech
vergewisserte sich, dass
er das hier tatsächlich erlebte, dass alles real war, was gerade geschah.
Dort lag Lina und sah ihn an.
Um Sam wurde es dunkel, dann brach er zusammen.
83. KAPITEL
München   Sie saÃ
entspannt in ihrer zwei mal drei Meter groÃen Zelle und sah durch das
vergitterte Fenster auf den strahlend blauen Himmel von München. Wann würde sie
die warmen Sonnenstrahlen wieder direkt auf ihrer Haut spüren können?
Vielleicht würden ein paar Sommer und Winter vergehen, aber das war ihr im
Grunde genommen egal. Sie hörte noch die Worte ⦠Ene mene muh und
raus bist du ⦠Sie hatte sie nicht direkt verstanden, aber an der Art
und Weise, wie sie gesprochen worden waren, musste es sich um einen Abzählreim
gehandelt haben. Es war nicht ihre Tür, die daraufhin geöffnet worden war,
sondern die von nebenan. Danach hatte sie eine schreiende Frauenstimme gehört.
Den Namen, der ihr wahrscheinlich das Leben gerettet hatte, würde sie nie
vergessen. Lina. Ob sie noch lebte?
Wenn sie an das Schwein dachte, das ihr das eingebrockt hatte, stieg
immer noch Wut in ihr hoch. Dieses Haus in Frankreich ⦠sie hatte es geahnt.
Das Parfum hatte ihren Angreifer verraten. Es war derselbe Geruch des Mannes,
dem sie die verdammte Büste auf Mallorca ausgehändigt hatte. Er hatte sie von
hinten gepackt und ihr etwas in den Hals gestochen. Danach war sie ohnmächtig
geworden und erst wieder auf dem stinkenden Schiff in einem Käfig aufgewacht.
Wie ein Tier hatte man sie dort gehalten. Wieder hatte man sie betäubt, bis sie
schlieÃlich in diesem Sandloch aufgewacht war, aus dem sie sich wie ein
Maulwurf freigebuddelt hatte. Ene mene muh ⦠Sie bekam
eine Gänsehaut.
Welche Ironie des Schicksals, dass sie ausgerechnet dem Mann in die
Arme gelaufen war, den sie in der Münchener Villa niedergeschlagen hatte. Sie
hatte sein Gesicht erst später auf dem Flug nach Deutschland wiedererkannt. Ein
Polizist! Ihr Retter hatte kein Wort über ihre kleine Begegnung verloren. Er
war den ganzen Flug über in sich gekehrt und hatte so traurig ausgesehen, dass
sie ihn am liebsten getröstet hätte.
Die Tür ihrer Zelle wurde geöffnet, und ein Beamter forderte sie
auf, herauszukommen. »You have a visitor«, sagte er in ziemlich schlechtem
Englisch.
Sie sog die Zellenluft ein und stieà sie hörbar wieder aus.
Dann erhob sie sich von ihrer Pritsche und trat hinaus auf den Gang.
Nach ein paar weiteren Türen, die vor ihr geöffnet und hinter ihr wieder
geschlossen wurden, stand sie endlich im Besucherraum des Gefängnisses. Er war
leer bis auf eine Person, die an einem Tisch saà und jeden ihrer Schritte
beobachtete. Es war der Mensch, den sie jetzt am meisten brauchte und von dem
sie gedacht hatte, ihn nie wieder zu sehen. Vielleicht sollte sie, wenn das
hier ausgestanden war, doch noch studieren. Ihm zuliebe. Ihr Vater lächelte ihr
zu, und Aethel bereute in diesem Augenblick jeden schlechten Gedanken, den sie
gegen ihn gehegt hatte.
84. KAPITEL
Eine Woche später.
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Die Schlagzeile in der letzten Ausgabe der Bild lautete:
FALSCHE NOFRETETE IN BERLIN â DEUTSCHER ARCHÃOLOGE SPRENGT SCHMUGGEL- UND MÃRDERBANDE
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Nur seinem exzellenten
Spürsinn hat Ronald Walter es zu verdanken, dass er heute noch am Leben ist.
Bei seiner Arbeit im Ãgyptischen Museum waren ihm im Archiv des Kellers nicht
nur Lücken aufgefallen, sondern auch eine Frau, die sich eigenartig verhielt.
Er schaltete sofort einen Beamten von Europol ein, der gemeinsam mit dem Archäologen
den Kopf einer Schmugglerbande stellte. Die Bande betrieb seit zwanzig Jahren
ein grausames Geschäft. Sie kidnappte Menschen während ihres Urlaubs in
nordafrikanischen Ländern und Europa, präparierte sie wie im alten Ãgypten zu
Mumien und verkaufte sie für Millionenbeträge an Sammler. Zurzeit wird die
gesamte Belegschaft im Ãgyptischen Museum verhört, um herauszufinden, wer noch
seine Finger mit im Spiel hatte. Unter Verdacht stehen der Direktor für
Altertumskunde, Kamal Alawar, und ein Mitarbeiter. Doch es sollte noch besser
kommen. Der Archäologe fand bei seiner Arbeit ebenfalls eine Kiste von
unschätzbarem Wert. Eine Büste der Nofretete, die jahrelang wohl im Keller des
Museums gelegen hatte. Der Kommentar von Sajah Haddad, Direktorin des
Ãgyptischen Museums: »Endlich hat das Bitten ein Ende.«
Seit
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