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Träume der Dunkelheit: Erzählungen (German Edition)

Träume der Dunkelheit: Erzählungen (German Edition)

Titel: Träume der Dunkelheit: Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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des Kriegers erwiderten lange ruhig den Blick des Prinzen, bevor der junge Mann zustimmend nickte und sein Schicksal annahm. In diesem Moment wurde sein Leben für alle Zeit verändert. Er würde in einem fremden Land leben ohne Hoffnung auf Liebe oder Familie. Ohne Emotionen oder Farbe, ohne Licht, um das unablässige Dunkel in ihm zu erhellen. Er würde nie eine Seelengefährtin finden, sondern sein ganzes Leben nur der Jagd auf Untote und deren Vernichtung widmen.

Kapitel eins
    In der Gegenwart
    D ie Straßen waren schmutzig und rochen nach Unrat und Verfall. Der jämmerliche Nieselregen vermochte den abstoßenden Geruch nicht zu vertreiben. Müllberge verstopften die Eingänge zu den heruntergekommenen, verfallenden Gebäuden. Aus zerfledderten Kartons und Wellblech zusammengestellte Schlupfwinkel standen in jeder Gasse und an allen möglichen anderen Orten, winzige Refugien für Menschen, die nirgendwo anders hingehen konnten. Ratten flitzten durch Mülltonnen und Rinnsteine und schlichen durch die Keller und Schächte. Im vollen Bewusstsein des brodelnden Lebens in diesen Schattenseiten der Stadt bewegte Falcon sich lautlos und wachsam durch die Dunkelheit. Hier lebte der Abschaum der Menschheit, die Obdachlosen, die Trinker und die Raubtiere, die auf die Unvorsichtigen und Hilflosen Jagd machten. Er wusste, dass er beobachtet wurde, als er die Straßen entlangging und von einem Schatten in den nächsten huschte. Die Blicke konnten ihm jedoch nichts anhaben, weil sein Körper flüssig war und mit der Nacht zu einem Teil von ihr verschmolz. Es war eine Szene, die er tausendmal an unzähligen Orten erlebt und ausgelebt hatte. Wie müde er der Berechenbarkeit der menschlichen Natur geworden war!
    Falcon befand sich auf dem Rückweg in sein Heimatland. Viel zu viele Jahrhunderte war er vollkommen allein gewesen, und in dieser Zeit hatte er sehr an Macht und Kraft gewonnen. Aber auch das Tier in ihm war stärker und mächtiger geworden; es brüllte unablässig nach Befreiung und verlangte Blut. Verlangte, dass er tötete, um wenigstens ein Mal, für einen einzigen Moment nur, etwas zu verspüren . Falcon wollte nach Hause, um die heilkräftige Erde seiner Heimat in seine Poren eindringen zu spüren; er wollte den Prinzen seines Volkes ansehen und hören, dass er sein vor so langer Zeit gegebenes Wort gehalten hatte. Und dass die Opfer, die er gebracht hatte, nicht umsonst gewesen waren, denn er hatte die Gerüchte über eine neue Hoffnung für sein Volk gehört.
    Falcon hatte sich damit abgefunden, dass es für ihn zu spät war, doch bevor sein Leben vorüber war, wollte er erfahren, dass es für andere Männer noch Hoffnung gab und dass sein Leben etwas wert gewesen war. Er wollte mit eigenen Augen die Seelengefährtin des Prinzen sehen, eine menschliche Frau, die erfolgreich in eine Karpatianerin verwandelt worden war. Falcon war einfach zu viel Bösem, zu viel Tod begegnet. Bevor er seine Existenz beendete, musste er etwas Reines, Gutes und den Grund für seine jahrhundertelangen Kämpfe sehen.
    Seine Augen glitzerten von einem seltsamen roten Feuer, das in der Dunkelheit leuchtete, als er lautlos durch die schmutzigen Straßen ging. Falcon war nicht sicher, ob er es bis in seine Heimat zurückschaffen würde, aber er war fest entschlossen, es zumindest zu versuchen. Er hatte schon viel zu lange abgewartet und war dem Wahnsinn bereits nahe. Ihm blieb nur noch wenig Zeit, weil die Düsternis seine Seele schon fast völlig eingenommen hatte. Er konnte die Gefahr bei jedem seiner Schritte spüren. Nicht die, die von den schmutzigen Straßen und dunklen Gebäuden ausging, sondern eine ganz andere, die tief aus seinem eigenen Körper kam.
    Er hörte ein Geräusch, das sich wie leise dahinschlurfende Schritte anhörte. Falcon ging weiter und betete dabei um die Rettung seiner Seele. Er brauchte Nahrung, und in solchen Momenten war er immer am verwundbarsten. Die Bestie in ihm brüllte vor Eifer und hatte ihre Krallen schon fast ausgefahren. Auch die Zähne in seinem Mund verlängerten sich bereits erwartungsvoll zu scharfen Fängen. Er achtete jetzt stets darauf, nur unter Verbrechern, Schurken und anderem menschlichen Abschaum zu jagen, weil er kein unschuldiges Blut vergießen wollte, falls er doch einmal dem Ruf der Finsternis erliegen sollte. Das Geräusch ließ ihn wieder aufhorchen, und diesmal waren es viele leise Füße und wispernde Stimmen, die sich nach einer kindlichen Verschwörung anhörten. Aus einem

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