Traveler - Roman
Studienfreundinnen. Sie waren alle so hübsch.«
Als Lawrence erneut umblätterte, fielen zwei Fotos heraus. Auf dem einen saß seine Mutter neben Sparrow. Das andere zeigte Sparrow allein mit zwei Schwertern.
»Und wer ist das?«, fragte Lawrence. Der Mann auf den Fotos wirkte gelassen und sehr ernst.
»Wer ist er? Bitte, sag’s mir.« Er starrte seine Tante an, und sie brach in Tränen aus.
»Das ist dein Vater. Ich bin ihm nur einmal begegnet, zusammen mit deiner Mutter, in einem Restaurant in Tokio. Er war ein sehr beeindruckender Mann.«
Tante Mayumi wusste nur wenig über den Mann auf den Fotos. Lawrence’ Vater hatte sich Sparrow genannt, aber gelegentlich auch den Nachnamen Furukawa benutzt. Er war in irgendwelche gefährlichen Machenschaften verwickelt gewesen. Womöglich hatte er für einen Geheimdienst spioniert. Jedenfalls war er noch vor Lawrence’ Geburt zusammen mit etlichen Yakuza bei einer Schießerei im Tokioter Osaka-Hotel umgekommen.
Nach der Abreise seiner Tante verbrachte Lawrence unzählige Stunden im Internet, um nach Informationen über seinen Vater zu suchen. Die Schießerei im Osaka-Hotel war schnell gefunden. Alle japanischen und auch etliche ausländische Zeitungen hatten über das Blutbad berichtet. Achtzehn Yakuza waren dabei gestorben. Auf einer Namenliste der Toten tauchte auch ein gewisser Hiroshi Furukawa auf. Eine japanische Zeitung hatte ein Foto von Lawrence’ Vater abgedruckt, das in der Leichenhalle aufgenommen wurde. Lawrence fand es sonderbar, dass er in keiner der Zeitungen eine einleuchtende Erklärung für den Vorfall fand. Es war immer nur von einem »Machtkampf unter Gangstern« oder einem »Streit um schmutziges Geld« die Rede. Zwei Yakuza hatten verletzt überlebt, verweigerten aber strikt jede Aussage.
An der Duke University hatte Lawrence gelernt, Computerprogramme zu schreiben, die eine große Menge statistischer Daten verarbeiten konnten. Nach dem Examen betreute er eine von der US-Armee betriebene Spiele-Website, deren Zweck es war, das Verhalten der Teenager zu analysieren, die online Mannschaften bildeten und Straßenkämpfe in einer zerbombten Stadt ausfochten. Lawrence arbeitete an der Entwicklung eines Programms mit, das von jedem Mitspieler ein psychologisches Profil erstellte. Diese computergenerierten
Profile waren für die Bewerbungsgespräche bei der Rekrutierung neuer Soldaten sehr wertvoll. Sie gaben Auskunft, wer ein guter Feldwebel oder Funker sein und wer sich freiwillig für gefährliche Einsätze melden würde.
Der Job bei der Armee führte zu einem Job im Weißen Haus und zu der Bekanntschaft mit Kennard Nash. Der General fand, dass Lawrence Organisationstalent besaß und er seine Fähigkeiten nicht mit dem Schreiben von Computerprogrammen verschwenden sollte. Nash hatte gute Kontakte zur CIA und zum Nationalen Sicherheitsrat. Lawrence war sich sicher, dass er als Nashs Mitarbeiter leichter an Geheiminformationen über seinen Vater herankommen würde. Er hatte sich das Foto mit den beiden Schwertern genau angesehen. Sparrows Haut war nicht mit den für Yakuza typischen Tätowierungen bedeckt gewesen.
Eines Tages ließ General Nash Lawrence in sein Büro kommen und hielt ihm einen Vortrag, der von dem handelte, was die Bruderschaft als »das Wissen« bezeichnete. Er bekam allerdings nur die simpelste Version zu hören: Es gab eine Gruppe von Terroristen, die Harlequins hießen und die für die Traveler kämpften, bei denen es sich um gefährliche Häretiker handelte. Zum Wohl der menschlichen Gesellschaft war es notwendig, die Harlequins zu vernichten und die selbst ernannten Visionäre in Gewahrsam zu nehmen. Lawrence kehrte mit seinem ersten Zugangscode für das Computersystem der Bruderschaft an seinen Arbeitsplatz zurück, tippte den Namen seines Vaters in die Suchmaske einer Datenbank ein und erhielt endlich, wonach er gesucht hatte. NAME: Sparrow . DECKNAME: Hiroshi Furukawa . BESCHREIBUNG: Japanischer Harlequin . RESSOURCEN: Kategorie 2 . EFFEKTIVITÄT: Kategorie 1 GEGENWÄRTIGER STATUS: Beseitigt – Osaka-Hotel, Tokio, 1975.
Nachdem Lawrence zusätzliche Teile des Wissens erfahren und zusätzliche Zugangscodes erhalten hatte, fand er heraus, dass die meisten Harlequins von Söldnern der Bruderschaft
getötet worden waren. Er arbeitete nun also für die Organisation, die seinen Vater auf dem Gewissen hatte. Er war vom Bösen umgeben, aber genau wie ein Nō-Schauspieler achtete er darauf, seine Maske stets
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