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Traumfänger

Traumfänger

Titel: Traumfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlo Morgan
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Windstoß auf. Meine Fußspuren wurden wie mit einem riesigen Radiergummi aus dem Sand gewischt, und mit ihnen schien jede Verbindung zu meiner Existenz im Outback ausgelöscht zu sein. Der braune Falke, der immer wieder wie ein Wachposten über mir gekreist war, tauchte genau in dem Moment, als ich die Stadtgrenze erreichte, noch einmal über meinem Kopf auf.
    In der Ferne sah ich einen älteren Mann stehen. Er trug Jeans, ein Sporthemd, das er unter einen dicken Gürtel gezwängt hatte, und einen alten, aufgetragenen grünen Buschhut. Er lächelte nicht, als ich näher kam, sondern riß seine Augen ungläubig auf.

    Gestern hatte ich noch alles, was ich brauchte: Nahrung, Kleidung, Schutz, Leute, die sich um meine Gesundheit sorgten, Gefährten, Musik, Unterhaltung, Beistand, eine Familie und viel fröhliches Gelächter. Und es war alles selbstverständlich gewesen. Aber diese Welt hatte ich jetzt verloren. Heute würde ich nicht mehr weiterkommen, wenn ich nicht um Geld bettelte. Alles, was ich zum Leben.
    brauchte, mußte gekauft werden. Ich hatte keine Wahl, denn im Moment war ich nichts anderes als eine schmutzige, heruntergekommene Bettlerin. Ich war eine Pennerin ohne das geringste Hab und Gut. Nur ich allein wußte, wer sich hinter dieser äußeren Erscheinung aus Armut und Schmutz verbarg. Meine Einstellung zu den Obdachlosen dieser Welt veränderte sich in diesem Moment für immer. Ich ging auf den Australier zu und fragte: »Können Sie mir bitte etwas Kleingeld borgen? Ich komme gerade aus dem Busch und muß dringend telefonieren. Ich habe kein Geld bei mir. Wenn Sie mir Ihren Namen und Ihre Adresse nennen, werde ich es Ihnen zurückzahlen.«
    Er starrte mich einfach weiter an, und zwar so durchdringend, daß sich die Richtung der Falten auf seiner Stirn veränderte. Dann griff er in seine rechte Hosentasche und zog eine Münze heraus, während er sich mit der linken Hand die Nase zuhielt. Mir war klar, daß mein Körpergeruch wieder ziemlich penetrant sein mußte. Seit meinem seifenlosen Bad in dem Krokodilbecken waren ungefähr zwei Wochen vergangen. Der Mann schüttelte den Kopf: Nein, an einer Rückzahlung war er nicht interessiert. Dann machte er sich schnell aus dem Staub.
    Ich ging durch die Straßen und sah ein paar Schulkinder in Grüppchen zusammenstehen. Sie warteten auf den Nachmittagsbus, der sie nach Hause bringen sollte. Sie sahen aus wie typische australische Schulkinder - sauber geschrubbt und in ihren Uniformen absolut identisch gekleidet. Nur die Schuhe verrieten eine Spur von Individualität. Sie starrten auf meine nackten Füße, die jetzt mehr Hufen als Frauenfüßen glichen.
    Ich wußte, daß ich fürchterlich aussah, und hoffte nur, daß sie der Anblick meines nur dürftig bekleideten Körpers und der seit über einhundertundzwanzig Tagen ungekämmten Haare nicht allzusehr erschrekken würde. Die Haut in meinem Gesicht, auf Schultern und Armen hatte sich mittlerweile so oft geschält, daß ich mit Flecken und Sommersprossen übersät war. Außerdem war mir ja schon bestätigt worden, daß ich, um es ganz ohne Beschönigung zu sagen, fürchterlich stank!
    »Entschuldigt mich«, sagte ich. »Ich bin gerade erst aus dem Busch gekommen. Könnt ihr mir sagen, wo es hier ein Telefon gibt, und weiß vielleicht zufällig einer von euch, wo das nächste Telegrafenamt ist?« Ihre Reaktion war ermutigend. Sie fürchteten sich nicht, sondern platzten fast vor Gekicher und Gelächter.
    Mein Akzent schien die allgemeine Überzeugung der Australier nur zu bestätigen: Die Amerikaner sind einfach ein seltsames Volk. Sie sagten mir, die nächste Telefonzelle sei nur zwei Blocks entfernt.
    Ich rief in meinem Büro an und bat darum, mir telegrafisch Geld anzuweisen. Sie gaben mir die Adresse des hiesigen Telegrafenamtes. Als ich dort ankam, erkannte ich an den Gesichtern der Leute, daß man ihnen gesagt hatte, sie sollten nach jemand mit einer sehr ungewöhnlichen Erscheinung Ausschau halten. Zögernd händigte mir die Angestellte auch ohne die notwendigen Ausweispapiere das Geld aus. Als ich das Bündel Banknoten nahm, besprühte sie den Schalter und auch mich mit irgendeinem Desinfektionsmittel.
    Mit dem Geld in der Hand nahm ich ein Taxi zu einem großen Kaufhaus und kaufte mir Hosen, ein Hemd, Gummischlappen, Shampoo, eine Haarbürste, Zahnpasta, Zahnbürste und Haarklammern. Der Taxifahrer hielt an einem kleinen Markt, wo ich mir eine Plastiktüte mit frischem Obst und sechs Flaschen

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