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Traumfresser 3 - Die Alchemie des Bösen

Traumfresser 3 - Die Alchemie des Bösen

Titel: Traumfresser 3 - Die Alchemie des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Dahlquist
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ihr Zimmer und wandte den Blick demonstrativ von ihrem Bett ab, während er zum Fenster ging. Mit ausdrucksloser Miene drehte er sich beim Geräusch der zufallenden Tür um.
    »Wir haben nur wenig Zeit, Mr. Brine«, flüsterte sie. »Ich möchte, dass sie Mr. Ramper folgen, wenn er das Hotel verlässt.« Brine öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Miss Temple winkte ab. »Es geht mir nicht um Mr. Ramper. Meine Befürchtung ist, dass der Mann im braunen Mantel ihn ganz und gar nicht verloren hat, sondern ihm hierhergefolgt ist und ihm weiter folgen wird, wenn er wieder geht. Sagen Sie niemandem etwas. Nehmen Sie den Hinterausgang des Hotels – ich werde Sie auf einen Botengang schicken. Wenn Mr. Ramper unter Beobachtung steht, folgen Sie der Person im braunen Mantel, so gut es geht. Ist das klar?«
    Brine zögerte.
    »Ihr Schweigen ist eine Provokation, Mr. Brine.«
    »Ja, Miss. Aber was ist, wenn der Kerl es auf Sie abgesehen hat? Ich bin weg, und Sie sind allein.«
    »Keine Sorge.« Miss Temple tätschelte lächelnd ihre Unterarmtasche. »Ich muss mir nur vorstellen, der Mann ist eine braune Glasflasche, und ich verpasse ihm eine.«
    Sie musste sich keine Ausrede für Mr. Brine ausdenken, um ihn loszuschicken, denn als sie zurückkehrten, schickte Pfaff selbst Ramper und Brine mit dem Wunsch weg, das »Fräulein« allein sprechen zu wollen. Sobald sich die Tür schloss, griff Pfaff in eine Innentasche und nahm einen grünen Stumpen heraus. Er biss die Spitze ab und spuckte sie in seine Teetasse.
    »Sie haben doch nichts dagegen einzuwenden?«
    »Solange Sie den Fußboden nicht schmutzig machen.«
    Pfaff zündete den Stumpen an und paffte, bis die Spitze rot glühte.
    »Wir haben nicht über Kardinal Chang gesprochen.«
    »Was wir auch nicht tun werden«, erwiderte Miss Temple.
    »Wenn ich nicht weiß, was er in Ihrem Auftrag getan hat, kann ich auch nicht erfolgreich sein, wo er gescheitert ist …«
    »Er ist nicht in meinem Auftrag gescheitert.«
    »Nennen Sie es, wie Sie wollen. Der Kardinal ist tot. Ich habe nicht vor, seinem Beispiel zu folgen. Falls meine Fragen heikle Themen berühren …«
    »Sie gehen zu weit, Mr. Pfaff.«
    »Wirklich? Der Kardinal, dieser Doktor – wie viele noch? Sie sind eine gefährliche Gesellschaft, Miss, und je weniger Sie mir reinen Wein einschenken, desto nervöser werde ich.«
    »Sie haben Ihre Zeit damit verbracht, mir nachzuspüren«, sagte Miss Temple erschrocken und wusste, dass es stimmte.
    »Und ich habe genug herausgefunden, um mich zu fragen, warum eine mit Zucker reich gewordene Jungfer es mit Mördern und Ausländern aufgenommen hat und dann vierzehn Tage verschwunden ist.«
    Jungfer?
    Pfaff streifte Asche auf einer weißen Untertasse ab. »Wenn eine Frau über die Narben des Kardinals hinwegsehen kann, was geht mich das an? Im Dunkeln machen wir alle die Augen zu.«
    Miss Temples Stimme wurde zu einem eisigen Grollen. »Ich werde Ihnen sagen, was Ihre Aufgabe ist, Mr. Pfaff – und wenn ich vorhabe, zwanzig Matrosen hintereinander am St. Isobel’s Square um die Mittagszeit zu reiten, geht Sie das nicht das Geringste an! Ich habe Sie gut bezahlt. Wenn Sie vorhaben, sich mir zu widersetzen, oder wenn Sie glauben, dass mich Ihre Anzüglichkeiten oder ein drohender Skandal kümmern, dann sind Sie auf dem Holzweg.«
    Erst jetzt bemerkte Pfaff, dass Miss Temples Hand in ihrer Tasche steckte und sie die Tasche jetzt an den Bauch presste. Ganz langsam hob er die Hände und begegnete ihrem Blick. Er grinste.
    »Wie es scheint, haben Sie mir am Ende doch geantwortet. Vergeben Sie mir meine Dreistigkeit. Ich verstehe Sie jetzt ziemlich gut.«
    Miss Temple bewegte ihre Tasche nicht. »Dann gilt jetzt also Ihre Aufmerksamkeit der Glashütte?«
    »Und ich werde Sie unterrichten, wie spät es auch sein mag.«
    »Ich stehe in Ihrer Schuld, Mr. Pfaff.«
    In einem Anfall von Wagemut ließ sie die Tasche auf den Beistelltisch fallen, nahm das letzte Stück Teegebäck und biss hinein. Pfaff verabschiedete sich. Als sie die Tür ins Schloss fallen hörte, seufzte Miss Temple schwer. Sie hatte einen trockenen Mund. Sie spuckte das Gebäckstück zurück auf den Teller.
    Miss Temple blickte hinauf zur Uhr. Ihr blieb noch ein wenig Zeit. Sie fand Marie in dem kleinen Dienstmädchenzimmer, wo sie Knöpfe annähte, und erklärte ihr, was sie Mr. Pfaff mitteilen sollte für den unwahrscheinlichen Fall, dass Miss Temple nicht zurückkehrte. Als Marie bei der Vorstellung protestierte,

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