«
» Okay « , erwiderte ich. » Aber danach? Weder Addie noch ich waren eine große Hilfe. Nicht wirklich. «
Ich war mir nicht sicher, warum ich so darauf beharrte, mal abgesehen von der Tatsache, dass ich immer aufgebrachter wurde und das Bedürfnis hatte, um mich zu schlagen – aufgrund meiner Befürchtungen, meiner anzunehmenden Feigheit, meines Bedürfnisses, mich von Sabine beruhigen zu lassen, und ihres Unvermögens, das in diesem Moment zu leisten.
Vielleicht erkannte Sabine das. Als sie erneut sprach, war ihr Tonfall etwas schärfer geworden. Nicht so, als wäre sie wütend auf mich, sondern als verstünde sie, dass ich kein Kind mehr war, das man mit Komplimenten beschwichtigen konnte.
» Eva, ich weiß, du hast wahrscheinlich Bedenken, ob wir unseren Plan tatsächlich in die Tat umsetzen sollten. Das ist normal. Denk einfach daran, warum wir es tun, okay? « Sie wartete, bis ich andeutungsweise nickte. » Und denk daran, du musst am Freitag nicht mitkommen. Ich hielte es sogar für besser, wenn du es nicht tun würdest. «
Ich stellte mir vor, wie Sabine ganz allein die Bombe schärfte. Wie sie ihr ganz allein beim Explodieren zusah. Ich hörte förmlich das Kreischen und Stöhnen des einstürzenden Gebäudes, das Brüllen des Feuers. Ich sah beinah den Ausdruck vor mir, der in Sabines Augen leuchten würde: gelassene, tiefe Befriedigung.
» Peter … « , hob ich an.
» Peter ist toll, keine Frage « , sagte Sabine und schnitt mir damit das Wort ab. Sabine fiel anderen nur selten ins Wort. Sie war fast immer geduldig und bereit, sich anzuhören, was andere zu sagen hatten. » Aber wenn wir in dem Tempo vorgehen, das Peter anschlägt, dann weiß nur der Himmel, wann wir endlich aufhören können, wegzurennen und uns zu verstecken, und an Boden gewinnen. « Sie redete sich so in Rage, wie ich es noch nie zuvor erlebt hatte. Sie stolperte über ihre eigenen Worte. » Eva, ich habe so viel Zeit meines Lebens damit verbracht, Angst zu haben – so viel Zeit, mich irgendwie durchzuschlagen. Einfach nur zu überleben. Ich kann nicht so weitermachen. Ich will nicht dreißig oder vierzig oder fünfzig Jahre alt werden und mein Leben betrachten, und alles ist wie jetzt, und ich habe dann immer noch Angst und hoffe, dass andere Leute dafür sorgen, dass sich etwas ändert. Ich will selbst dafür sorgen, dass sich etwas ändert. Und zwar jetzt. «
Sie sah mir in die Augen. » Peter hält uns alle für Kinder, Eva. Aber ab einem gewissen Punkt müssen wir alle erwachsen werden. «
Ihre Worte waren wie ein Faustschlag, der mir die Luft nahm. Denn sie hatte recht. Ich musste endlich erwachsen werden. Ich musste aufhören, an mir zu zweifeln, aufhören, so wischiwaschi bei allem zu sein. Aufhören, ständig so große Angst zu haben.
» Schon gut, Eva « , sagte Sabine. Sie nahm meine Hand. Ihr Blick sagte mir, dass sie alles verstand. Mich verstand. » In ein paar Tagen wird das Ganze sowieso vorbei sein. «
Kapitel 31
Das Rascheln von weißem Stoff
Ein Arztkittel, grob gewebt
In unseren sechs Jahre alten Händen
Möchtest du Ärztin werden, wenn du groß bist?
Keine Antwort.
Eine von uns würde nicht
Groß werden
Panik.
Ich erwachte, und die Panik, die mich im Griff hatte, war so umfassend und ungeheuerlich, dass es mich würgte, als hätten sich Finger um unseren Hals gelegt.
Es dauerte einen Moment, bis mir klar wurde, dass Addie und ich nicht angegriffen wurden. Wir rannten nicht um unser Leben. Wir saßen einfach still in unserem Zimmer. Aber …
, rief ich aus.
Sie versuchte, etwas zu sagen. Begann, etwas zu sagen.
Dann war sie fort und ließ mich mit den Echos ihres Schreckens allein.
Ich krabbelte von unserem Bett.
Nichts.
Etwas war passiert. Es musste etwas passiert sein.
Verwirrung und Angst katapultierten mich in den Flur. Brachten mich dazu, ohne nachzudenken » Emalia! « zu brüllen.
Emalias und Sophies Zimmertür stand halb offen. Ich hörte, wie sie vor sich hin summte, während sie ihre Wäsche zusammenlegte. Ihr Kopf fuhr hoch. » Addie? Was ist los? «
» Was habe ich gemacht? « , fragte ich drängend. » Gerade eben. Vor einer Minute. Wo war ich da? «
Emalia ließ ihre Wäsche stehen und eilte auf mich zu. » Eva, was ist los? Geht es dir gut? Beruhige dich. Du siehst … «
Ich wich zurück, zu sehr außer mir, um mich von irgendjemandem berühren zu lassen. » Bitte, sag mir einfach, wo ich gerade eben war. «
»