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Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)

Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)

Titel: Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Reitemeier , Wolfram Tewes
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Situation ihm gerade abverlangte. Der verhinderte Freier riss die Fahrertür des Audis auf und schaute sich den regungslos daliegenden Türsteher genau an. Mikes Gesicht war eine einzige blutende, schmerzverzerrte Maske. Der Rest des Kopfes steckte in der Kapuze seines Pullovers. Aus der Kapuze quoll ebenfalls Blut.
    »Wie müssen sofort einen Notarzt holen!«, rief er, »der lebt noch.«
    Rademacher stand noch immer wie paralysiert da und zeigte keinerlei Reaktion.
    »Los, Sie Trottel! Wollen Sie dem armen Kerl nicht helfen?«, schrie der Mann ihn an.
    Doch Rademacher starrte weiterhin durch die Windschutzscheibe auf den Verletzten, der inzwischen leise stöhnte.
    Das war zu viel für den älteren Herrn. Er zerrte sein Handy aus der Jackentasche, wählte den Notruf und wollte gerade Hilfe ordern, als Rademacher aus seiner Schockstarre erwachte und ihm das Gerät entriss. Der Mann schrie empört auf und ging auf Rademacher los, um sein Gerät wiederzubekommen. Doch dieser machte ein paar Schritte zur Seite und versuchte, den Besitzer des Handys zu beruhigen.
    »Wir können hier kein Aufsehen gebrauchen«, sagte er eindringlich. »Glauben Sie denn, hier kommt nur ein Notarzt, und alles wird gut?«
    Der völlig aus der Fassung gebrachte Herr stand mit offenem Mund da und sagte nichts.
    »Natürlich wird der Notarzt auch die Polizei benachrichtigen. Vielleicht sind die Bullen eher da als der Arzt. Und was erzählen Sie denen? Wie erklären Sie, warum Sie hier sind? Und was sagen Sie Ihrer Frau, wenn die mitbekommt, dass ihr Ehemann als Zeuge vor Gericht muss, weil er im Puff war?«
    Rademacher war wieder Herr des Geschehens. Lässig warf er dem älteren Herrn das Handy wieder zu.
    »Bitte, rufen Sie an, wenn Sie wollen. Ich hindere Sie nicht daran. Aber wenn Sie klug sind, dann wuchten wir beide den Kerl jetzt auf die Beifahrerseite, und ich fahre ihn geradewegs ins Krankenhaus. Der Schlüssel steckt ja, wie man sehen kann. Das geht schnell und erspart uns das Aufsehen, wenn hier Polizei und Krankenwagen mit Tatütata ankommen, und Ihnen eine ziemlich peinliche Situation. Also, was meinen Sie?«
    Der Herr zeigte sich von Rademachers Argumenten nahezu erschlagen und nickte zustimmend. Rademacher öffnete die Beifahrerseite und versuchte, Mikes Oberkörper zu umfassen. Obwohl noch immer halb ohnmächtig, schrie dieser vor Schmerz auf. Während des Disputs waren noch zwei weitere Freier dazugekommen und schauten neugierig zu. Einer von beiden begriff schnell, dass er hier nichts zu suchen hatte, und verdrückte sich in sein Auto. Der andere fasste beherzt mit an, und schon bald hatten sie den massigen Körper des Bodybuilders auf den Beifahrersitz geschoben. Angewidert starrte Rademacher den nun leeren, aber blutbefleckten Fahrersitz an.
    »Auf was warten Sie denn noch?«, rief der ältere Herr ihm zu. »Los, fahren Sie! Oder ist Ihnen Ihre Hose wichtiger als ein Menschenleben?«
    Dem vermochte Rademacher nichts entgegenzusetzen. Kurz hatte er mit dem Gedanken gespielt, seinen eigenen Wagen zu nehmen, der ebenfalls auf dem diskreten Parkplatz hinter dem Club stand. Aber das kam gar nicht in Frage, da er sich dann seine eigenen Sitze versaut hätte. Er schob sich mit angehaltenem Atem hinter das Lenkrad und startete den Audi.
    Während er auf die Marienloher Straße abbog, machten sich auch die beiden anderen Männer schnell aus dem Staub. Ihnen war die Lust auf das, was sie ursprünglich geplant hatten, restlos vergangen.
    Mit großem Widerwillen fuhr Rademacher seinen Mitarbeiter in die Notaufnahme des St.   Johannisstiftes in der Reumontstraße. Immer wieder betrachtete er mit einer Mischung aus Entsetzen und Sensationslust die blutigen Stellen in Mikes Gesicht. Er mochte gar nicht daran denken, was ihn unter der Kapuze, aus der nach wie vor Blut hervorperlte, erwarten mochte. Langsam, ganz langsam kam Mike während der etwa zehnminütigen Fahrt wieder etwas zur Besinnung. Sein Stöhnen wurde von Minute zu Minute lauter. Am Ende hätte Rademacher ihn am liebsten aus dem Auto geworfen. Er war einfach kein Nothelfer. Ihm ging so etwas furchtbar auf die Nerven.
    An der Notaufnahme wurde Mike sofort mit einer Trage aus dem Auto geholt und war dadurch Rademachers Blicken entzogen, was diesem ganz recht war. Eigentlich hatte er gehofft, den Verletzten einfach wie ein Paket dort abgeben und schleunigst wieder verschwinden zu können. Aber daraus wurde nichts. Da Mike außerstande war, sich einigermaßen zu artikulieren, blieb

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