Über den Missouri
daß Pitt das Messer fallen lassen mußte. Überraschend schnell hob der Dakota das Messer auf und warf es dem Delawaren zu, der es geschickt auffing. Der Dakota unterlief Pitt und führte einen Stoß aus, der den Kurznasigen warf. Pitt stürzte polternd gegen die Wand und fiel halb bewußtlos zu Boden.
Er wälzte sich, ohne in die Höhe zu kommen. Tokei-ihto ging zu ihm heran und berührte ihn verächtlich mit der Fußspitze, ohne sich zu einer Brutalität hinreißen zu lassen, auf die ihm als Sieger im Hahnenkampf gewohnheitsmäßig das Recht zustand. Sein Dolchmesser steckte er wieder in die Scheide. Er hatte den Stoß nicht mit der Klinge, sondern nur mit dem Knauf geführt. Wortlos setzte er sich an seinen alten Platz auf der Wandbank neben Tobias.
»Sacre nom!« rief Louis, der Canadier. »Das ist aber schnell gegangen. Hast du das ganz begriffen, Philipe?«
»Halb.«
»Du kannst nicht mal so schnell denken, wie dieser Indsman handelt. Lernen mußt du, lernen!«
Der junge Bursche lächelte. Mit Nachsicht pflegte er die vielen guten Ratschläge seines Lehrmeisters entgegenzunehmen.
Um Pitt kümmerte sich keiner der Männer. Er würde schon von selbst wieder auf die Beine kommen. Ein Hahnenkampf war Privatsache, und der Kurznasige genoß auch bei der indianischen Lagerpolizei keine Sympathien, denn er hatte sie an ihrer empfindlichsten Stelle, ihrer Zuneigung zum verbotenen Alkohol, getroffen.
»Johnny«, meinte der Delaware, »du bist aber auch wirklich ein Geizkragen gewesen. Hier hast du noch einen halben Dollar. Schenke den Reitern ein, die Abschied feiern!«
Der Wirt brachte schnell und reichlich den gewünschten Brandy, und die Reiter tranken auf das Wohl des Tobias. Pitt lag an der Wand, ächzte und fluchte über die Ungerechtigkeit der Welt.
Schonka goß noch einen Becher hinunter. »Seht ihr«, sagte er, »nun hat sich Harry doch noch hingesetzt, wie ich ihm befohlen hatte.«
»Das ist auch wirklich sehr beruhigend für dich und die gesamte Agentur!« lästerte der Canadier.
Johnny ließ sich neben Schonka nieder. »Ihr seid doch vorhin alle bei Red Fox gewesen?« fragte er. »Könnt ihr jetzt nicht mehr zu ihm hinein? Ist ein anderer drin? Weil du meinst, daß ihr noch warten müßt mit der Sache von Harry da?«
Schonka gab keine Antwort, er war mißgelaunt. Aber Blutiger Tomahawk hatte seinen Kopf gehoben, der ihm schwer war, und schaute den Wirt aus verquollenen, trübseligen Augen an. Das heulende Elend des Trunks überkam ihn. »Freddy, der Rote Fuchs, ist sehr schlecht zu uns gewesen, mein Bruder. Ich habe ihm alles geklagt, die mageren Rinder, den stinkenden Speck, die hungrigen Mägen unserer Männer, Frauen und Kinder. Aber er ist ein Wolf, der nur selbst fressen will. Ich habe lange und gut zu ihm gesprochen, er aber hat uns die Tür gewiesen, als ob wir Hunde seien. Ich gehe nicht mehr zu ihm hinein, und er hat uns auch gesagt, daß er vor morgen früh keinen Menschen mehr sehen will. Er hat seine Tür zugeschlossen, weil er zornig war.«
»Schweig!« gebot Schonka seinem Obersten wütend. Er war noch nicht in dem Maße betrunken wie Blutiger Tomahawk und schämte sich der Vorgänge, die hier berichtet wurden.
Tobias steckte dem Wirt ein weiteres Geldstück zu. Johnny äugte verschmitzt und füllte den Brandykrug von neuem. »Ja, ja«, nickte er, »Tobias, du bist ein Meisterkundschafter geworden und hast es zu etwas gebracht! Charly mag den Pitt nicht haben, aber dich will er für die Agentur hier anwerben. Am Niobrara ist jetzt nichts mehr los.«
»Wo ist mein Handgeld?« fragte der Delaware trocken.
Johnny zog drei Dollars aus der Tasche. »Wahrhaftig, hatte ganz vergessen, es dir zu geben!«
Tobias schmunzelte, und Johnny lächelte breit. Der Wirt zeigte sich nicht sehr verlegen darüber, daß er bei einer kleinen Unterschlagung ertappt worden war. Er respektierte den Delawaren, der sich in den Gewohnheiten der Weißen auskannte.
Es wurde weiter getrunken und geraucht. Die Reiter waren wieder bei Karten und Würfeln. Es stank nach Branntwein, und der Pfeifenqualm füllte den Raum.
Die Reiter, die wieder zu trinken hatten, sangen und grölten, und die Indianerpolizei tat mit. Johnny hatte die Türen abgeschlossen, damit keine ungebetenen Gäste die Szene überraschen konnten. Philipe konnte nicht mehr aufhören zu lachen. Blutiger Tomahawk weinte und wußte bald nichts mehr von sich. Der schöne Eddy übergab sich, und seine blaue Uniform wurde schmutzig von oben bis
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