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Tunnel - 02 - Abgrund

Tunnel - 02 - Abgrund

Titel: Tunnel - 02 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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jetzt noch jemals. Längst sondierte sie die gegenüberliegende Seite des Tals und überprüfte sie auf alles, was dort nicht hingehörte.
    Dann setzte sie sich wieder in Bewegung und suchte sich einen Weg durch die Stille der üppig grünen Vegetation und über die glatt geschliffenen Steine, bis sie einen kleinen Bach in der Krümmung des Tals erreichte. Ohne Zögern stieg sie in das kristallklare Gewässer, folgte dem Bachlauf und nutzte gelegentlich moosbewachsene Felsbrocken als Trittsteine.
    Als der Wasserspiegel des Bachs anstieg und über den Rand ihrer Schuhe zu schwappen drohte, sprang sie zurück ans Ufer, das mit einem weichen grünen Graspolster bedeckt war, welches die Schafe kurz gehalten hatten. Trotzdem behielt Sarah ihr unermüdliches Tempo bei, bis bald darauf ein verrosteter Drahtzaun in Sicht kam. Sarah wusste, dass dahinter ein Feldweg anstieg.
    Schließlich entdeckte sie das, was sie gesucht hatte: An der Stelle, wo der Feldweg den Bach kreuzte, erhob sich eine grob gemauerte Steinbrücke, deren bröcklige Pfeiler stark reparaturbedürftig waren. Ihr Weg führte sie direkt auf die Brücke zu, und sie fiel in einen leichten Trab, um möglichst schnell zu der Stelle zu kommen. Innerhalb weniger Minuten hatte sie ihr Ziel erreicht.
    Rasch duckte sie sich unter die Brücke und blieb einen Moment stehen, um sich den Regen aus dem Gesicht zu wischen. Dann schlich sie auf die andere Seite, wo sie reglos innehielt und den Horizont studierte. Die Abenddämmerung hatte bereits eingesetzt und der rosige Schein frisch entzündeter Straßenlaternen schimmerte durch ein Eichenwäldchen, das bis auf die Kirchturmspitze sämtliche Gebäude des weit entfernten Dorfs verdeckte.
    Sie kehrte etwa zur Mitte der Brückendecke zurück, tief gebückt, damit sich ihre Haare nicht an den rauen Steinen verfingen. Schließlich fand sie einen unregelmäßig geschnittenen Granitblock, der leicht aus der Fläche der anderen Steine herausragte. Mit beiden Händen begann sie, den Granitstein zu lockern, kantete ihn nach links und rechts, vor und zurück, bis er sich löste. Der Block hatte die Größe und das Gewicht mehrerer Ziegelsteine, und Sarah ächzte vor Anstrengung, als sie sich bückte und ihn auf dem Boden ablegte.
    Dann richtete sie sich auf, warf einen Blick in den Hohlraum hinter dem Block, steckte ihren Arm bis zur Schulter hinein und tastete suchend das Gestein ab. Das Gesicht fest gegen das Mauerwerk gepresst, fand sie endlich eine Kette und zog daran. Die Kette rührte sich nicht von der Stelle. Mit aller Kraft versuchte sie es erneut, doch ohne Erfolg. Leise fluchend holte sie tief Luft, um sich für einen weiteren Versuch zu wappnen. Dieses Mal gab die Kette nach.
    Eine Sekunde lang geschah gar nichts, während Sarah weiterhin mit einer Hand an der Kette zog. Dann hörte sie ein tiefes Dröhnen wie von einem weit entfernten Donnerhall, das aus dem Inneren der Brücke aufstieg.
    In einem Hagel aus Mörtelstaub und getrockneten Flechten traten plötzlich bis dahin verborgene Fugen zutage, und nachdem ein Teil der Mauer zuerst nach hinten und dann nach oben geschwungen war, öffnete sich direkt vor Sarah ein unregelmäßig geformtes, türgroßes Loch. Nach einem letzten Dröhnen, das die gesamte Brücke erbeben ließ, kehrte wieder Stille ein – außer dem Plätschern des Bachs und dem Prasseln des Regens war nichts zu hören.
    Sarah trat einen Schritt in die düstere Öffnung hinein, holte eine kleine Schlüsselringlampe aus ihrer Manteltasche und schaltete sie ein. Der schwache Lichtschein zeigte, dass sie sich in einer etwa fünfzehn Quadratmeter großen Kammer befand, in der sie gerade eben aufrecht stehen konnte. Sarah sah sich um und bemerkte die träge durch die Luft schwebenden Staubteilchen und dichte Spinnweben, die wie Girlanden von der Decke hingen.
    Der Raum war von Sarahs Ururgroßvater errichtet worden, in dem Jahr, in dem er seine Familie für ein neues Leben in der Kolonie mit unter die Erde genommen hatte. Der Steinmetzmeister hatte damals alle Register seines Handwerks gezogen, um die Kammer innerhalb der zerfallenen, baufälligen Brücke zu kaschieren, und dazu ganz bewusst ein Gelände gewählt, das meilenweit von der nächsten Siedlung entfernt an einem selten genutzten Feldweg lag. Warum er all diese Mühen auf sich genommen hatte, wussten weder Sarahs Mutter noch ihr Vater zu sagen. Doch welchem Zweck der Raum ursprünglich auch gedient haben mochte – er zählte zu den wenigen Orten,

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