und der magische Stein
Warnungen
Flame Cantrip schauderte. Es war ein eisiges Schaudern, das an ihrem rechten Ohr begann und sich von dort auf ihrem ganzen Körper ausbreitete. Es kam so plötzlich und unerwartet, dass sie auf der Stelle stehen blieb und nach Luft schnappte.
Sie fröstelte, obwohl die warme Junisonne von einem wolkenlosen Himmel auf sie herabschien. Das ist eine Warnung, dachte sie. Sie hatte gerade den Schulhof auf dem Weg zur morgendlichen Versammlung überquert. Nun stand sie da wie festgefroren und war nicht in der Lage, sich zu rühren.
Eine zweite eisige Welle erfasste sie und ließ sie aufs Neue am ganzen Körper zittern.
Was ist bloß los, wunderte sie sich und starrte einen Moment auf den geteerten Weg vor sich.
Dann hob sie ihren Blick und atmete geräuschvoll ein. Keine zehn Meter von ihr entfernt rollte ein großer silberner Wagen langsam vom Schulgelände. Seine Fahrerin, eine elegante Frau, die ihr aschblondes Haar im Nacken zu einem Dutt geschlungen trug, starrte sie unverhohlen an.
Es war Glenda Glass, die erbitterte Feindin der Cantrip-Schwestern. Glenda, die während des Schulkonzerts vor neun Tagen versucht hatte, ihnen wehzutun und beinahe damit durchgekommen wäre.
Obwohl sie am ganzen Körper zitterte, hielt Flame dem Blick der Frau entschlossen stand. Sie presste die Lippen aufeinander, als sie Glendas kaltes, einschüchterndes Lächeln sah.
Glenda versucht, mir Angst einzujagen, dachte Flame. Obwohl ihre Magie sich das letzte Mal, als sie uns angegriffen hat, gegen sie selbst gerichtet hat, wird sie nicht aufgeben. Das spüre ich.
Flame hielt den Kopf hoch erhoben, drückte den Rücken durch und machte sich so groß sie konnte.
Du wirst uns nicht noch einmal wehtun, dachte sie, während sie beobachtete, wie der Wagen davonfuhr. Es wird dir nicht gelingen, uns unsere Magie zu nehmen. Versuch es ruhig, du wirst diesen Kampf nicht gewinnen …
Als sie sich umdrehte, sah sie Verena Glass.
Sie zitterte ein drittes Mal am ganzen Körper, während sie dem großen blonden Mädchen nachblickte.
Es ist eine Warnung, dachte Flame, und sie hat irgendwie mit
ihr
zu tun. Wir müssen uns vor Verena ebenso in Acht nehmen wie vor Glenda. Wir sollten besser sehr, sehr vorsichtig sein …
Ein spielerischer Knuff gegen die Schulter riss sie aus ihren Gedanken.
»Komm schon, Flame!«, sagte Marina auffordernd. »Wir müssen zur Versammlung. Heute werden wir endlich erfahren, wer den Musikwettbewerb gewonnen hat! Hast du das etwa vergessen?«
Dann bemerkte Marina plötzlich, wie blass ihre Schwester war und fragte besorgt: »Alles o.k. mit dir?«
»Klar«, sagte Flame mit einem kleinen Lächeln. »Los geht’s.«
Ich will nicht, dass meine Schwestern sich unnötig Sorgen machen, dachte sie bei sich. Ich warte ab, bis ich herausgefunden habe, was es mit dieser Warnung auf sich hat. Erst dann erzähle ich den anderen davon.
Zwanzig Minuten später saßen die Schüler und Lehrer der Drysdale-Schule in der großen Aula mit der hohen Decke und den dunklen, holzvertäfelten Wänden. Alle waren aufgestanden, um die Schulhymne zu singen. Dann hatten sie der Ansprache des Kaplans gelauscht. Jetzt rutschten sie aufgeregt auf ihren Stühlen hin und her und warteten auf das Ergebnis des Landesweiten Musikwettbewerbs der Schulen.
Neun Tage zuvor waren die Cantrip-Schwestern und etliche ihrer Mitschüler bei der Regionalmeisterschaft angetreten. Falls die Drysdale es tatsächlich geschafft haben sollte, Regionalmeister zu werden, würden sie alle zum Finale nach London fahren und in der berühmten Royal Albert Hall gegen zwei weitere Schulen um die Landesmeisterschaft musizieren.
Jeder Einzelne im Saal beugte sich gespannt auf seinem Stuhl nach vorn, als Brian Blenkinsop, der Direktor der Drysdale, mit langen, raumgreifenden Schritten auf das Mikrophon zuging.
Flame, Marina, Flora und Sky hielten den Atem an. Hatte ihre Schule gewonnen?
»Und nun«, verkündete Mr Blenkinsop, »das Ergebnis des Landesweiten Musikwettbewerbs der Schulen …«
Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so still war es im Saal. Alle warteten mit klopfenden Herzen. Brian Blenkinsop hustete.
»Mach endlich!«, flüsterten die Schüler.
»Wir alle sind sehr gespannt zu erfahren, wer …«, sagte Mr Blenkinsop und räusperte sich nervös.
Dröhnende Stille. Mr Blenkinsop räusperte sich erneut. Einige Schüler stöhnten ungeduldig auf.
Der Direktor sah seine Schüler und Lehrer an. Dann grinste er plötzlich breit
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