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Uhtred 6 - Der Sterbende König

Uhtred 6 - Der Sterbende König

Titel: Uhtred 6 - Der Sterbende König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Uhtred von Bebbanburg«, sagte sie. Sie scharrte zwischen meinen Besitzungen herum. »Und du glaubst«, fuhr sie fort, »dass ich leicht zu töten wäre.«
    »Ich glaube, dass du leicht zu töten wärest, Weib«, sagte ich. Meine Stimme war ein trockenes Krächzen. Ich zerrte an den Lederriemen, aber ich schnitt mir damit nur in die Handgelenke.
    »Ich kenne mich mit Knoten aus, Uhtred von Bebbanburg«, sagte sie. Dann nahm sie den Thorshammer auf und ließ ihn an seinem Lederband schwingen. »Ein wertloses Amulett für einen großen Herrn.« Sie kicherte. Sie war krumm, alt und widerwärtig. Ihre Klauenhand zog Schlangenhauch aus seiner Scheide, und sie trug die Klinge auf mich zu. »Ich sollte dich töten, Uhtred von Bebbanburg«, sagte sie. Ihre Kraft reichte kaum aus, die lange Klinge hochzuheben, die sie nun auf einem meiner gebeugten Knie ablegte.
    »Warum tust du es nicht?«, fragte ich.
    Sie musterte mich genau. »Bist du nun klüger geworden?«, fragte sie. Ich schwieg. »Du hast nach Weisheit gesucht«, fuhr sie fort. »Nun? Hast du sie gefunden?«
    Irgendwo weit außerhalb der Höhle krähte ein Hahn. Ich zerrte wieder an den Riemen, und wieder nutzte es nichts. »Schneid die Fesseln durch«, sagte ich.
    Darüber lachte sie nur. »Ich bin keine Närrin, Uhtred von Bebbanburg.«
    »Du hast mich nicht getötet«, sagte ich, »also bist du vielleicht doch eine Närrin.«
    »Das ist wahr«, pflichtete sie mir bei. Sie schob das Schwert vor, sodass seine Spitze meine Brust berührte.
    »Hast du in deiner Nacht Weisheit gefunden, Uhtred?«, fragte sie und lächelte mich mit ihren verfaulten Zähnen an. »Deiner Nacht der Lüste?« Ich versuchte, das Schwert wegzustoßen, indem ich mich auf die Seite rollte, aber sie hielt es gegen meinen Körper gedrückt, und an der Spitze lief ein wenig Blut herab. Sie war belustigt. Ich lag nun auf der Seite, und sie setzte die Klinge auf meiner Hüfte ab. »Du hast im Dunkeln gestöhnt, Uhtred. Du hast vor Lust gestöhnt, oder hast du das vergessen?«
    Ich erinnerte mich an das Mädchen, das in der Nacht zu mir gekommen war. Ein dunkelhaariges Mädchen, schlank und schön, geschmeidig wie eine Weidenrute, ein Mädchen das gelächelt hatte, als es auf mir geritten war und mit seinen zarten Händen mein Gesicht und meine Brust gestreichelt hatte, ein Mädchen, das sich zurückgebogen hatte, als ich seine Brüste mit den Händen liebkoste. Ich erinnerte mich an den Druck seiner Oberschenkel auf meinen Hüften, die Berührung seiner Finger auf meinen Wangen. »Ich erinnere mich an einen Traum«, sagte ich verdrießlich.
    Ælfadell wippte auf ihren Fersen vor und zurück, in obszöner Nachahmung dessen, was das schwarzhaarige Mädchen in der Nacht getan hatte. Die flache Seite der Schwertklinge glitt über meinem Hüftknochen hin und her. »Es war kein Traum«, sagte sie spöttisch.
    Da wollte ich sie töten, und sie wusste es, und dieses Wissen brachte sie zum Lachen. »Es haben schon andere versucht, mich umzubringen«, sagte sie. »Die Priester hatten es auch einmal auf mich abgesehen. Es kamen beinahe zwei Dutzend von ihnen, angeführt von dem alten Abt mit einer Fackel. Sie haben laut gebetet, mich eine heidnische Hexe genannt, und ihre Knochen verrotten immer noch im Tal. Ich habe Söhne, weißt du? Es ist gut für eine Mutter, Söhne zu haben, denn es gibt keine Liebe, die sich mit der Liebe einer Mutter zu ihren Söhnen vergleichen lässt. Hast du diese Liebe vergessen, Uhtred von Bebbanburg?«
    »Das war auch ein Traum«, sagte ich.
    »Kein Traum«, sagte Ælfadell, und ich erinnerte mich an meine Mutter, die mich nachts gewiegt und in ihren Armen geschaukelt und mir die Brust gegeben hatte, und ich konnte mich an das Behagen dieses Augenblicks erinnern, und an die Tränen, als mir klar wurde, dass es ein Traum gewesen sein musste, denn meine Mutter war bei meiner Geburt gestorben, und ich hatte sie nie gekannt.
    Ælfadell lächelte. »Von jetzt an, Uhtred von Bebbanburg«, sagte sie, »sehe ich dich als Sohn an.« Wieder wollte ich sie töten, und sie wusste es und lachte mich aus. »Heute Nacht«, sagte sie, »ist die Göttin zu dir gekommen. Sie hat dir dein ganzes Leben gezeigt, und deine ganze Zukunft, und die ganze weite Menschenwelt und was in ihr geschehen wird. Hast du das alles schon vergessen?«
    »Die Göttin ist gekommen?«, fragte ich. Ich erinnerte mich daran, unablässig geredet zu haben, und ich erinnerte mich an die Traurigkeit, als mich meine Mutter

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