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Türme & Tote (Schundheft) (German Edition)

Türme & Tote (Schundheft) (German Edition)

Titel: Türme & Tote (Schundheft) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Plärrer
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stürzen, musste man sich schon die Mühe machen, die Stufen nach oben zu steigen.
    Es gab ein dumpfes Geräusch, als Belinda Baumann wieder festen Kaufbeurer Boden berührte. Die ältere Frau saß in dieser Sekunde schon im Bus nach Irsee. Das mit der Schnappschildkröte musste sie mit eigenen Augen sehen. In Kaufbeuren war ja nie was los.

Eine geschälte Zwiebel und ihre Folgen

    Bäh, wie meine Finger stinken! Nach Zwiebeln natürlich, und der Saft klebt einem so eklig an der Haut, man könnte glatt perverses Kopfkino kriegen. Hoffentlich muss ich jetzt niemandem mehr die Hand schütteln. Nö, sind ja alle schon da und der Pfarrer steht auch am Pult und liest vom Blatt ab, welch gottesfürchtiges und mildtätiges Leben Tante Elfie geführt hat.
    Ich schaue in die Gesichter. Alles Trauergesichter, das ist hier schließlich eine Beerdigung. Obwohl sich Cousine Ulla gerade nur schwer das Lachen verkneifen kann, als der Pfarrer behauptet, die verblichene Tante habe für jeden ein freundliches Wort gehabt. Hallo? Sind wir hier auf der falschen Veranstaltung? Wer liegt hier eigentlich in der Urne? Mutter Theresa? Tante Elfie jedenfalls hatte noch nicht einmal ein freundliches Wort für den einzigen Menschen, den sie wenigstens ein bisschen geliebt hat, für sich selbst nämlich.
    Diese Zwiebel macht mich noch wahnsinnig. Aber sie wirkt. Vorhin, als ich die Leichenhalle betreten habe, schnell in die Tasche gefasst, die Finger an der Zwiebel gerieben und dann die Finger vor die Augen gehalten. Ha, wie die sofort rot wurden und tränten! Onkel Edgar war total geschockt, als ich ihm mit nassem Gesicht und schluchzend die Hand gegeben habe. Dass jemand bei Tante Elfies Beerdigung weinen würde, das ist ungefähr so sensationell wie diese verfickte Schnappschildkröte von Irsee, glaubt auch kein Mensch, kommt aber gut. Hm... nachher, wenn wir aus der Leichenhalle rausgehen und Tante Elfies Asche unter die Erde bringen, muss ich noch mal zur Zwiebel greifen.
    Ich meine... ich hatte nichts gegen Tante Elfie. Sie war ein herzloses, durchtriebenes Stück, noch schlimmer als der Rest unserer Familie – und das will schon was heißen. Ihren Mann Hugo hat sie nur um drei Jahre überlebt, der hat ihr ein Detektivbüro hinterlassen, eine Klitsche, genauer gesagt, die haben untreue Ehemänner observiert und einmal einen Versicherungsbetrug aufgeklärt, glaube ich. Hugo ist ganz friedlich im Bett gestorben, ich möchte gar nicht wissen, woran. Sex kann es nicht gewesen sein, denn mit Tante Elfie Sex zu haben, das ist wie – mit einer Schaufensterpuppe schlafen. Also könnte ich mir jedenfalls vorstellen, aber will ich jetzt gar nicht so genau.
    Okay, tu ich auch nicht. Hey, ich bin siebzehn, ich hab noch keine schmutzige Phantasie! Elfie ist jedenfalls nicht im Bett gestorben, sondern bei einem Autounfall. Das kommt davon, wenn ein Fiat Panda einem dicken BMW die Vorfahrt nimmt.
    Und jetzt sitzen wir alle wie die Hühner auf der Stange hier in der Leichenhalle und spielen das trauernde Elend. Mist, mein schwarzer Pullover kratzt! Ob ich den mal waschen sollte? Nö, lohnt nicht, zieh ich sowieso nur bei Beerdigungen an, das hier ist die zweite nach der von Onkel Hugo. Sonst trage ich nur selbstgemachte Kapuzenpullis, denen ich Namen gebe. Mein neuester heißt Frankenstein, weil er ziemlich abartig aussieht, aber eine flauschige Seele hat.
    So. Ist der Typ da vorne jetzt fertig? Möchte mal wissen, woher der seine Infos hat. Jetzt erzählt er auch noch, Tante Elfie sei die Gerechtigkeit eine Herzensangelegenheit gewesen. Aber hallöchen mal! Die hat den ganzen Tag in ihrem sogenannten Büro gechillt und von der Witwenrente gelebt! Fälle hatte die doch kaum welche, so viele untreue Ehemänner gibt es selbst in Kaufbeuren nicht.
    Na endlich, jetzt wird noch ein Lied gesungen und dann geht’s ab auf den Friedhof. Tante Irmgard schluchzt. Ich nehme an, das hat sie heute Morgen stundenlang vor dem Spiegel geübt. Auf die Nummer mit der Zwiebel ist niemand von denen gekommen, nur Cousine Waltraud hat es irgendwie geschafft, zwei Tränchen zu produzieren und dekorativ über die linke Backe laufen zu lassen. Wahrscheinlich hat sie an ihre Flasche von Ehemann gedacht und was der so unter Beischlaf versteht. Aber okay, ich denke jetzt lieber nicht an schlechten Sex, das Leben ist schon traurig genug.
    Seit zwei Monaten hab ich ja meine eigene Wohnung, das mit meinen Eltern ging einfach nicht mehr. Okay, als Wasch- und Bügelstation taugen sie

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