Ulysses Moore – Die steinernen Wächter

Titel: Ulysses Moore – Die steinernen Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario

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die Kehle hinauf, doch Rick biss die Zähne zusammen und schrie nicht. Stattdessen versuchte er sich selbst Mut zu machen. Er starrte in die Dunkelheit, die ihn umgab, und fragte laut: »Wo soll ich hingehen, Papa?«
    »Wir gehen hier runter«, beschloss Manfred und zündete wieder ein Streichholz an.
    »Warum hier?«
    »Ich glaube, ich habe dort Licht gesehen.«
    »Aber mir kam es vor, als hätte ich die Schritte aus dem anderen Gang gehört.«
    »Sie haben sich getrennt«, erklärte Manfred. »Sie kennen sich hier aus.«
    Das Streichholz erlosch.
    »Warum hast du ihn entwischen lassen?«
    »Er hat mich in die Hand gebissen.«
    »Du bist ein Versager.«
    Manfred grunzte irgendetwas.
    »Was hast du gesagt?«
    »Ich habe gesagt, dass ich hier gar nicht reinwollte. Ich wollte überhaupt nicht herkommen. Ich hätte einfach draußen bleiben sollen.«
    »Können wir nicht einfach wieder umkehren?«, Oblivias Stimme klang genervt.
    »Das habe ich schon probiert.«
    »Und?«
    »Die Tür ist verschlossen.«
    »Hast du versucht zu klopfen?«
    »Ja.«
    Wieder ließ Manfred ein Streichholz brennen. »Es sind kaum noch welche übrig. Wenn wir nach unten kommen wollen, dann müssen wir das jetzt tun.«
    »Bist du sicher, dass dies der richtige Gang ist?«
    »Nein.«
    »Und wenn es der falsche ist?«
    »Dann haben wir eben Pech gehabt.«
    Rick blieb ganz still stehen. Er hatte die Augen fest geschlossen.
    Als er sie wieder öffnete, sah er etwas.
    Er zwinkerte. Dann rieb er sich die Augen, weil er nicht sicher war, richtig gesehen zu haben.
    Es war ein winziger flackernder Punkt.
    Ein leuchtender Punkt, der nur wenige Meter vor ihm herflog. Wie ein Staubkorn im Wind. Oder wie ein Glühwürmchen.
    Es war aus dem Nichts vor ihm aufgetaucht und verbreitete ein zartes, schwaches Licht.
    »Danke, Papa«, murmelte Rick und merkte, wie seine Augen sich mit Tränen füllten.
    Die Anwesenheit des Glühwürmchens konnte nur eines bedeuten: dass die Höhle der
Metis
nicht mehr fern war. Es kam Rick sogar so vor, als könnte er das gedämpfte Klatschen der Wellen gegen die Klippen hören. Mit neuer Hoffnung ging er näher an das Glühwürmchen heran, das sich auf einen Felsen gesetzt hatte, als wolle es auf ihn warten.
    Vorsichtig nahm er es auf, schloss die Hand und öffnete sie erst wieder, als er sie über den Kopf gestreckt hatte.
    Der kleine Käfer flog los und Rick folgte ihm. Das Licht, das von ihm ausging, genügte gerade eben, um Ricks Nasenspitze zu beleuchten, aber er fühlte sich nicht mehr ganz so alleine.
    Rick ging weiter, ohne an etwas Bestimmtes zu denken. Er lief einfach nur dem Glühwürmchen hinterher.
    Er hätte nicht sagen können, wie lange er gegangen war. Ab irgendeinem Punkt hatte er das Gefühl, ringsherum von Wänden umgeben zu sein, die er im Dunkeln nicht sehen konnte.
    Der Boden wurde glatter und stieg langsam an.
    Rick ging und ging. Und obwohl er wusste, dass ihn das Glühwürmchen inzwischen immer weiter von der
Metis
wegführte, blieb er trotzdem nicht stehen. Es kam ihm vor, als sei das winzige Insekt seine einzige, letzte Verbindung zum Leben.
    Plötzlich aber setzte sich das Glühwürmchen auf einen Felsen. Rick versuchte noch zu begreifen, was es da tat, als er merkte, dass es in ein kleines Loch im Stein kroch. Aber da war es schon zu spät.
    »Nein, warte!«, rief Rick. »Wo willst du hin?«
    Er wollte es fangen, doch dazu saß es schon viel zu tief in dem Loch. Und das kleine Licht wurde immer schwächer.
    »Nein, nein!«, rief Rick, der vor Angst, alleine im Dunkeln zurückzubleiben, beinahe weinte.
    Er lehnte sich an den Felsen. Dabei stellte er fest, dass dieser so glatt war, als wäre er bearbeitet worden. Wie die Wand einer in den Fels gehauenen Kammer oder wie … ja, wie eine Skulptur. Eine große Skulptur, die hoch über ihn hinausragte und viel Raum einnahm.
    Rick tastete ihren Sockel mit den Händen ab, ohne so recht zu wissen, was er eigentlich suchte.
    Und auf einmal hatte er etwas gefunden: einen Lichtschalter.
    Er glaubte sich geirrt zu haben und erstarrte.
    Nochmals fuhr er mit der Hand darüber.
    Es war tatsächlich einer dieser alten runden Schalter aus Porzellan mit einem kleinen Hebel, den man nach oben oder unten schieben musste.
    Seine Finger zitterten.
    Er schob den Hebel nach oben.
    Das Licht ging an.
    Die
Annabelle
erreichte den Strand der Bucht Whales Call und wurde von den drei Männern an Bord aufs Trockene gezogen.
    »Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll«, sagte