Und dennoch ist es Liebe
Metallinstrument an. Und einfach so beginnt es wieder zu schlagen. Dann hört es wieder auf, und Nicholas verlangt nach einem Defibridingsda. Den setzt er dann ans Herz an und zwingt es so wieder zum Schlagen. Der zweite Arzt entfernt die Schläuche vom Herz, und durch die Maschine fließt kein Blut mehr. Stattdessen tut das noch immer offen liegende Herz wieder das, was es auch schon zuvor getan hat: In gleichmäßigem Rhythmus dehnt es sich aus und zieht sich wieder zusammen.
Von da an überlässt Nicholas die meiste Arbeit dem anderen Chirurgen: das Zusammenfügen der Knochen und das Nähen der orangefarbenen Haut. All das erinnert mich irgendwie an Frankensteins Monster. Ich drücke die Hände an die schräge Glaswand der Galerie. Mein Gesicht ist dem Glas so nahe, dass es von meinem Atem beschlägt. Nicholas schaut hoch und sieht mich. Ich lächele zögernd und staune über die Macht, die er empfinden muss, weil er jeden Morgen Leben spendet.
K APITEL 39
N ICHOLAS
Nicholas erinnert sich daran, einmal gehört zu haben, dass derjenige, der eine Beziehung begonnen hat, es als leichter empfindet, sie auch wieder zu beenden. Offensichtlich, denkt er, hat derjenige, der das gesagt hat, Paige nicht gekannt.
Er wird sie einfach nicht los. Eines muss er ihr jedoch lassen: Er hat nie gedacht, dass sie so weit gehen würde. Aber es lenkt ihn ab. Wo auch immer er hingeht, sie ist schon da. Sie arrangiert Blumen für die Patienten, fährt sie auf die Intensivstation, isst ihm gegenüber in der Cafeteria zu Mittag. Inzwischen vermisst er sie schon, wenn sie einmal nicht da ist.
Das mit den Zeichnungen ist außer Kontrolle geraten. Zuerst hat Nicholas die Bilder einfach ignoriert, die an seine Tür geklebt waren wie Kindergartenbilder an einen Kühlschrank. Aber als die Leute Paiges Talent bemerkten, konnte er nicht anders, als sie sich auch anzusehen. Die von seinen Patienten bringt er in deren Krankenzimmer, da sie das ein wenig aufzuheitern scheint. Einige von seinen Patienten haben sogar schon von den Bildern gehört, wenn sie ins Krankenhaus kommen, und sie fragen während der Voruntersuchung danach. Nicholas tut so, als würde er die Bilder von sich wegwerfen, doch in Wahrheit sammelt er sie in der untersten, abgeschlossenen Schublade seines Schreibtischs. Wenn er eine freie Minute hat, holt er sie zum Vorschein und schaut sie sich an. Weil er Paige kennt, weiß er, wonach er suchen muss. Und tatsächlich ist da in jedem einzelnen Bild von ihm noch etwas anderes – selbst in diesem lächerlichen, auf dem er in einem Bowling-Shirt singt. Oder genauer gesagt ist da noch jemand . Im Hintergrund jedes einzelnen Bilds verbirgt sich ein kaum sichtbares Porträt von Paige selbst. Nicholas findet ihr Gesicht immer wieder, und jedes Mal weint sie.
Und inzwischen hängen die Bilder überall in der Eingangshalle des Mass General. Der gesamte Stab behandelt Paige wie eine Art Picasso. Fans strömen zu Nicholas’ Bürotür, um die neuesten Werke zu bestaunen, und er muss sich tatsächlich einen Weg zwischen ihnen hindurchbahnen, wenn er in sein eigenes Büro will. Sogar der Verwaltungschef – der gottverdammte Verwaltungschef! – ist im Flur mit Nicholas zusammengestoßen und hat ihm zu Paiges Talent gratuliert.
Nicholas weiß nicht, wie es ihr gelungen ist, in nur wenigen Tagen so viele Menschen auf ihre Seite zu ziehen. In jedem Fall ist das Paiges wahres Talent: Diplomatie. Wo auch immer er hingeht, erwähnt jemand ihren Namen, oder schlimmer noch, sie ist selber da. Das erinnert ihn an die sogenannte ›Blockstrategie‹ von Werbeagenturen, die einen Spot auf mehreren Kanälen zugleich schalten, sodass man ihrem Produkt noch nicht einmal durch Umschalten entkommen kann. Er bekommt Paige einfach nicht aus dem Kopf.
Nicholas schaut sich die Porträts in seiner Schublade gerne an, kurz bevor er in den Operationssaal geht – was, Gott sei Dank, der einzige Ort ist, an den Paige nicht darf. Dank der Bilder bekommt er einen klaren Kopf, und diese Art von Konzentration unmittelbar vor einer Operation ist gut. Er holt die neueste Zeichnung heraus. Darauf hat er die Hände halb gehoben, als würde er einen Zauber wirken. Jeder einzelne Strich ist tief ins Papier gedrückt, und seine Fingernägel sind stumpf und größer als im Leben. Diesmal verbirgt sich Paiges Gesicht im Schatten seines Daumens. Das Bild erinnert ihn an das Foto, das seine Mutter vor so vielen Jahren entwickelt hat, um ihre Ehe zu retten, das Foto, auf dem
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