TTB 115: Diplomat der Galaxis
du etwas von einem Hund, so nenne ihn ›Herr‹. Bringt uns zu eurem Hauptquartier.«
Der Bärtige spannte den Hahn seines Gewehrs. »Ich könnte euch die Köpfe durchlöchern ...«
»Die Henne hat Federn, doch sie fliegt nicht«, sagte Retief. »Wir haben um eine Eskorte gebeten. Ein Sklave muß mit dem Stock geschlagen werden. Für einen freien Mann genügt ein Hinweis.«
»Du machst dich über mich lustig, Hellhäutiger. Ich warne dich ...«
»Nur Liebe bringt Tränen in meine Augen. Haß erregt meinen Spott.«
»Los, steigt aus dem Auto aus.«
Retief zog an seiner Zigarre und betrachtete den Aga Kagan vergnügt. Der Jüngling näherte sich mit entblößten Zähnen.
»Höre nie auf das, was der Narr verlangt, damit er sich nicht brüste: ›Er fürchtet mich‹.«
»Wenn Sie meine Männer so beleidigen, kann ich sie nicht zurückhalten«, tobte der Anführer. »Diese Hennen haben Federn – und Krallen dazu.«
»Wollte Gott eine Ameise vernichten, so gäbe er ihr Flügel.«
Das Gesicht des Bärtigen wurde purpurrot.
Retief streifte die Asche seiner Zigarre ab.
»Und jetzt müssen wir weiter«, sagte er hart. »Ich habe mich sehr über euer Geplauder gefreut, aber wir haben noch ein paar geschäftliche Dinge zu regeln.«
Der Anführer lachte kurz auf. »Bittet der Verurteilte um die Axt? So sei euch Audienz beim Aga Kaga gewährt. Los – und versucht nicht zu fliehen.«
Die Reiter stellten sich auf einen Wink des Anführers neben dem Auto auf. Georges drückte auf den Anlasser und folgte dem Bärtigen. Retief ließ sich mit einem Seufzer in die Kissen fallen. »Das war knapp. Mir gingen schon die Sprüche aus.«
»Ihren Worten nach zu schließen, haben Sie eine Menge vor. Aber der Gesichtsausdruck des Bärtigen ist mir nicht recht geheuer. Was sagte er?«
»Ach, nur der übliche Austausch von Bluffs«, lachte Retief. »Merken Sie sich eines: Ihre Schmeicheleien müssen wie Beleidigungen wirken und Ihre Beleidigungen wie Schmeicheleien.«
*
Das Luftauto folgte der Eskorte einen langen Abhang bis zu einem trockenen Flußbett, dann über einen dürren Sandstreifen in eine grüne Oase.
Die Eskorte hielt vor einem riesigen schwarzen Zelt an. Bewaffnete Männer lungerten unter der Standarte, die einen sprungbereiten scharlachroten Löwen zeigte.
»Aussteigen«, befahl der Bärtige. Die Wachen beobachteten die Besucher. Auf ihren gezogenen Säbeln spiegelte sich die Sonne. Retief und Georges folgten dem Anführer über kostbare, auf dem Gras ausgebreitete Teppiche in das schattige Innere des Zeltes. Schwerer Weihrauch hing in der Luft, und Zupfinstrumente, von dunklen Sklavinnen gespielt, erfüllten den Raum mit fremdartigen Melodien. Am anderen Ende des Raumes saß ein prächtig gekleideter, glattrasierter Mann inmitten einer Schar von Sklavinnen. Er steckte eine Weintraube in den Mund und wischte die Finger nachlässig an einem Seidentuch ab, das ihm ein Mädchen hinreichte. Dann rülpste er zufrieden und faßte die Besucher ins Auge.
Der Anführer räusperte sich. »In den Staub mit euch vor seiner Majestät, dem erhabenen Aga Kaga, Herrscher des Ostens und Westens ...«
»Tut mir leid«, sagte Retief fest. »Mein Heuschnupfen ...«
Der Riese sank in die Kissen zurück und winkte gelangweilt.
»Lassen wir die Formalitäten. Tretet näher.«
Retief und Georges kamen auf dicken Teppichen näher. Ein kalter Luftzug blies ihnen entgegen. Der Herrscher nieste, putzte sich die Nase mit einem Seidentuch und hob die Hand.
»Die Nacht und die Pferde und die Wüste kennen mich«, sagte er mit tiefer, wohlklingender Stimme. »Auch das Schwert und meine Gäste und Papier und Feder ...« Er machte eine Pause und nieste wieder.
»Schaltet diesen verdammten Ventilator aus«, brüllte er. Er winkte den Bärtigen zu sich. Die beiden unterhielten sich leise. Dann zog sich der Anführer in den Hintergrund zurück.
»Exzellenz«, sagte Retief. »Ich habe die Ehre, Ihnen Monsieur Georges Duror, Regierungschef der planetarischen Regierung vorzustellen.«
»Planetarische Regierung?« Der Aga Kaga spuckte die Traubenkerne auf den Boden. »Meine Männer haben ein paar armselige Siedler an der Küste entdeckt. Wenn sie in Not sind, lasse ich gern Ziegenfleisch verteilen.«
»Es ist die Strafe des Neidischen, sich über den Überfluß des Nachbarn zu grämen. Wir brauchen kein Ziegenfleisch.«
»Ralph sagte mir schon, daß Sie wie das Buch Mustaphas selbst reden. Ich selbst kenne aber auch ein paar
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