Und Jimmy ging zum Regenbogen
werde auch tatsächlich ab und zu einen Beamten für Sie absetzen«, sagte Groll. »Das nehme ich auf meine Kappe! Heute nacht ist es besonders wichtig. Sie machen das schon, Schäfer.«
»Natürlich, Herr Hofrat.«
»Dann nehmen Sie sich ein Taxi, kommen hierher zurück und fahren mit Ihrem VW heim. Das war wirklich eines langen Tages Reise in die Nacht. Ich bin zu Hause, falls noch etwas los ist. Aber auf Sie kann ich mich ja verlassen, Schäfer.«
»Gewiß, Herr Hofrat, das können Sie.«
4
Ulrich Schäfer hatte ein ›bißchen Theater‹ gemacht, wie von Groll verlangt. Er war vor dem Portal des ›Ritz‹ noch neben Manuel stehengeblieben, hatte den Ring hinauf und hinunter geblickt und dabei tatsächlich mehrere Wagen entdeckt, die ihnen gefolgt waren und nun in den Seitenbahnen der Ringstraße, hinter Bäumen, parkten. Nichts regte sich. Manuel und Schäfer standen im grellen Licht des Hoteleingangs. Sie schüttelten einander die Hände. Manuel ging in das ›Ritz‹ hinein. Schäfer schlug den Mantelkragen hoch, wobei er eine Portion Schnee in den Nacken bekam – es schneite heftig –, und eilte zu einem entfernten Taxistand. Ein einsamer Wagen wartete dort. Ehe er ihn erreichte, rollte ein anderes Taxi auf der Seitenfahrbahn an ihm vorbei. Schäfer pfiff. Er wollte aus der Kälte und dem Schneetreiben. Wozu sollte er noch bis zu dem Droschkenstand laufen?
Das Taxi, das ihn überholt hatte, hielt. Der Fahrer, ein Mann mit Schiebermütze, breit und massig, neigte sich nach hinten und öffnete den rechten Schlag. Schäfer stieg ein.
»Berggasse. Sicherheitsbüro«, sagte er.
Der Chauffeur manövrierte seinen Wagen bei der nächsten Querstraße auf den Ring hinaus und fuhr diesen entlang, in Richtung Rathaus und Burgtheater. Das Schneetreiben war so heftig, daß er sehr langsam, mit Abblendlicht, fahren mußte. Man sah kaum zehn Schritte weit.
Der Chauffeur drückte auf einen Knopf des Armaturenbretts.
Schäfer zuckte zusammen, als gleich darauf im Fond aus einem kleinen Lautsprecher an der Seitenwand eine französisch akzentuierte Stimme ertönte: »Guten Tag, Herr Inspektor Schäfer. Sie haben unseren Rat befolgt und im ›Kurier‹ ein Inserat aufgegeben, das wir Ihnen vorschrieben …«
»Was ist das?« rief Schäfer.
Der Chauffeur reagierte überhaupt nicht. Er schien taub zu sein. Konzentriert beobachtete er die Fahrbahn und antwortete nicht.
Aus dem Lautsprecher erklangen diese Worte: »Es tut uns sehr leid, daß Ihre Frau so krank ist. Sie braucht die Pflege im Sanatorium. Das wissen Sie.« Schäfer schluckte. Das Taxi kroch durch das wüste Schneetreiben an der Kreuzung Mariahilferstraße vorüber. Der Chauffeur tat, als höre er kein Wort. »Wir bieten Ihnen zweihunderttausend Schilling für eine kleine Gefälligkeit. Am Abend des sechzehnten Januar haben Sie eine Reihe von Dokumenten aus dem Hotel ›Ritz‹ zu einem Anwalt gebracht.« Schäfer ballte die Fäuste. »Das wissen wir. Wir wissen nicht, welcher Anwalt das war. Sie werden uns seine genaue Adresse mitteilen. Schreiben Sie die auf ein Stück Papier. Mit der Hand. Darunter schreiben Sie: Hunderttausend Schilling erhalten. Datum und Ihre Unterschrift. Wir beobachten Sie ständig. Bei der ersten Gelegenheit wird ein Mann Ihnen hunderttausend Schilling überreichen – keine Angst, niemand wird es sehen. Sie können das Geld nachzählen, bevor Sie dem Mann Ihre Information geben. Sobald wir uns davon überzeugt haben, daß Sie den richtigen Namen und die richtige Adresse aufgeschrieben haben, erhalten Sie die restlichen hunderttausend Schilling auf die gleiche Weise innerhalb von höchstens zehn Tagen. Sie werden auch diesen Betrag quittieren. Wir warnen Sie, uns falsche Informationen zu geben – wir haben das Papier mit Ihrer Handschrift. Es ginge dann sofort an Ihren Vorgesetzten. Das ist alles.«
Die Stimme verstummte. Der Chauffeur schaltete das Tonband ab. Er fuhr jetzt am Parlament vorüber. Ein Räumwagen ratterte heran und den Ring hinab. Inspektor Schäfer saß reglos im Fond. Sein Gesicht war völlig ausdruckslos. Sie erreichten das Burgtheater. Der Chauffeur fuhr noch langsamer. Er fragte, ohne sich umzudrehen, mit erkälteter Stimme: »Also was ist?«
Starr in die weißen Wirbel blickend, die auf die Windschutzscheibe zuflogen, fragte Schäfer: »Haben Sie die erste Rate bei sich?«
Der Chauffeur schaltete den rechten Winker ein, fuhr beim Café Landtmann wieder in die rechte Seitenbahn der Ringstraße und
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