Totenstimmung
erwiderte Lambertz nichts.
»Wir kommen wegen der Sache im Dohrer Busch.«
Keine Reaktion.
Die Kommissare wechselten einen fragenden Blick.
»Können Sie uns bitte noch einmal schildern, was Sie im Wald erlebt haben, Herr Lambertz? Es ist sehr wichtig für unsere Ermittlungen.« Ecki war versucht, dem Feuerwehrmann die Hand auf die Schulter zu legen.
»Hab ich Ihnen doch gesagt, dass es keinen Zweck hat«, klang es unwirsch aus dem Hintergrund, »er –«
Noch bevor Frank etwas sagen konnte, hob Hans-Georg Lambertz die Hand. Sofort verstummte seine Frau.
»Schön, dass wir Sie besuchen dürfen, Herr Lambertz.« Frank sprach absichtlich etwas lauter. »Es wird richtig heiß heute, nicht? Aber, wie soll ich sagen? Als Feuerwehrmann sind Sie so hohe Temperaturen ja gewohnt.« Frank versuchte seiner Stimme einen vertraulichen Klang zu geben.
»Wir hatten den Auftrag, die Arbeit zu machen.« Lambertz sprach mehr zu sich selbst als zu den Ermittlern.
»Was genau mussten Sie tun?«, fragte Frank vorsichtig.
Lambertz starrte in seinen akkurat getrimmten Garten, als könne er an den dicken Blättern der Rhododendren seinen Text ablesen. »Karin, bring uns Kaffee.«
Während Frank darauf wartete, dass Lambertz weitersprach, hörte er das Gartentor quietschen.
Schließlich wurde Ecki die Pause zu lang. »Ein richtiges Paradies haben Sie hier.«
Hans-Georg Lambertz machte eine unbestimmte Geste.
»Was war Ihre Aufgabe?« Frank versuchte es erneut.
»Es gab nicht genug Dipel.« Lambertz musste um jede Silbe kämpfen.
»Dipel?« Frank sah Ecki fragend an.
»Gegen die Raupen.« Lambertz presste die Worte hervor.
»Das verstehe ich nicht.«
Der Feuerwehrmann atmete schwer. »Eichenprozessionsspinner. Die Raupen fressen die Blätter. Hatten wir im Dohrer Busch doch schon mal. Die Bäume sehen aus, als würden sie unter dichten Spinnweben ersticken. Jeder Ast, jedes Blatt, der ganze Baum ist mit grauem Gespinst überzogen. Grauenhaft.«
»Sollen wir eine Pause machen?«
»Nein. Aber ich habe das doch schon alles gesagt.«
»Wir können Ihnen das leider nicht ersparen.« Nun legte Ecki doch eine Hand auf Lambertz’ Schulter. »Noch das kleinste Detail kann wichtig sein.«
Aus Lambertz’ Mund kam ein kehliges: »Sie hat da gelegen. Und …« Der Feuerwehrmann brach ab.
Ecki verstärkte den Druck auf Lambertz’ Schulter. Er wollte ihm damit Mut machen.
»Sie hat am Boden gelegen. Unter dem Haufen Laub. Überall waren diese Raupen. Und ich sollte, ich wollte doch den Baum und den Boden abflämmen. Weil ja nicht genug von dem Dipel, diesem Insektizid, da war. Und das Grünflächenamt drängte. Ja, und deshalb haben wir mit Flammenwerfern gearbeitet. Damit wollten wir die Raupen töten und die Nester vernichten. Damit sie sich nicht noch weiter ausbreiten.« Hans-Georg Lambertz schlug die Hände vors Gesicht. »O Gott.«
Frank atmete tief ein und aus. Es half alles nicht. »Ich kann mir vorstellen, was in Ihnen vorgeht.«
Lambertz nahm die Hände vom Gesicht.
»Zuerst ging es zügig voran. Wir waren uns sicher, dass wir das in den Griff bekommen. Wenn die Raupen erst einmal vernichtet sind, erholen sich die Eichen wieder. Wir wollten verhindern, dass noch mehr Bäume befallen werden.« Lambertz machte erneut eine unbestimmte Handbewegung.
»Feuer ist die einzige Lösung?«
»Normalerweise wird Dipel versprüht. Sogar vom Hubschrauber aus. Aber diesmal war nicht ausreichend zu bekommen. Jedenfalls nicht so schnell. Die haben ja nur ein kleines Zeitfenster, um auf die Raupen reagieren zu können. 2003 war es besonders schlimm. So weit sollte es diesmal nicht kommen. Wir sollten nur das Karree um das Waldstück Dohrer Busch bearbeiten. Hätte das Amt nur genug Dipel besorgen können.«
»Kaffee?«
Die beiden Ermittler verneinten. Karin Lambertz zuckte mit den Schultern und füllte den Becher ihres Mannes bis zum Rand.
Hans-Georg Lambertz schien seine Frau nicht einmal zu bemerken. »Ich habe dann auf die Nester draufgehalten. Sie waren überall am Boden. Und besonders viele waren auf dem Haufen. Das Laub war kaum noch zu erkennen, so voller Raupen war der Boden.« Er schüttelte den Kopf, als könne er immer noch nicht glauben, was er erlebt hatte.
»Hans-Georg.« Karin Lambertz sah ihren Mann sorgenvoll an und stellte den Becher auf den Boden zurück.
Er winkte ab. »Die Nester und das Laub brannten sofort. Und dann habe ich ihr das Gesicht weggebrannt.«
Der unerwartet klar ausgesprochene Satz ließ
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