Ulysses Moore 6: Der erste Schlüssel (German Edition)
doch Jasons Gesichtsausdruck verriet sie. »Also?«
Dagobert hockte sich in den Schatten, bevor er antwortete. »Ihr habt kein Geld … Ihr habt keinen Schmuck …« Er legte einen Finger auf die Lippen und tat, als denke er angestrengt nach. »Ihr könnt mir das schwarze Buch geben, in dem ihr geblättert habt.«
Instinktiv legte Julia die Hand auf die Hosentasche, in die sie Ulysses Moores Notizbuch gesteckt hatte. »Nein, das geht nicht.«
Der Junge hängte einen Haken zwischen die Zinnen und warf das Seil aus. »Schade. In diesem Fall, fürchte ich, muss ich mich verabschieden.«
»Warte!«, rief Jason. »Das Notizbuch gehört uns nicht. Es gehört einem Freund, der sehr böse wäre, wenn wir es verlieren würden. Aber wir könnten dich vielleicht darin lesen lassen.«
Dagobert, der nur noch mit einem Bein auf der Terrasse stand, dachte darüber nach. »Einverstanden. Sagt mir, wen ihr sucht.«
Jason drehte sich zu seiner Schwester um und bedeutete ihr zu sprechen.
»Black Vulcano«, flüsterte Julia widerwillig.
»Black Vulcano«, wiederholte der kleine Dieb. »Black Vulcano …«
»Sagt dir der Name was?«
»Erzählt mir mehr über diesen Mann. Vielleicht kenne ich ihn unter einem anderen Namen.«
»Wir wissen nicht sehr viel«, gab Jason zu. »Er müsste ziemlich kräftig gebaut sein und einen langen Bart haben. Er lebt sicher schon seit einigen Jahren hier.«
»Hier gibt es Tausende von Leuten, auf die diese Beschreibung passt.«
»Er liebt das Feuer. Und Maschinen. Mechanische Dinge, die sich von allein bewegen.«
»Bearbeitet er das Eisen wie ein Schmied?«
»Ja, so in der Art, aber mit riesigen Maschinen.«
»Er hat eine Schwäche für Frauen«, fügte Julia verlegen hinzu.
Der Junge mit den hellen Augen zählte an den Fingern die Informationen ab, die sie ihm gegeben hatten. »Kräftig, mit Bart, liebt das Feuer, das Eisen und die Frauen. Das sind nicht genügend Hinweise, um jemanden zu finden.«
»Die Schlüssel«, fügte Julia hinzu, als ob es sie Mühe koste, die Worte auszusprechen. »Er könnte mit Schlüsseln zu tun haben.«
»Aber klar!« Dagoberts Gesicht leuchtete auf. »Jetzt weiß ich, um wen es geht! Kommt mit, ich führe euch zu ihm.«
Es heißt, dass vor vielen, vielen Jahren die Äbte der Abflussdiebe und der Dachsteiger Freunde waren und in gutem Einvernehmen zusammenarbeiteten«, erzählte Dagobert ihnen, während er sie durch die Stadt führte. »Deshalb stehen ihre Häuser noch heute nebeneinander. Aber Freunde sind sie sicher nicht mehr …«
»Haben sie sich gestritten?«, fragte Jason, der Mühe hatte, Schritt zu halten.
»Schon vor langer Zeit«, antwortete der Dieb. »Wegen des Priesters, glaube ich.«
»Meinst du den Priester Johannes?«
»Wen denn sonst! Er kontrolliert unsere Stadt.«
Jason und Julia dachten an das, was sie aus Ulysses Moores Notizbuch über den Priester Johannes erfahren hatten. Sie wussten nur, dass er ein sagenumwobener Herrscher war und über ein märchenhaftes Reich mit unglaublichen Schätzen verfügte, zu denen ein Brunnen zählte, dessen Wasser ewige Jugend verleihen konnte.
»Wie ist er denn so?«, fragte Julia.
»Das weiß keiner, denn es hat ihn noch nie jemand gesehen.«
Die drei bückten sich, um unter einem niedrigen Bogen durchzugehen, der eine Wand aus schwarzem Stein stützte. Dann stiegen sie eine steile Treppe hinunter, die in die darunterliegende Gasse führte.
»Manche sagen, dass er ein uralter Greis ist. Andere behaupten, er sei ein starker Ritter. Wieder andere meinen, er sei inzwischen tot und der Rat der Festung tue nur so, als sei er noch am Leben, damit die Festung nicht in unsere Hände fällt. Oder in die der Abflussdiebe.«
»Und was glaubst du?«, wollte Julia wissen.
»Ich denke, dass der Priester Johannes lebt und sich über uns lustig macht.«
»Sicher ist er sehr mächtig …«
»Ja. Und alle befolgen seine Gesetze, so verrückt sie auch sein mögen.«
Wie vom Blitz getroffen, blieb Dagobert mit einem Mal stehen und gab den Zwillingen ein Zeichen, still zu sein. Dann schlich er an der Wand entlang, spähte um die nächste Ecke und flüsterte: »Wachen!«
Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, machte er kehrt. Julia und Jason folgten ihm dicht auf den Fersen. Sie bogen in eine breitere Straße ein, überquerten sie und versteckten sich unter einer Elefantenstatue.
Kurz darauf marschierte die Patrouille auch schon an ihnen vorbei.
Julia presste die ganze Zeit über die Hand auf die Tasche,
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