Treibgut
einem sarkastischen Lächeln.
»Hätte es sonst geklappt?«
»Und dann«, drängte Henning. »Ich meine, nachdem Sie ihm das Kind abgenommen haben? Wie ging es weiter?«
»Dann ist etwas völlig Unerwartetes geschehen. Etwas, womit keiner gerechnet hat. Dass sich im Nachhinein aber sogar als Glücksfall für uns erweisen sollte.«
»Ich nehme an, Sie sprechen von Dankos überhasteter Flucht nach Thailand und dem dort wütenden Tsunami?«
Ein Nicken bestätigte seine Vermutung. »Für Danko die perfekte Gelegenheit, um seinen Tod vorzutäuschen. Wahrscheinlich hätte er sogar mich damit hinters Licht führen können. Wenn …«
»Wenn was?«
»Wenn da nicht die Sache mit den Ausweispapieren gewesen wäre.« Suzette seufzte. »Um unerkannt ausreisen zu können, brauchte Danko einen gefälschten Pass.«
»Den Sie ihm beschafft haben?« In Hennings Stimme schwang Unglauben.
»Wo denken Sie hin.« Sie wedelte mit der Hand, als wollte sie ein lästiges Insekt verscheuchen. »Dafür ist Marks zuständig gewesen.«
»Marks?«, vergewisserte sich Henning.
»Er hatte die nötigen Beziehungen«, erklärte Suzette. »Und er schuldete Danko einen Gefallen.«
»Und als Danko sich dann aus Thailand bei Ihnen meldete …«
»…musste ich sie ihm nur noch zukommen lassen.«
Wie aus ihren weiteren Worten hervorging, hatte ihr Plan von Anfang an vorgesehen, sich mit dem auf Tom Hartmann und dessen Tochter Joel ausgestellten Dokumenten in die Staaten abzusetzen.
»Bliebe nur noch zu klären, weshalb es ausgerechnet Nevada sein musste?«, konnte sich Henning, der an Dankos Spielleidenschaft denken musste, nicht zu fragen verkneifen.
»Weil dort außerordentlich unkomplizierte Eheschließungs- und Scheidungsgesetze gelten«, lautete die ihn verblüffende Antwort. »Wie Sie sehen, habe ich an alles gedacht.«
»Nur nicht daran, dass Ihnen jemand auf die Schliche kommen könnte«, berichtigte Henning und brachte sie damit endgültig auf den Boden der Tatsachen zurück.
Suzette versuchte, ein Schluchzen zu unterdrücken. Doch die Anspannung, unter der sie stand, war einfach zu groß. Am ganzen Körper zitternd, schlug sie die Hände vors Gesicht und ließ ihren Gefühlen freien Lauf.
Henning war erschüttert über die Kaltblütigkeit, mit der sie ihren Plan ausgeführt hatte. Wenn alles gut gegangen wäre, hätte man ihr nicht das Geringste nachweisen können. Schließlich hatte sie stets darauf geachtet, sich keines Vergehens schuldig zu machen. Zumindest was die rechtliche Seite betraf, war alles ganz legal abgelaufen.
Sowohl ihre Ehe als auch die Scheidung. So wie die Dinge standen, konnte man sie noch nicht einmal wegen des ihr von Danko übertragenen Sorgerechts belangen.
Henning schauderte, als er an das zu erwartenden Strafmaß dachte. Alles, was sie gegen Suzette Steinhagen in der Hand hatten, war der Vorwurf der Anstiftung. Henning wusste, dass es dafür zwischen fünf und fünfzehn Jahren gab. Für den Fall, dass die Verteidigung auf Nötigung plädieren sollte, standen darauf sogar nur bis zu höchstens fünf Jahre.
Am Ende würde Suzette mit einer Bewährungsstrafe davonkommen. Sie hatte ihre Mitschuld zwar eingeräumt, doch war fraglich, inwieweit ihre auf Tonband aufgenommene Aussage vor Gericht anerkannt werden würde.
40
Während sie in den Staaten weilten, war Rufus Kirchners Leiche geborgen worden. Ein Angler hatte sie entdeckt. Sie war von der Strömung abgetrieben worden und hatte sich in einem nur schwer zugänglichen Schilfgürtel verfangen. Viel mehr als ein paar Knochen und der Schädel waren von ihr nicht übrig geblieben. Die von Polizeitauchern geborgenen Überreste wurden in die Rechtsmedizin überstellt und obduziert. Der Zahnstatus belegte, dass es sich bei dem Toten um Rufus Kirchner handelte. Die daraufhin von Bruno in Auftrag gegebene DNA-Analyse ergab, dass Rufus der Vater von Astrids Tochter war. Um das nachweisen zu können, war eine DNA-Probe aus den Knochen von Rufus Kirchner entnommen worden, die mit der von Bruno zur Verfügung gestellten DNA-Probe von Astrid Schulz und deren Tochter verglichen wurde. Weil sich Bruno diese Probe jedoch auf mehr oder weniger illegale Weise beschafft hatte, beschloss man, Stillschweigen darüber zu bewahren und auch Elena nichts davon zu sagen.
Es hätte niemandem genützt, ihr die Illusion über den Vater ihres Kindes zu nehmen. Ihr aber hätte es schaden können. Sollte sie Rufus so in Erinnerung behalten, wie es mit ihrem
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