Totenstimmung
fragte Heinz-Jürgen Schrievers argwöhnisch.
Frank schüttelte angestrengt den Kopf. Wenn Schrievers nicht bald von der Bildfläche verschwand, konnte er für nichts mehr garantieren.
»Ich dachte schon.« Schrievers sah sich um. »Wo die Kollegen bloß bleiben? Wir fahren zum Schloss Rheydt. Oder wir walken an der Niers entlang. Schöne Strecke.«
»Du hast uns gar nichts davon gesagt, dass du abnehmen willst.« Ecki merkte zu spät, was er gesagt hatte.
Aber Schrievers nahm die Andeutung gelassen. »Ich will nicht abnehmen, ich will fitter werden. Gertrud hat schon unseren Küchenbullen angerufen.« Schrievers deutete mit einem Stock Richtung Kantine. »Sie hat ihm ein paar Tipps gegeben für die ›Fit im Job‹-Menüs. Gertrud hat gute Ideen, wenn es ums Kochen geht.« Der Archivar nickte selbstvergessen.
»Ihr seid am Schloss unterwegs?«
Der Archivar nickte.
»Ist das im Augenblick nicht zu gefährlich? Oder gibt es dort keine Eichenprozessionsspinnerraupen?«
»Du meinst diese eingepackten Bäume, die aussehen wie aus einem Horrorfilm?«
Frank nickte.
»Nee, soviel ich weiß, nicht. An der Niers gab’s ein paar davon. Aber das Problem ist längst erledigt. Warum willst du das wissen?«
Frank berichtete Schrievers gerade von den ersten Ermittlungsansätzen, da bog ein Mannschaftswagen um die Ecke, hinter dessen Fenstern Frank einige feixende Gesichter erkannte. Und er sah etwas Gelbes aufblitzen: den Pullunder von Horst Laumen, dem unerbittlichen und staubtrockenen Verwalter aller nur erdenklichen Behördenvorschriften.
»Na, dann viel Spaß. Besonders mit Kollege Laumen. Ich dachte, der fährt nur Fahrrad.«
Frank prustete los.
Schrievers verzog das Gesicht, als habe sein sportlicher Ehrgeiz sich gerade eine Zerrung eingehandelt. »Mir bleibt auch nichts erspart. Wenn ich das gewusst hätte. Seit wann ist der denn dabei?«
Ohne weiter auf seine Kollegen zu achten, machte sich Schrievers daran, in den Mannschaftstransporter zu klettern.
Frank sah auf seine Armbanduhr. »Ich fahre jetzt zur Werkstatt. Wimo muss mir helfen.«
Ecki sah Frank erstaunt an. »Jetzt noch?«
»Mir lässt das keine Ruhe. Ich will mehr über das Leben von Elvira Theissen wissen.«
Ecki seufzte. »Na gut, und ich kümmere mich um ihren Vormund. Vielleicht hat er Infos, die uns weiterbringen.«
Frank nickte. »Rechne heute nicht mehr mit mir. Von der Werkstatt aus fahre ich mit Wimo direkt zur Probe.« Ihm fiel noch etwas ein. »Und ruf Carolina an. Erzähl ihr das mit der Lauge.«
Der Bassist von STIXS machte ein erstauntes Gesicht, als Frank in der Tür stand. »Grüß dich, setz dich, willst ’nen Kaffee?«
Frank schüttelte den Kopf und nahm am Schreibtisch Platz. »Ich bin dienstlich hier.«
»Schon klar: kein Kaffee im Dienst. Polizeibeamte trinken nicht.« Der Leiter der Werkstatt für Behinderte grinste.
»Im Ernst, ich bin dienstlich hier, Wimo. Es geht um Elvira Theissen.«
»Elvira Theissen? Muss ich die kennen?« Wilfried »Wimo« Moll runzelte die Stirn.
»Sie ist behindert und hat bei dir gearbeitet.«
»Natürlich, Elvira. Jetzt weiß ich’s wieder. Sie arbeitet in der Wäscherei. Elvira ist ’ne Nette. Sie ist vor ein paar Tagen nicht zur Arbeit erschienen. Meine Leute haben ihren Betreuer angerufen. Ist ihr was passiert?«
»Elvira Theissen ist tot.« Frank schilderte seinem Freund kurz die wichtigsten Fakten.
»Mein Gott, wer tut so was?« Wilfried Moll lehnte sich in seinem Drehsessel zurück.
»Deshalb bin ich hier, Wimo.«
»Was willst du wissen?«
»Seit wann war sie bei euch? Mit wem hatte sie Kontakt? War sie mit der Arbeit zufrieden? Hat sie sich mal über jemanden beschwert? Hat es vielleicht Streit gegeben?«
»Elvira war immer gut drauf. Wenn ich sie auf dem Weg durch die Werkstatt getroffen habe, hat sie immer ihre Späßchen mit mir gemacht. Immer hat sie gelacht. Mein Gott, und jetzt ist sie tot. Ich fass es nicht.« Der Werkstattleiter sah aus dem Fenster seines Büros, das direkt am Eingang des großzügigen Werkstattgeländes lag.
»Hat es vielleicht doch irgendwann mal Probleme gegeben?«
Wilfried Moll schüttelte den Kopf. »Meines Wissens nicht. Sie hat gut in unser Team gepasst. Die Arbeit hat sie schnell gelernt, sie war ihr nicht zu viel. Und sie hat ihr auch Spaß gemacht. Soweit ich das mitbekommen habe.«
»Absolut keine Auffälligkeiten?«
»Nee. Außer dass sie aufgeregt war, als sie wusste, dass sie in eine eigene Wohnung ziehen kann. Am Anfang hat sie
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