TTB 115: Diplomat der Galaxis
und nahm ein Messer von dem niedrigen Tischchen. Er hielt es an Aga Kagas Adamsapfel.
»Ich kenne keine einzige historische Persönlichkeit, die mit durchschnittener Kehle weiterregieren könnte. Kein Mucks also, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist!«
»Stanley wird nicht schreien, Georges«, meinte Retief beruhigend. »Schließlich muß er vor seinen Leuten das Gesicht wahren.« Retief setzte sich auf eine verschwenderisch ausgestattete Liege. »Habe ich recht, Stanley?«
Der Aga Kaga schnaubte nur.
Retief wählte sich eine große Traube und aß sie nachdenklich. »Nicht schlecht, Georges. Sie sollten ein paar Aga Kagans hierbehalten, damit Ihre Weinberge einmal die richtige Pflege erhalten.«
Der Aga Kaga rollte die Augen.
»Also, fangen wir mit den Verhandlungen an«, meinte Retief. »Nichts ist gemütlicher als eine Verhandlung unter Realisten. Da ist zuerst die Tatsache, daß Ihre Leute keine Visa haben.« Er machte seine Brieftasche auf und zog ein Pergament hervor. »Hier ist das Dokument, es braucht nur noch unterschrieben zu werden. Es sorgt für den Abtransport dieser Personen auf Kosten der Aga Kagans.«
Der Aga Kaga murmelte wütend vor sich hin.
»Laß ihm mehr Luft, Georges«, meinte Retief. »Er möchte etwas sagen.«
»Gut«, fauchte der Aga Kaga, »aber wenn ich euch in meine Hände bekomme ...«
»Zweitens: Gewisse Felder und Fischgründe haben durch die Anwesenheit der Fremden Schaden erlitten. Schadenersatzansprüche sollen an obengenannte Aga Kagans gerichtet werden.«
Georges kitzelte den Herrscher ein wenig mit dem Messer. »Einverstanden«, stöhnte er. »Eine niederträchtige Taktik. Ihr betretet mein Zelt unter dem Vorwand diplomatischer Verhandlungen ...«
»Ich hatte eher den Eindruck, man trieb uns mit vorgehaltenem Lauf herein«, widersprach Retief. »Es geht weiter. Wiedergutmachung für besondere Straßen, Zäune, Kanalisationsanlagen et cetera. Soll ich alles vorlesen?«
»Warten Sie nur, bis das an die Öffentlichkeit kommt ...«
»Man würde es nicht glauben. Die Geschichte beweist, daß so etwas unmöglich ist. Und bei reiflicher Überlegung werden Sie auch zu dem Schluß kommen, daß Ihr eigenes Volk nicht davon erfahren darf.«
»Wie steht es mit einer Strafe wegen Verunreinigung der Luft durch den Gestank von Ziegen, die Verwendung von Edelhölzern für Lagerfeuer und ...« Georges sah Retief fragend an.
»Das findet sich unter der Rubrik ›Verschiedenes‹«, erklärte Retief.
»Banditen!« keuchte Aga Kaga. »Diebe! Imperialistenhunde!«
»Ich weiß, es nimmt einem jede Illusion«, meinte Retief bekümmert. »Dennoch, solche kleine Überraschungen ergeben später die großen Wendepunkte der Geschichte. Wenn Sie hier unterschreiben wollten.« Er bot dem Gefangenen eine Feder an. »Aber bitte deutlich. Wir wollen nicht, daß der unter so vielen Mühen entstandene Vertrag an einer Kleinigkeit scheitern soll.«
Der Aga Kaga knirschte vor Wut. Georges faßte das Messer fester. Der Aga Kaga ergriff die Feder und kritzelte seinen Namen unter das Dokument. Retief unterzeichnete es ebenfalls. Dann holte er noch ein Papier aus seiner Tasche.
»Nur ein Geleitbrief«, erklärte er, »der uns sicher bis zu unserem Auto kommen läßt. Er ist zwar vermutlich unnötig, aber es könnte doch sein, daß Sie es ablehnen, Ihren Pflichten als Gastgeber nachzukommen.«
Nach einer kleinen Ermunterung von Georges Seite unterschrieb er auch dieses Dokument.
»Das wäre alles«, meinte Retief. »Stanley, wir müssen jetzt fort. Ich muß Ihnen leider die Hände und Füße ein bißchen fesseln. Es dürfte nicht länger als zehn Minuten dauern, bis Sie sich befreit haben, ein Ordensband über die vom Messer beschädigte Stelle gelegt haben und sich in Genießerpose werfen.«
»Meine Männer werden euch umbringen.«
»Bis Sie Ihre Männer verständigt haben, sind wir fort«, erklärte Retief. »In einer Stunde haben wir das Regierungsgebäude erreicht, und dann gebe ich natürlich den Wortlaut des Vertrags sofort an das CDT durch. Wir sind der gleichen Meinung wie Sie, daß das Gesicht gewahrt werden muß. Deshalb werden wir keine Einzelheiten über das Zustandekommen des Vertrags ausplaudern.«
»Vertrag! Dieser Fetzen Papier!«
»Ich muß zugeben, daß das Corps manchmal nur sehr zögernd die Initiative ergreift«, sagte Retief. »Aber sobald es Unterschriften auf einem legalen Vertrag sieht, besteht es stur auf der Einhaltung.« Er wickelte eine Seidenschnur um Aga Kagas Knöchel.
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