Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention
Staub in die Atmosphäre schleudern: Es folgt ein «nuklearer Winter» mit starker Abkühlung des globalen Klimas und, durch die Verdunkelung der Atmosphäre, einer teilweisen Blockade der Photosynthese, je nach Grad der Katastrophe für mehrere Monate oder Jahre. Freigesetzte Kohlenstoff- und Schwefelgase lösen einen Treibhauseffekt aus, die Folge sind saurer Regen und das Umkippen der Gewässer. Ein Meteoriteneinschlag kann somit ein Aussterben zahlloser Arten bewirken. Der Tsunami ist hier nur ein Glied in einer langen Kette.
Statistischen Berechnungen zufolge müssten seit dem Karbon-Zeitalter mindestens 210 Meteoriten in die Ozeane eingeschlagen sein, das bedeutet, ungefähr alle Million Jahre ein großer Einschlag. Der bekannteste ist der Chicxulub-Meteorit: Anhand von Sedimentschichten in den südlichen USA wurde nachgewiesen, dass vor rund 65 Millionen Jahren ein Meteorit von etwa 10 bis 15 Kilometern Durchmesser in den Golf vonMexiko einschlug und hier den Chicxulub-Krater schuf. Man geht davon aus, dass dieser Einschlag entscheidend zum Aussterben der Dinosaurier beigetragen hat. Insgesamt sollen fast 67 Prozent aller lebenden Arten durch die Verkettung von Katastrophen, die dem Meteoriteneinschlag folgten, ausgestorben sein.
Ablagerungen mit Schichten von bis zu 9 Metern Dicke, große Findlinge wie auch spezifische Ausformungen im steinernen Schelf lassen erkennen, dass der Tsunami, den der Aufprall des Chicxulub-Meteoriten ausgelöst haben muss, große Teile der angrenzenden Küstenregionen überflutete. Nach Modellierungen hat er Teile der heutigen Südstaaten der USA mit einer Auflaufhöhe von rund 100 Metern überrollt. Er riss Bäume mit sich, die durch die Hitzewelle des Einschlags in Brand geraten waren, und lagerte sie, zusammen mit losem Gestein und Sedimenten, Hunderte von Kilometern weiter im flachen Binnenland ab. Die Rinnen, die der gewaltige Rückstrom auswusch, lassen sich heute noch in der Schelfregion des Golfs nachweisen. Nach dem Einschlag müssen tagelang reflektierende Wellen über den Golf hin- und hergeschwappt sein, die in chaotischer Weise ganze Landmassen versetzten.
Ablagerungen von Sedimenten und Fossilien lassen darauf schließen, dass auch der Eltanin-Meteorit vor rund 2,15 Millionen Jahren bei seinem Einschlag in den südöstlichen Pazifik hohe Tsunamiwellen auslöste, die die zirkumpazifischen Küsten erreichten; hypothetische Berechnungen schwanken zwischen 10 und 30 Metern Auflaufhöhe noch an weit entfernten Küsten. Nachweise für den Meteoriten, der vermutlich einen Durchmesser von 4 Kilometern hatte, finden sich heute im Eis: Der Wasserschwall beim Einschlag transportierte marine Mikrofossilien über Tausende von Kilometern bis in die Antarktis.
Die Meinungen und Modellrechnungen, wie hoch Tsunamis sein können, die von Meteoriten ausgelöst werden, und wie oft ein solches Ereignis zu erwarten sei, gehen weit auseinander. Aufgrund der vorliegenden Daten setzt man die Wahrscheinlichkeit, dass innerhalb der nächsten Million Jahre ein Meteorit in einen Ozean einschlagen wird, der einen Tsunami von durchschnittlich 2 Metern Auflaufhöhe an den umliegenden Küstenauslöst, bei 0,26 Prozent an. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Tsunami höher als 20 Meter sein könnte, beträgt nach dieser Modellierung 0,029 Prozent. Demnach bleiben die spektakulären Riesentsunamis, die nach einem Meteoriteneinschlag die dichtbesiedelten Urlaubsstrände der USA überrollen, ein großartiges, aber unrealistisches Kinospektakel.
Historisch arbeitende Geologen haben in den letzten Jahrzehnten begonnen, die Legenden und Mythen verschiedener Kulturen auf Übereinstimmungen mit den geologischen Befunden vor Ort abzugleichen. In manchen Fällen hat dies zur sicheren Identifizierung realer Katastrophen geführt – etwa zur Entdeckung des «Mutter-Erdbebens» vor der amerikanischen Nordwestküste, das dem japanischen «Waisen-Tsunami», d.h. einem Tsunami ohne vorher wahrnehmbares Erdbeben, entlang der Ostküste der Hauptinsel Honshū im Jahr 1700 zugeordnet werden konnte. Neben geologischen Spuren dienten hier die Legenden der Makah-Indianer in Cascadia als Indiz. Auch im Hinblick auf Meteoriteneinschläge sind zahlreiche Legenden und Mythen untersucht worden. Zu ihnen passt in manchen Regionen die Häufung bestimmter Ortsnamen, wie etwa bei den Maori auf der Südinsel Neuseelands, deren Ortsnamen in auffälliger Häufung die Worte
ka
(«Feuer») oder
tai
(«Welle»)
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