Uhtred 6 - Der Sterbende König
Holzscheite, um Eohrics Schiffe zu vernichten. Ich wartete gerade lange genug, um zu sehen, dass sich das Feuer auf den Schiffen ausbreitete, sah zu, wie die Flammen über die Ruderbänke leckten und dichter Rauch in der windstillen Luft aufzuquellen begann, und dann ritten wir eilig nach Süden.
Der Rauch war ein Zeichen, ein unmissverständlicher Hinweis für Sigurd, dass seine so sorgfältig aufgestellte Falle nicht zugeschnappt war. Das würde er bald auch von Eohrics Schiffsmannschaften hören, aber inzwischen würden seine Späher die Mönche und Priester bei Eanulfsbirig entdeckt haben. Ich hatte Osferth befohlen, mit ihnen auf unserer Uferseite zu bleiben und dafür zu sorgen, dass sie Aufmerksamkeit auf sich zogen. Dabei bestand freilich die Gefahr, dass Sigurds Dänen die beinahe vollkommen schutzlosen Kirchenmänner angreifen würden, aber ich dachte, er würde warten, bis er sicher sein konnte, dass auch ich dort war. Und genau das tat er.
Als wir bei Eanulfsbirig ankamen, sang der Chor. Osferth hatte ihnen das Singen befohlen, und da standen sie, jämmerlich und singend, unter ihren großen Bannern. »Singt lauter, ihr Bastarde!«, schrie ich, als wir in leichtem Galopp auf die Brücke zu ritten. »Singt laut, ihr kleinen Vögelein!«
»Herr Uhtred!« Pater Willibald hastete auf mich zu. »Was geht denn vor? Was geht bloß vor?«
»Ich habe beschlossen, einen Krieg anzufangen, Pater«, sagte ich heiter, »das ist so viel kurzweiliger als der Frieden.«
Er starrte mich entsetzt an. Ich glitt aus dem Sattel und sah, dass Osferth meinen Befehl ausgeführt und auf dem hölzernen Balkengang der Brücke einen Haufen Brennbares zum Feuermachen vorbereit hatte. »Es ist Stroh«, erklärte er mir, »und es ist feucht.«
»Solange es nur brennt«, sagte ich. Das Stroh war über die gesamte Breite der Brücke aufgehäuft und verbarg Balken, die als niedrige Barrikade darunter lagen. Flussabwärts hatte sich der Rauch der brennenden Schiffe zu einer Säule verdichtet, die bis hoch in den Himmel ragte. Die Sonne stand nun sehr niedrig, warf lange Schatten nach Osten, wo Sigurd von den beiden Schiffsmannschaften erfahren haben musste, dass ich ganz in der Nähe war.
»Ihr habt einen Krieg angefangen?« Willibald holte zu mir auf.
»Schildwall!«, rief ich. »Genau hier!« Ich würde auf der Brücke einen Schildwall aufstellen. Es spielte keine Rolle, mit wie vielen Männern Sigurd kam, weil nur wenige Platz hätten, um uns auf dem engen Raum zwischen den Brückengeländern aus schweren Holzbalken entgegenzutreten.
»Wir sind in Frieden gekommen!«, beschwerte sich Willibald bei mir. Die Zwillinge, Ceolberht und Ceolnoth, kamen mit ähnlichen Einwänden, als Finan unsere Krieger aufstellte. Die Brücke bot sechs Männern mit überlappenden Kampfschilden nebeneinander Platz. Vier Reihen meiner Männer standen dort nun hintereinander, Männer mit Äxten und Schwertern und großen, runden Schilden.
»Wir sind gekommen«, ich drehte mich zu Willibald um, »weil Eohric Euch hintergangen hat. Es ist ihm niemals um Frieden gegangen. Es ging darum, ihm den Krieg einfacher zu machen. Fragt ihn«, ich deutete auf Ivann. »Los, redet mit ihm, und lasst mir meine Ruhe! Und sagt diesen Mönchen, sie sollen mit ihrem verdammten Katzengeschrei aufhören.«
Und da tauchten, aus dem Wald auf der anderen Seite des Flusses und über die feuchten Uferwiesen, die Dänen auf. Eine ganze Heerschar Dänen, vielleicht waren es zweihundert, und sie kamen auf Pferden, angefahrt von Sigurd, der unter seinem Banner mit dem fliegenden Raben auf einem großen weißen Hengst saß. Er sah, dass ich ihn erwartete, und dass er seine Männer über die enge Brücke schicken musste, wenn er angreifen wollte, und deshalb ließ er sein Pferd in etwa fünfzig Schritt Entfernung anhalten, stieg ab und ging zu Fuß weiter auf uns zu. Ein junger Mann begleitete ihn, doch es war Sigurd, der die Aufmerksamkeit auf sich zog. Er war ein hochgewachsener Mann, breitschultrig und mit einem vernarbten Gesicht, das halb hinter einem Bart von solcher Länge versteckt war, dass er ihn zu zwei dicken Zöpfen geflochten trug und sich diese um den Hals gewunden hatte. Sein Helm spiegelte das langsam roter werdenden Sonnenlicht. Er machte sich nicht die Mühe, einen Schild zu tragen oder ein Schwert zu ziehen, und dennoch war er ein dänischer Herr in all seiner Kriegerpracht. Sein Helm war mit Gold besetzt, eine Goldkette funkelte zwischen seinen Bartzöpfen, er
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