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Ueber Gott und die Welt

Ueber Gott und die Welt

Titel: Ueber Gott und die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Spaemann
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Naturphilosophie sind große Gegenentwürfe zu den heute herrschenden Ideologien, vor allem der »wissenschaftlichen Weltanschauung«, die mit imperialem Gestus verspricht, alle Wünsche der Neuzeit und der Moderne zu erfüllen. Und doch ist er kein Wissenschaftsgegner, ganz im Gegenteil. Wer sich mit ihm über physikalische und biologische Fragen unterhält, ist gelegentlich verblüfft über seine Kenntnisse auf diesen Gebieten. Sein Begriff des »Lebens«, seine Philosophie der »Personen« sind gründlich durchdachte Plädoyers für den Menschen wie er »geht und steht« und wie er sich auch selbst versteht, gegen alle Versuche, den Menschen als »Ding« hinzustellen, das beherrscht und manipuliert werden kann und muss.
    Descartes’ Diktum vom Menschen als »Herrscher über die Natur« ist ambivalent. Denn »Herrschaft über die Natur« und »Beheimatung in der Natur« stehen in einem dialektischen Verhältnis zu einander. Warum aber verhält es sich so? Darauf gibt der Aufsatz »Zwei Interessen der Vernunft« eine Antwort. Aber eigentlich kreist das ganze Buch um diese wichtige Grundfrage: Wir beobachten Robert Spaemann beim Verfertigen seiner Gedanken, beim Denken mit seiner sanften, aber beharrlichen Überzeugungskraft. Er ist katholischer Christ und Philosoph, kein katholischer Philosoph, wie seine Kritiker behaupten, um ihn abzuwerten. Auch die Bezeichnung »Linkskatholik« in den fünfziger Jahren hat er immer abgelehnt. Seine politischen Überzeugungen waren einmal »links«, sein Katholizismus nie. Sein Philosophieren ist authentisch, argumentierend, nie nur antithetisch. Den Gegner so genau wie möglich zu verstehen, dieses Ethos steht am Anfang seiner kritischen Bemühungen. Die gemeinsame Vernunft zwingt ohne Zwang allmählich zur Einsicht – mit diesem Eindruck verlässt man Robert Spaemann nach einem zweistündigen Gespräch mit ihm »Über Gott und die Welt«. Für ihn ist Philosophie eine
ars longa
, die nie zum abgeschlossenen System gelangt, solange das Fragenstellen möglich ist. Erst der Tod setzt ihm ein Ende.

    Wie kam es überhaupt zu diesem Buch? Ich schätze Spaemann seit dem Jahr 1972, als ich den Aufsatz »Die Utopie der Herrschaftsfreiheit« im »Merkur« las. Darin durchmusterte er in jargonfreier Sprache die gängigen politischen Theorieangebote, angefangen von Habermas über Dahrendorf und Luhmann, und brachte Platon und Nietzsche luzide zum Sprechen. Mir gefiel dieses von den »Modetönen des Zeitalters« (Kant) unbeeindruckte Denken, vor allem der Nachweis, wie unhintergehbar der Begriff des Guten für die gesamte Ethik und Politik ist.
    1987 lernte ich Robert Spaemann in Frankfurt kennen, als er die Laudatio auf Hans Jonas bei der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels hielt. Seine souveräne Apologie einer teleologischen Naturphilosophie, seine Aktualisierung des Begriffs »Natur« und die Reflexion darüber, was wir meinen können, wenn wir von »natürlichen Dingen« reden, hinterließ bei mir einen starken Eindruck.
    In den neunziger Jahren traute ich mich dann als Kulturredakteur des »Focus«, Spaemann um ein Interview zu bitten, und rechnete mit einer Absage. Doch es kam anders. Das Interview fand statt, sogar der Anklang in der Redaktion blieb nicht aus. Danach folgten noch einige Interviews und vor allem längere Telefonate. Aber erst 2006 kamen wir uns näher: längere Spaziergänge durch die schattigen Laubwälder um das Schloss Solitude in Stuttgarts Westen. Es dauerte dann noch bis Dezember 2010, dass ich den Mut aufbrachte, Spaemann zu überzeugen, einen Gesprächsband über seine geistige Biographie mit mir herauszugeben. Wir hatten immer häufiger über Ereignisse aus seinem Leben gesprochen. Er erzählte mir, er habe einige »kleine« Episoden aus seiner Vergangenheit niedergeschrieben, die aber eigentlich nicht zur Veröffentlichung bestimmt seien. Bei mir dagegen verstärkte sich beim Zuhören immer mehr die Überzeugung, gerade diese Erinnerungen, gerade ein Gespräch über seine Vita müssten publiziert werden – ein Gedanke, den, wie Spaemann mir sagte, Michael Klett schon vor Jahren geäußert hatte. Es war die Freude, mit Spaemann zu reden, ihn zu befragen, mit ihm zusammen zu sein, die mich antrieb, andere mit einem Buch daran teilnehmen zu lassen. Schließlich gab er meinem Mitteilungsbedürfnis nach und willigte in das anfangs keineswegs sichere Unternehmen ein, unsere Gespräche zu veröffentlichen.
    Zwölf Sitzungen im Jahr 2011,

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