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Traenenengel

Traenenengel

Titel: Traenenengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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den Trixi und Flora gerne gingen. Eigentlich nur
     wegen dem durchgeknalltenVerkäufer. Sie ließen sich immer alles zeigen, kauften aber nie etwas.
    »Gibt es irgendetwas Neues?«, fragte Trixi schließlich, nachdem sie den ganzen Weg bis zur Fußgängerzone schweigend nebeneinander
     hergegangen waren.
    Flora hatte die Ärmel ihres Langarmshirts über die Hände gezogen und hielt mit beiden Händen den Riemen ihrer Umhängetasche
     über der Brust fest. »Was meinst du?«
    »Weiß nicht. Vom Prozess oder so.«
    Flora verzog den Mund. »In ein paar Tagen ist die Verhandlung. Nehme an, dann wird er verurteilt. Willst du echt über so was
     reden?«
    Trixi schüttelte den Kopf. Es gab nichts mehr zu bereden. Zumindest nichts, was Hagen Gerlinger betraf. Er würde eine Haftstrafe
     absitzen. Und wenn er aus dem Gefängnis kam, waren Flora und Trixi sicher schon längst in eine größere Stadt gezogen. Vielleicht
     hatten sie ihn bis dahin sogar fast vergessen. Wobei Trixi sich das im Moment nicht vorstellen konnte.
    »Ich hab dir doch von diesem anonymen Hechler am Telefon erzählt«, wechselte Trixi das Thema.
    »Der ein paarmal bei euch angerufen und nichts gesagt hat?«
    Trixi nickte. »Es war Niklas, diese hyperaktive Flitschbirne aus Lasses Klasse.«
    »Oh Mann, so jung und schon so bescheuert.«
    Trixi blieb stehen und sah sich in der Fußgängerzone um. »Na schön. Wo fangen wir an? Schmuck?«
    Flora antwortete nicht. Sie war ebenfalls stehen geblieben und starrte auf die andere Seite der Fußgängerzone. Ihre Augenlider
     flackerten, die Haut war leichenblass. Sie schien zu schwanken.
    Trixi war mit einem Schritt bei Flora. »Was ist los? Ist dir schlecht?« Sie stützte sie am Arm. Erst dann folgte sie ihrem
     Blick zur anderen Häuserfront.
    Auf der anderen Seite befand sich ein Schaufenster, das bis auf ein neongelbes Schild mit der Aufschrift »Räumungsverkauf«
     leer war. Trixi erinnerte sich, dass dort früher einmal ein Schreibwarenladen gewesen war, der vor ein paar Wochen zugemacht
     hatte. Ihre Mutter hatte noch jede Menge preisgesenkte Ordner, Briefumschläge und Stifte gehortet.
    Neben dem leeren Schaufenster hing die Plastikfahne eines asiatischen Schnellimbisses. Ein paar Stehtische mit Wachstischdecken
     standen verlassen davor. Seitlich davon war der kleine Springbrunnen. Auf dem Springbrunnenrand saß ein Pärchen. Der Junge
     hatte halblange, dunkle Haare. Das Mädchen lange blonde. Beide waren schlank und groß. Sie sahen aus wie die Werbefiguren
     einer Partnerschaftsbörse.
    »Ich hasse sie«, presste Flora heraus. Sie biss die Zähne so stark zusammen, dass ihr ganzer Kopf zitterte.
    Andro und Ivana.
    Ivana hatte die Beine auf Andros Oberschenkel gelegt. Trixi sah, wie Andro ihr gerade einen kleinen Kopfhörer ins Ohr steckte.
     Er selbst hatte den anderen Kopfhörer im Ohr. Die Fontäne vom Springbrunnen spritzte ihre Rücken nass. Sie schienen es nicht
     zu bemerken. Über der ganzen Szene fehlte nur noch der Weichzeichner.
    »Komm, lass uns weitergehen«, sagte Trixi.
    Flora reagierte nicht. Sie schien Trixi nicht zu hören. Sie starrte zum Springbrunnen. Ihr Brustkorb hob und senkte sich deutlich.
    Trixi sah, wie Ivana sich zu Andro beugte und ihm etwas sagte. Er fuhr Ivana langsam mit der Hand über den Nacken, zog sie
     zu sich heran, blickte sie einen Moment an und küsste sie. Es war einer dieser hundertprozentigen Blicke gewesen, den drei
     Worte nicht aufwiegen konnten.
    Trixi spürte, wie Flora neben ihr zitterte. Am liebsten hätte sie Flora die Augen zugehalten, sie weitergezerrt. Sie griff
     nach ihrem Oberarm. »Flora, du musst   ...«
    Mit einer unerwartet heftigen Bewegung riss sich Flora los. »ICH MUSS ICH MUSS ICH MUSS GAR NICHTS!«, schrie sie, stürmte
     an Trixi vorbei und blindlings in die Fußgängerzone.
    Trixi blieb mit noch immer erhobener Hand wie eine Plastik in der Fußgängerzone stehen und sah ihrer Freundin nach. Sie hatte
     Flora schon oft wütend erlebt. Aber noch nie hatte sie solchen Hass inihren Augen gesehen. Diese Augen waren ihr fremd, machten ihr Angst.
    Flora lief jetzt zielstrebig auf das alte Kaufhaus zu, stieß eine Sekunde später die gläserne Eingangstür auf und verschwand
     im Laden.
    Trixi sah noch einmal kurz zu Andro und Ivana. Sie küssten sich noch immer. Die Welt um sie herum existierte nicht mehr. Samt
     Flora.
    Trixi ging auf das Kaufhaus zu, in dem Flora verschwunden war, trat durch die Eingangstür. Sofort umfing sie dieser

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