Traumhafte Tage in Sydney
PROLOG
Sie ist einfach perfekt, war Justins erster Gedanke, als Rachel Witherspoon zum Vorstellungsgespräch kam. In ihrem absolut unerotischen schwarzen Kostüm sah sie sehr unscheinbar aus. Das mattbraune Haar war am Hinterkopf zu einem strengen Knoten zusammengefasst. Wie Justin erleichtert feststellte, benutzte Miss Witherspoon weder Make-up noch Parfüm. Sie war das absolute Gegenteil der blonden Sexbombe, die während des vergangenen Monats täglich zu ihm ins Büro gekommen war und so getan hatte, als wäre sie seine Sekretärin.
Nein, das war nicht fair. Sie war keinesfalls unfähig gewesen. Justin hatte sich an eine Zeitarbeitsagentur gewandt, nachdem seine frühere Assistentin sehr kurzfristig gekündigt hatte. Diese Agentur beschäftigte keine unqualifizierten Arbeitskräfte. Doch die Sexbombe, die man ihm vermittelt hatte, machte ihm schon nach wenigen Tagen klar, dass sich ihre Dienste nicht unbedingt auf die Arbeit als seine Assistentin beschränken mussten. Jedes Mittel war ihr recht, um ihm dies deutlich zu machen: verführerische Kleider, viel sagende Blicke und zweideutige Bemerkungen. Als sie am vergangenen Montag mit einem unglaublich tiefen Ausschnitt zur Arbeit erschienen war, der besser zu einem Callgirl gepasst hätte, hatte er die Geduld verloren.
Er musste sie nicht entlassen, da er sie nur als Zeitarbeitskraft engagiert hatte. Er sagte ihr lediglich, dass er ab Montag der folgenden Woche eine neue Assistentin dauerhaft eingestellt habe und sie nicht mehr zu kommen brauche. Das war natürlich gelogen. Doch in diesem Fall ging es nicht ohne Notlüge, sonst hätte er am Ende noch den Verstand verloren. Nicht, dass er die Blondine sexuell attraktiv fand. Doch bei jedem ihrer Annäherungsversuche war er an Mandy erinnert worden und daran, was sie mit ihrem Chef getan hatte – und wahrscheinlich noch immer tat. Vermutlich reiste sie nach wie vor ständig mit ihm um die ganze Welt und stellte ihm ihre Dienste als Assistentin zur Verfügung – auf jede erdenkliche Art und Weise.
Justin ballte die Hand zur Faust, als er daran dachte. Vor anderthalb Jahren hatte seine Frau ihn verlassen, um die Geliebte ihres Chefs zu werden. Anderthalb Jahre – und noch immer war der Schmerz nicht vergangen: über ihre Untreue und die verletzenden Dinge, die sie gesagt hatte. Justin hatte seit der Trennung von Mandy mit niemandem geschlafen. Allein der Gedanke, einer anderen Frau körperlich nahe zu sein, erschien ihm unerträglich.
Doch natürlich wussten das seine Freunde und Kollegen nicht. Nur seine Mutter ahnte, was in ihm vorging. Sie wusste, wie schwer ihn Mandys Verhalten verletzt hatte. Immer wieder sagte sie ihm, er würde sicher eine andere tolle Frau kennen lernen, über die er Mandy vergessen könnte.
Deshalb war er zuerst sehr misstrauisch gewesen, als seine Mutter ihn in der vergangenen Woche angerufen und ihm mitgeteilt hatte, sie habe die perfekte Assistentin für ihn gefunden. Erst nachdem sie versichert hatte, Rachel Witherspoon sei alles andere als eine Sexbombe, hatte er sich zu einem Vorstellungsgespräch bereit erklärt.
Und jetzt saß sie vor ihm. Justin fiel auf, wie dünn Miss Witherspoon war und wie erschöpft sie aussah. Doch sie hatte außergewöhnlich hübsche Augen, wie er feststellte. Nur wirkten diese sehr traurig. Laut ihrem Lebenslauf war Miss Witherspoon erst einunddreißig Jahre alt, doch sie sah eher aus, als wäre sie vierzig.
Nach allem, was sie in den vergangenen Jahren durchgemacht hatte, war das nicht erstaunlich. Justin wurde von Mitgefühl ergriffen und beschloss spontan, ihr die Stelle auf jeden Fall zu geben. Er wusste bereits, dass sie hoch qualifiziert war. Und jemand, der so intelligent war wie sie, würde sich bestimmt ganz schnell wieder einarbeiten.
“Also, Rachel”, sagte er in sachlichem Tonfall, als sie ihm gegenüber Platz genommen hatte, “meine Mutter hat mir schon viel von Ihnen erzählt. Und Ihr Lebenslauf ist wirklich beeindruckend”, fügte er hinzu. “Wie ich sehe, sind Sie beim landesweiten Wettbewerb ‘Die beste Sekretärin Australiens’ bis in die Endrunde gekommen. Ihr damaliger Chef hatte einen sehr hohen Posten beim australischen Fernsehen inne. Erzählen Sie mir doch ein bisschen mehr von Ihrer damaligen Arbeit …”
1. KAPITEL
“Ist es nicht genau wie früher?”, fragte Rachel, als sie ins Bett schlüpfte und sich die schöne Patchworkdecke bis zum Kinn hochzog. “Ja, das stimmt.” Isabel legte sich in das andere
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