Trinity (German Edition)
hinaufklettern, mussten sich vor den Sicherheitskräften verstecken. Sie mussten sich beeilen, mussten aus dem Sturm heraus.
Aber sie schaffte es nicht einmal, die Augen zu öffnen. Und sie hatte das Gefühl, als würde ihr die Sonne warm auf die Haut scheinen.
Als Elizabeth wieder in Bewusstlosigkeit sank, hätte sie immer noch nicht sagen können, was eigentlich vorgefallen war …
Elizabeth wachte ruckartig auf. Versuch es noch einmal. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung, wie viel Zeit verstrichen war.
Sie zwang sich, die Augen aufzuschlagen, und sah, dass sie auf einem Hügel lag, dass ihre Füße den Hügel hinaufzeigten. Sie fragte sich, ob Jeff sie vielleicht von der Versuchsstätte weggeschleppt hatte, sie in ein Versteck gebracht hatte. Ihr einer Arm lag völlig gefühllos unter ihrem Kopf, taub von dem eisigen Prickeln ihres beeinträchtigten Kreislaufs. Sie versuchte, sich zu bewegen, aber ihre Muskeln waren so müde, dass das wehtat.
Ein feuchter Geruch ging vom Boden aus. Der Sturm war vorbeigezogen, aber der Himmel war immer noch von Wolken bedeckt. Was auch immer hier vorgefallen war, hatte sie beide umgeworfen und dabei bewusstlos geschlagen. Sie konnte Jeff neben sich nicht hören.
Plötzlich wurde ihr bewusst, was das zu bedeuten hatte. Die Wissenschaftler von Los Alamos würden mit den Wachen zurückkehren. Sie würden ihre Versuchsanlage zerstört vorfinden. Die Sicherheitsleute hätten bereits hier sein müssen.
»Jeff –« Sie musste husten, weil sie soviel Staub geschluckt hatte. Wo war er? Sie versuchte, den Kopf herumzudrehen, aber etwas wie schwarze Fusseln behinderte ihre Sicht. Als sie den linken Arm hob, stieß sie vor Schmerz einen Schrei aus. Sie bewegte ihr Handgelenk – gebrochen war der Arm anscheinend nicht. Sie stützte sich auf den anderen Ellbogen. Irgendwie schaffte sie es noch nicht, ihre Augen scharf zu stellen.
»Jeff!« Elizabeth holte tief Luft, und plötzlich bekam ihre Umgebung klarere Konturen. Was sie sah, ließ ihr Herz einen Schlag aussetzen.
Jeff lag vielleicht zehn Meter von ihr entfernt zusammengekrümmt auf dem Boden. Er bewegte sich nicht.
Elizabeth richtete sich mühsam auf Händen und Knien auf. Es dauerte eine Sekunde, bis das Schwindelgefühl vorbei war, aber sie konzentrierte sich ganz auf Jeff und kroch auf allen Vieren zu ihm hinüber. »Jeff?« Sie kroch langsamer und verharrte dann etwa einen Meter von ihm entfernt, spürte es bitter in ihrer Kehle aufsteigen.
Seine Beine waren unterhalb der Knie – einfach verschwunden; aber aus der Wunde floss kein Blut. Seine Beine sahen so aus, als wären sie zusammengeschmolzen worden. Er lag am Rand eines flachen Kraters, der vielleicht drei Meter durchmaß, als hätte es ihn am Rand einer Explosion erwischt, zu nahe, als dass ihn ihre ganze Wucht hätte erfassen können, die sie bewusstlos geschlagen hatte. Seine rotgeränderte Brille lag unversehrt neben ihm im Krater.
»Oh Gott, Jeff.« Elizabeth achtete nicht auf ihren Schmerz und kniete neben ihm nieder. Sie kämpfte gegen eine neue Bewusstlosigkeit an. Tränen brannten in ihren Augen, und sein Anblick ließ sie am ganzen Körper zittern. Sie streckte die Hand aus, strich über seine Brust und kniete schließlich nieder und legte ein Ohr an seinen Mund. Nichts. Als sie nach der Arterie an seinem Hals tastete, brachte das gleiche Ergebnis. Und er fühlte sich kalt an.
Sie versuchte es noch einmal und hieb dann mit beiden Fäusten auf seine Brust, aber das war eher ein Akt der Verzweiflung und des Zorns als ein Versuch, ihn wiederzubeleben.
Elizabeths Finger gruben sich in Jeffs lockiges Haar, ihr Gesicht war ganz dicht bei dem seinen. Die Tränen kamen ihr, und dann drängte ein ganzer Strom von Erinnerungen an die Oberfläche und lähmte sie. Die kleine Wohnung dicht beim Campus von Berkeley, in der sie mit ihm gewohnt hatte. Die ewigen Auseinandersetzungen über politische Themen. Die Arbeit an ihrem Betriebswirtschaftsdiplom, während er Geschichte oder Dichtung studierte, oder was auch immer sonst ihn in jenem Semester gerade interessierte. Sie spielten beide auf der Türschwelle Gitarre und sahen dabei den Radfahrern und den Joggern nach.
Nach ihrer Trennung hatte sie ihn ein paar Jahre nicht zu sehen bekommen, erst wieder, als sie ihn angerufen und ihn aufgefordert hatte, nach Santa Fe zu kommen. Ihn gebeten hatte, ihr hier zu helfen, und vielleicht ihre Beziehung wieder neu zu beginnen. Und jetzt hatte die Waffenforschung ein neues
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