Und abends etwas Liebe
eine zufällige Bekanntschaft gewesen sein können. Genauso war es auch eigentlich bei den beiden — sie waren sich gegenseitig fremd. In meinen Augen war dies eine echte Tragödie.
In einem Punkt stimmten Paul und Claudia völlig überein. Tony mußte einen Beruf ergreifen. »Jungen Mädchen bietet sich heute jede Möglichkeit. Was möchtest du werden?« fragte sie.
Tony schaute ein wenig ungewiß und erwähnte Pauls Vorschlag, Geflügelzucht zu erlernen. Vielleicht konnte sie aber auch Hunde züchten. Claudia war entsetzt, und ich konnte ihr deswegen nicht böse sein. Spitz bemerkte sie: »Keine dieser beiden Beschäftigungen würde ich als Lebensaufgabe bezeichnen.« Tony murmelte unwillig, sie sei schließlich nicht an einer Lebensaufgabe interessiert. Jedenfalls noch nicht. Aber Paul ergriff die Partei seiner Schwester, und Claudias letzte Worte waren die: »Also, Antonia, ich darf erwarten, bald zu hören, daß du einer sinnvollen Beschäftigung nachgehst. Dein Vater sagte, Geld spiele keine Rolle. Es gibt also keine Entschuldigung für einen weiteren Aufschub.«
Und mit dieser Forderung erklärte Paul sich dann später absolut einverstanden.
Nachdem Paul zu Bett gegangen war, meinte Tony ein bißchen falsch: »Ich glaube, ich fange mit einem Fernkursus für Stenotypistinnen an.« Das war am Abend der Abreise ihrer Mutter. »Oder soll ich Säuglingsschwester werden? Aber dann müßte ich euch auf der Stelle verlassen.«
»Das wird in jedem Falle unumgänglich sein. Aber du brauchst dich ja nicht sofort in irgendeine Sache hineinzustürzen. Vielleicht liegt dir auch eine karitative Arbeit. Aber wir haben Zeit genug, das noch eingehend zu überlegen.«
Sowie Claudia in sicherer Entfernung war, erzählte ich Larry die ganze Geschichte:
»Larry, Tony ist ein kleines Problem. Ich meine, sie sollte sich mit irgend etwas beschäftigen, sich eine interessante Tätigkeit aussuchen. Wenn nicht, dann wird sie sich bestimmt wieder unglücklich verlieben oder den falschen Mann heiraten!«
Larry sagte: »Warum sollte sie sich denn nicht verlieben? Und ich habe eine tolle Idee. Ich kenne genau den richtigen Mann. Ein neuer Arzt kommt nach Tiri.«
»Ich weiß. Hast du ihn schon gesehen? Wäre er der Richtige?«
»Sie wird ihn anbeten. Er kränkelt, und man sagt, er habe ein schweres Schicksal gehabt - seine Frau verunglückte tödlich, und er hat Bronchitis oder so etwas. Er ist eher häßlich, wenig anziehend und scheu, ein Stotterer. Aber ganz gleich, er scheint der richtige Mann zu sein, und über eine geeignete Tätigkeit für Tony würde ich mir an deiner Stelle den Kopf nicht zerbrechen.«
17
Larry war überzeugt davon, irgend jemand würde auf der Bildfläche auftauchen, auch wenn der anfällige, melancholische und wenig anziehende Arzt nicht die richtige Lösung war. Wir versicherten uns gegenseitig: »Wenn der Winter erst einmal vorbei ist«, und verkrochen uns gemütlich an den offenen Kaminfeuern vor den Stürmen, der Kälte und dem Schlamm. Eines Tages meinte Larry gedankenvoll: »Na ja, eine aufregende Zeit war das schon. So viele Veränderungen. Neue Menschen, neue Autos, Cecily verheiratet und Tony ein ständiges Mitglied unserer Familie. Claudia ist aus dem Spiel, und Patty und der Kapitän werden glücklich zusammen leben - wie wir hoffen dürfen und ich bin sicher, der gute Julian wird seine Verlobung mit Alison bald auch perfekt machen.«
»Die warten nur, bis die Mutter ihnen nicht mehr im Wege steht. Wie die sich in letzter Zeit verändert hat, was, Larry?«
»Die Wirkung des starken Mannes. Kannst du dir den Kapitän vorstellen, wie er um die zarte Blume herumtanzt? Nein, nein, Patty hat eine Menge Verstand. Sie weiß, daß diese Zeiten endgültig vorbei sind. Jetzt ist sie eine Seemannsbraut und kann sich an all den Dingen erfreuen, auf die sie während ihrer langen Ehe verzichtete. Sie kann endlich angeln und Bootsausflüge machen.«
»Richtig erbärmlich, wie rücksichtsvoll er mit ihr umging.«
»Ja, aber vergessen wir nicht das eigentliche Ziel. Wichtig allein ist, daß Julian und Alison freie Bahn haben. Wirklich, Susan, wir sind eine Menge Sorgen los, vor allem weil es Tony schon wieder besser geht. Sie sieht heute wieder so aus wie früher. Ich habe das Gefühl, sie ist schon bald reif für das nächste Abenteuer. Ganz gleich, wie dieses Abenteuer aussehen wird. Im Augenblick haben wir nur eine Sorge - den Supermarkt! Wir haben zwar hier und da unsere Geschütze
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