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Traveler - Roman

Traveler - Roman

Titel: Traveler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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mitzuteilen, dass sie eine Farm kaufen würden. Wir hielten in kleinen Städten an, lasen die Zeitung und besichtigten Farmen, auf deren Rasenflächen ›Zu verkaufen‹-Schilder standen. Mir waren sie alle recht, doch Vater kam jedes Mal kopfschüttelnd zum Wagen zurück und sagte zu Mutter, die ›Bedingungen‹ stimmten nicht. Nachdem es einige Wochen so gegangen war, glaubte ich tatsächlich, ›die Bedingungen‹ seien ein Haufen alter, gemeiner Weiber, die einem alles abschlugen.

    Wir fuhren bis nach Minnesota, und dort bogen wir in Richtung Westen nach South Dakota ab. In Sioux Falls erfuhr mein Vater von einer Farm, die in einem Ort namens Unityville zum Verkauf stünde. Es war eine hübsche Gegend mit sanft abfallenden Hügeln, Seen und Luzernefeldern. Die Farm lag eine halbe Meile von der Straße hinter einem Fichtenwäldchen versteckt. Es gab eine große, rote Scheune, ein paar Geräteschuppen und ein zweistöckiges, windschiefes Wohnhaus.
    Nach langer Feilscherei kaufte Vater den Besitz einem Mann ab, der bar bezahlt werden wollte. Zwei Wochen später zogen wir ein. Alles schien normal, bis am Monatsende der Strom ausfiel. Zuerst dachten Michael und ich, irgendwas sei kaputt, aber dann riefen unsere Eltern uns in die Küche. Sie erklärten uns, dass Stromleitung und Telefon eine Verbindung zum Rest der Welt bedeutet hätten.«
    »Euer Vater wusste, dass sie hinter euch her waren«, sagte Maya. »Er wollte außerhalb des Systems leben.«
    »Das hat er nie erwähnt. Er sagte nur, dass wir von nun an ›Miller‹ heißen würden und dass sich jeder von uns einen neuen Vornamen aussuchen dürfe. Michael wollte sich ›Robin, der Wunderknabe‹ nennen, aber meinem Vater gefiel die Idee nicht. Nach langem Hin und Her entschied Michael sich für David, und ich suchte mir Jim aus, nach Jim Hawkins in der Schatzinsel .
    Am selben Abend holte mein Vater alle Waffen raus und zeigte uns, wo jede einzelne aufbewahrt wurde. Das Jadeschwert befand sich im Schlafzimmer meiner Eltern. Wir durften es ohne Erlaubnis nicht berühren.«
    Beim Gedanken an das wertvolle Schwert, versteckt in einem Schlafzimmerschrank, musste Maya lächeln. Sie fragte sich, ob es irgendwo in einer Ecke neben ausgetretenen Schuhen gelehnt hatte.
    »Hinter dem Sofa in der Diele lag eine Maschinenpistole,
die Schrotflinte wurde in der Küche aufbewahrt. Vater trug bei der Arbeit seine Achtunddreißiger in einem Schulterhalfter unter der Jacke. Als wir aufwuchsen, kam Michael und mir das normal vor. Die Waffen waren nur eine der vielen Tatsachen, die wir hinnahmen. Sie sagen, mein Vater sei ein Traveler gewesen? Nun, ich habe ihn nie davontreiben oder verschwinden sehen oder so etwas.«
    »Der Körper bleibt in dieser Welt«, erklärte Maya. »Es ist das innere Licht, das die Grenzen überwindet.«
    »Zweimal im Jahr bestieg Vater den Pick-up und fuhr für ein paar Wochen weg. Er erzählte uns immer, er gehe zum Angeln, aber er brachte nie einen Fisch mit. Wenn er zu Hause war, tischlerte er Möbel oder zupfte im Garten das Unkraut. Normalerweise hörte er um vier Uhr nachmittags mit der Arbeit auf. Dann ging er mit Michael und mir in die Scheune, um uns in Judo, Karate und Kendo mit Bambusschwertern zu unterrichten. Michael hasste das Training. Er hielt es für Zeitverschwendung.«
    »Hat er es Ihrem Vater jemals gesagt?«
    »Wir hätten uns nie getraut, ihn herauszufordern. Manchmal sah unser Vater uns nur an und wusste genau, was wir dachten. Michael und ich waren überzeugt, dass er unsere Gedanken lesen konnte.«
    »Was haben eure Nachbarn von ihm gehalten?«
    »Wir kannten nicht viele Leute. Auf einer Farm etwas oberhalb von uns lebten die Stevensons, aber die waren nicht besonders nett. Auf der anderen Seite des Flusses wohnte ein älteres Ehepaar, Don und Irene Tedford. Eines Nachmittags kamen sie zu Besuch und brachten zwei Apfelkuchen mit. Sie stellten überrascht fest, dass wir ohne elektrischen Strom lebten, aber es schien sie nicht weiter zu stören. Ich erinnere mich, dass Don sagte, Fernsehen sei reine Zeitverschwendung.
    Michael und ich fingen an, jeden Nachmittag zu den Tedfords rüberzugehen, um dort selbst gebackene Krapfen zu essen.
Mein Vater blieb immer zu Hause, aber manchmal ging meine Mutter mit einer Ladung schmutziger Wäsche los, um sie in der Waschmaschine der Tedfords zu waschen. Die Tedfords hatten einen Sohn namens Jerry, der im Krieg gefallen war. Überall im Haus hingen Fotos von ihm. Sie sprachen von ihm, als

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