und das Haus in den Huegeln
und sie zitterte
vor Übernächtigung.
Eines muß man den Sendboten lassen, dachte sie grimmig. Ihr Haus halten sie in Schuß, wenn sie auch ihrer
Körperreinigung und Ernährung wenig Beachtung schenken.
Jasmin die im Nebenschlafraum
wohnte, reichte Sandra eine karierte Baumwollbluse mit langen Ärmeln.
„Vielen Dank“, sagte Sandra.
„Ich ziehe sie an, wenn ich mich gewaschen habe.“
In ihrem eigenen Schlafsaal
waren Mädchen mit Bettenmachen und Fußbodenaufwischen beschäftigt. Sie
beobachteten Sandra verwundert, als diese ihren Schrank aufschloß. Anscheinend
war es nicht üblich oder sogar verboten, außer den festgesetzten Zeiten die
Schlafräume aufzusuchen.
Gefion, die mit einem leeren
Putzeimer aus dem Waschraum kam, fragte argwöhnisch: „Was machst du hier oben?“
„Ich habe mir eine Bluse
ausgeliehen. Muß mich später umziehen. Aber es lohnt jetzt noch nicht. Ich muß
noch in den Jungenschlafräumen helfen“, erklärte Sandra. Sie schlug die
Schranktür zu und verließ das Zimmer.
Die Jungen waren in drei
kleinen Mansardenräumen mit schrägen Wänden untergebracht. Die Einrichtung
bestand aus je drei Eisenbetten und dazugehörigen Schränken. Die Dachfenster
hatten weder Gardinen noch Vorhänge; nackte Glühbirnen an der Decke
verbreiteten ein trübes Licht. Nur der Hausvater und Rocho bewohnten
Einzelzimmer. Sandra hatte ihre Namensschildchen an zwei Türen im ersten Stock
gesehen.
Jutta-Judith schrubbte kniend
mit einer Bürste den Fußboden im ersten Zimmer neben der Treppe.
„Das ist aber eine
Sklavenarbeit für Sonntag, den Tag des Herrn! Am siebten Tag sollst du ruhen,
befiehlt der Herr“, sagte Sandra ironisch.
„Halleluja!“ erwiderte
Jutta-Judith. Sie richtete sich auf und schob mit dem Arm ihre Haare aus der
Stirn. „Notwendige häusliche Verrichtungen sind auch am Sonntag gestattet“,
sagte sie todernst.
„Und das macht dir nichts aus?
Zu Hause hattest du es besser.“
„Es ist ein Teil unserer Übung
in Demut und Gehorsam“, belehrte sie Jutta-Judith.
„Ach, komm! Wir sind allein.
Ruh dich ein bißchen aus. Ich muß mit dir reden“, sagte Sandra. Sie trat ins
Zimmer und ließ sich auf das Bett neben der Tür fallen.
Jutta-Judith warf einen
besorgten Blick zur Tür. „Steh sofort auf! Es ist verboten, daß wir uns während
der Arbeit miteinander unterhalten. Warum bist du überhaupt hier?“ fragte sie
ängstlich.
„In der Küche wurde auch
geredet — und sogar gesungen!“ hielt ihr Sandra entgegen.
„Singen ist erlaubt. Gesprochen
darf nur werden, wenn es zur Arbeitsverständigung notwendig ist. Bitte, Sandra,
geh!“
„Warum? Es wurde mir befohlen,
mich hier nützlich zu machen.“
„Dann tu das!“
„Schön! Und was, bitte, soll
ich tun?“ fragte Sandra seufzend.
„Hilf im Waschraum.“
„Die angenehmste Arbeit, die
ihr zu vergeben habt, wie?“ sagte Sandra aufsässig und ging hinaus.
Kurz vor sechs Uhr riefen dumpf
dröhnende Gongschläge die Sendboten zur Meditation in den
Versammlungsraum.
Das Haus roch inzwischen von
den vielen verbrauchten Scheuermitteln wie eine Desinfektionsanstalt.
Sandra war es beim Putzen warm
geworden. Ihre Wangen glühten. Dennoch fröstelte sie. Seit der kargen Mahlzeit
am vergangenen Abend hatte sie nichts mehr gegessen. Und nun war sie nach einem
kurzen Schlaf seit vier Uhr auf den Beinen, hatte Feuer angemacht und
Wandplatten und Fliesen gescheuert. Und das alles, ohne etwas zu essen oder
etwas Warmes zu trinken.
Ihr Kopf kam ihr wie mit Watte
gefüllt vor. Und ihre Glieder waren schwer wie Blei.
Jutta-Judith kam zu ihr in den
Waschraum, um sie zur Meditationsstunde abzuholen.
„Ich muß mir etwas anderes
anziehen“, sagte Sandra müde zu ihr.
„Tu das später. Wir müssen
hinunter in den Gebetssaal“, mahnte Jutta-Judith.
„Ich ziehe mich jetzt um! Ich
sehe ja aus wie ein Schwein!“ fuhr Sandra sie an. „Habt ihr eigentlich kein
Bad?“
„Im Frühjahr sollen Bäder
installiert werden. Die Familie hat das Haus erst vor kurzem gekauft. Wir
müssen das Geld für die Renovierung erst zusammenbringen“, erzählte ihr
Jutta-Judith, während sie Sandra die Treppe hinunterfolgte.
Von überallher strömten die Sendboten
Gottes zum Versammlungsraum. „Halleluja! — Halleluja!“ begrüßten sie
einander.
„Kannst schon vorgehen. Ich
komme sofort nach. Jasmin hat mir eine Bluse ausgeliehen. Die ziehe ich rasch
an“, sagte Sandra zu Jutta-Judith.
Jutta-Judith zögerte.
„Stell dich nicht
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