Traumhafte Tage in Sydney
ihm das Unternehmen große Büroräume im fünfzehnten Stock ihres Firmengebäudes zur Verfügung gestellt. Von da aus hatte man eine fantastische Aussicht auf das Stadtzentrum und den Hafen. Doch das war nicht der einzige Vorteil der Büroräume. Sie waren unglaublich weitläufig. Rachel hatte den gesamten Empfangsbereich für sich, zu dem ein kleines Badezimmer, eine Teeküche sowie ein riesiger halbrunder Schreibtisch gehörten, an dem mindestens drei Sekretärinnen gleichzeitig hätten arbeiten können.
Justins Büro war mindestens genauso groß. Ein Konferenzraum und ein Aufenthaltszimmer schlossen sich an. Auch eine gut ausgestattete Bar gehörte dazu und das eleganteste Badezimmer, das Rachel je gesehen hatte. Es war ganz aus schwarzem Marmor, mit vergoldeten Armaturen. Wie Justin ihr beim Vorstellungsgespräch erzählt hatte, waren die Räume von seinem Vorgänger, den man entlassen hatte, renoviert und umgestaltet worden. Der Mann hatte sich so verhalten, als würde ihm das Unternehmen gehören. Keine Kosten waren gescheut worden: flauschiger sandfarbener Teppich, modernes Mobiliar aus glänzendem Buchenholz, italienische cremefarbene Ledersofas und Originale impressionistischer Künstler an den Wänden. Dass man Justin diese luxuriösen Räume zur Verfügung gestellt hatte, zeigte, wie sehr ihn das Unternehmen schätzte.
Auch Rachel schätzte ihren Chef sehr. Seine Arbeitseinstellung und die Tatsache, dass er kein bisschen arrogant war, gefielen ihr. Sie wünschte, sie könnte weiter für ihn arbeiten, wenn sein Vertrag mit AWI auslaufen würde. Justin hatte bereits eine entsprechende Anmerkung gemacht. Er schien ebenso zufrieden mit der Zusammenarbeit zu sein wie sie.
Während Rachel mit dem Fahrstuhl in den fünfzehnten Stock hinauffuhr, warf keiner der Angestellten ihr einen Blick zu, denn keiner von ihnen kannte sie. Justin arbeitete allein. Nur dann und wann kam ein Disponent vorbei, um sich mit ihm zu beraten. Meistens nahmen sie jedoch per Telefon oder E-Mail zu ihm Kontakt auf.
Seit sie für Justin arbeitete, hatte noch kein einziges Treffen im Konferenzraum stattgefunden. Einige Male hatte er sich kurz auf einem der Sofas im Aufenthaltsraum ausgeruht, doch nie Gäste dort empfangen. Er nahm zwar an den monatlichen Treffen mit den fest angestellten Disponenten teil, ging aber nie zu den Abendessen und Feiern, die das Unternehmen veranstaltete, und hielt sich auch sonst aus internen Angelegenheiten heraus.
Mit anderen Worten, ihr Chef war ein ziemlicher Einzelgänger. Ihr war das gerade recht. Denn seit sie so viel Zeit allein zu Hause verbracht hatte, war sie ein wenig kontaktscheu. Im Büro fühlte sie sich sicher, und es gefiel ihr, dass sie bei der Arbeit nur selten mit Fremden in Berührung kam. Früher war es ihr nicht schwergefallen, mit den unterschiedlichsten Leuten Small Talk zu betreiben. Sie war sehr extrovertiert und kontaktfreudig gewesen. Doch dann hatte sie ihr Selbstbewusstsein verloren und war schüchtern geworden. Nur in Gesellschaft ihrer engsten Freunde, wie Isabel und Rafe, konnte sie entspannt und fröhlich sein.
Isabel sagte immer wieder, sie, Rachel, werde bald wieder so sein wie früher. Doch das bezweifelte sie. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre hatten sie sehr verändert. Sie war jetzt sehr introvertiert, ernst und … geradezu unscheinbar. Das war eine der größten Veränderungen: Sie hatte ihr attraktives Äußeres verloren. Und allein durch eine rote Haartönung ließ sich das nicht rückgängig machen – sie kam sich damit nur lächerlich vor.
Als die Fahrstuhltüren aufgingen, eilte sie den Flur entlang. Hoffentlich würde sie noch vor Justin im Büro sein. Er trainierte jeden Morgen im Fitnessstudio des Unternehmens. Dann und wann vergaß er, auf die Zeit zu achten, und verspätete sich. Offenbar auch heute, denn die Tür des Büros war noch abgeschlossen. Rachel seufzte erleichtert. Wenn Justin käme, würde sie betont gelassen am Computer sitzen und arbeiten.
Genau das tat sie, als er eine Viertelstunde später hereinkam. Ihr Herz klopfte heftig – aber nicht, weil sie sich zu ihm hingezogen fühlte, sondern vor Nervosität. Was würde er wohl sagen, wenn er ihr rotes Haar bemerkte?
Ihr Chef sah so attraktiv aus wie immer. Er trug einen klassischen dunkelblauen Nadelstreifenanzug, ein weißes Hemd und einen dazu passenden Schlips. Das Haar war noch ein wenig feucht vom Duschen. Unter einem Arm trug er Tageszeitungen, im anderen seine schwarze
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