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Und das Leben geht doch weiter

Und das Leben geht doch weiter

Titel: Und das Leben geht doch weiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie auf ihren Brettern bergwärts entschwunden war. Es sei ein wunderschönes Bild gewesen: die einsame, bunte Schifahrerin, langsam kleiner werdend in der weiten weißen Pracht.
    Echte Zweifel daran, daß es sich um Carola Burghardt gehandelt hatte, waren nicht mehr erlaubt.
    »Besteht denn Lawinengefahr?« fragte Jens Kosten den Hoteldirektor.
    »Das kommt ganz darauf an, wohin die junge Dame sich gewandt hat.«
    »Läßt sich eine solche Gefahr rechtzeitig erkennen?«
    Senden entschloß sich, sein stereotypes ›die junge Dame‹ unter den Tisch fallen zu lassen und sich mit Verkürzungen wie ›die‹ oder ›sie‹ zu begnügen.
    »Die«, sagte er, »kann das wohl nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Weil sie keinerlei Erfahrung auf diesem Gebiet hat.«
    »Aber man darf sie doch nicht ihrem Schicksal überlassen!«
    »Die Hauptgefahr droht ihr nicht von den Lawinen, Herr Kosten. Der wahnsinnige Schneefall ganz allgemein ist das schlimme. Wenn da jemand hinein gerät, sieht er kaum mehr die Hand vor den Augen und verirrt sich unweigerlich.«
    »Großer Gott!« stieß Jens hervor.
    Über eine kleine Beruhigungspille verfügte Senden immerhin noch.
    »Sie kann eine Schutzhütte gefunden haben, Herr Kosten.«
    Im Grunde jedoch scheute sich der Direktor seit einem Jahr nicht mehr, in solchen Fällen das zu tun, was man ›reinen Wein einschenken‹ nennt. Im vergangenen Winter war nämlich ebenfalls eine Frau im Schnee umgekommen, die Gattin eines Besitzers großer Schafherden in der Lüneburger Heide. Zu lange hatte ihm Senden die Lage als nicht so gefährlich dargestellt, um ihn zu beruhigen. Mit welchem Resultat? Mit einem unangenehmen. Der Mann hatte gegen das Hotel einen Prozeß angestrengt. Man habe ihm, so seine Klage, etwas vorgegaukelt zu einem Zeitpunkt, als vielleicht noch etwas zur Rettung der Frau hätte unternommen werden können – und wenn er selbst aufgebrochen wäre, um sie im Schnee zu suchen. Daran sei er durch das ständige Einlullen des Direktors gehindert worden.
    Was den Fall brisant machte, war die Tatsache, daß man die Tote keine dreihundert Meter vom Hotel entfernt unterm Schnee fand. Zwar erreichte die Direktion vor Gericht mit Mühe und Not einen Freispruch, aber es mußte erst Berufung eingelegt werden. In erster Instanz war der schwer getroffene Witwer mit seiner Anklage durchgedrungen. Seitdem empfand sich Direktor Senden, wie gesagt, als gebranntes Kind und bemäntelte nicht mehr den Ernst der Lage, der man ins Auge sehen mußte.
    »Und wenn sie keine Schutzhütte gefunden hat, was dann?«
    »Dann kann man nur hoffen und beten, daß sie sich nicht verirrt hat und zum Hotel zurückfindet.«
    »Sie sagten aber vorhin, daß man sich unweigerlich verirrt?«
    Senden schwieg.
    »Hat es denn schon einmal einen ähnlichen Fall gegeben«, fragte ihn daraufhin Jens, »in dem sich unter vergleichbaren Umständen jemand nicht verirrt hat?«
    »Nein.«
    »Carola«, sagte Detlev Padenberg, »wissen Sie, was jetzt das beste wäre?«
    »Was?«
    »Wenn Sie versuchen würden, ein bißchen zu schlafen.«
    »Schlafen?« Das Wort hatte ihr einen Schreck eingejagt.
    »Ja.«
    »Ich?«
    »Ja.«
    »Und Sie?«
    »Ich?« antwortete er ruhig. »Ich bleibe wach und beobachte das Wetter. Sollte es sich nämlich noch vor Einbruch der Dunkelheit bessern – womit freilich nicht zu rechnen ist –, könnten wir hier, wie es so schön heißt, unsere Zelte abbrechen. Ich brächte Sie dann runter zu Ihrem Hotel.«
    »Das würden Sie tun?«
    »Muß ich doch«, meinte er grinsend. »Hat sich denn nicht gerade gezeigt, wohin es führt, wenn man Sie allein herumkurven läßt?«
    »Wo wohnen Sie denn?«
    »Bei einem Bergbauern, ziemlich abgelegen. Das gefällt mir besser. Wissen Sie«, erklärte er lachend, »da muß ich mich nicht zu jedem Essen umziehen.«
    Sie saßen nun beide am Tisch. Die Petroleumlampe stieß schwarze Rauchwölkchen aus und stank furchtbar. Trotzdem empfand Carola plötzlich den Wunsch, das Ganze hier möge noch eine Weile so weitergehen. Wenn jetzt die Tür aufginge, dachte sie, und jemand käme herein und sagte: Kommen Sie, wir sind mit dem Hubschrauber da – ich glaube, ich wäre gar nicht erfreut darüber. Und er? Wie würde er reagieren?
    Dieser Frage wollte sie nachgehen. Junge Mädchen sind von Natur aus neugierig.
    »Was würden Sie sagen«, begann sie also, »wenn plötzlich die Tür aufginge und …«
    »Die geht nicht auf«, fiel er ihr ins Wort.
    »… und unser Retter erschiene, ein

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