Und Jimmy ging zum Regenbogen
Mann hat Sie dem Herrn Wawra ganz genau beschrieben, gnädiges Fräulein. Er muß Sie kennen!«
»Ja, er kennt uns«, sagte Manuel.
Charlie verbeugte sich und ging an die Theke zurück.
Der Pianist begann das Lied noch einmal.
Manuel legte eine Hand auf eine Hand Irenes.
Sie legte ihre zweite Hand auf seine.
Der alte Mann draußen am Flügel spielte langsam und auf ein Notenblatt blickend die Melodie weiter, und Manuel wünschte, daß sie nie zu Ende gehen möge, und Irene wünschte das gleiche, und beide wußten, was der andere dachte, aber sie sprachen nun nicht mehr, kein Wort, lange Zeit.
3
»Valerie Steinfeld … eine außergewöhnliche Frau auf jeden Fall«, sagte der Hofrat Groll. Er ging in seinem Büro auf und ab, denn er hatte, mit seiner halben Lunge, leichte Atembeschwerden, besonders beim Sitzen. Die starke Schreibtischlampe brannte, ein Fenster stand halb offen, die Zentralheizungskörper glühten. Es war alles wie immer. Auf Wien fielen seit einer Stunde wieder Unmengen von Schnee. Es war fast zwei Uhr früh. Manuel hatte Irene heimgebracht und danach das Sicherheitsbüro aufgesucht. Er wollte wissen, wie das Verhör der drei Männer verlaufen war.
»Erzähle ich Ihnen gleich«, hatte Groll gesagt. »Schäfer nimmt noch das Protokoll auf. Erzählen Sie mir inzwischen, was Sie in Villach erfahren haben.«
Also hatte Manuel von seinem Gespräch mit Martha Waldegg berichtet, während Groll in dem großen Büro auf und ab schritt. Als Manuel endlich schwieg, war der Hofrat beim Fenster stehengeblieben, um in das Schneetreiben hinauszusehen. Dann hatte er seine Wanderung wieder aufgenommen und von Valerie Steinfeld zu sprechen begonnen.
»… je mehr ich von ihr erfahre, um so mehr bewundere ich die Person.« Groll blieb stehen und schluckte Pillen. »Ihnen geht es auch so, trotz allem, wie?«
»Ja«, sagte Manuel. »Mir geht es auch so.« Er sah, daß Groll seine Krawatte herabzog und den Hemdkragen öffnete.
»Ist Ihnen sehr schlecht?«
»Na, wohl fühle ich mich gerade nicht. Keine Angst. Habe ich häufig bei solchem Wetter. Da drückt das Zwerchfell gegen das Herz. Und davon bekommt man peinliche Gefühle.« Groll griff in die Tasche, holte ein Fläschchen Underberg hervor, schraubte es auf und trank. »Trage ich immer bei mir!« Er rülpste kräftig. »Verzeihung, aber das muß sein. Jetzt wird mir gleich wohler werden. Noch einmal! Tut mir leid. Ah!« Er ließ sich in seinen Schreibtischsessel fallen und atmete tief. »Schon leichter. Wenn Ihnen hier mal flau wird – gleich sagen. Ich habe immer auch ein Fläschchen für Sie!«
»Hören Sie, Herr Hofrat, sollten Sie nicht ausspannen … sich krank schreiben lassen?«
»Und wer macht den Kram hier? Kommt gar nicht in Frage«, sagte Groll. »Außerdem: krank schreiben lassen, ins Bett legen – also das ist das letzte! Da
wird
man ja erst richtig krank! Nein, nein, jetzt geht es mir schon wieder prächtig! Schauen Sie mich nicht so ängstlich an, mein Junge. Sie haben völlig recht: Ihre Irene – Sie erlauben doch, daß ich mich so ausdrücke. Sie werden ja schon rot, wenn Sie nur von ihr sprechen –, Ihre Irene soll davon nichts erfahren.«
Es klopfte, und Inspektor Schäfer trat ein.
»Verzeihung, ich wußte nicht …«
»Wir haben auf Sie gewartet! Sie kennen sich ja.« Groll winkte den jungen Mann mit der Hornbrille näher. »Zeigen Sie einmal her …« Er nahm Schäfer einige Blätter ab und überflog den Schreibmaschinentext. »Na also«, sagte er dann zufrieden. »Schön haben sie geschrieben, alle drei. Ab in die Rossauer Kaserne. Ich habe mit Hanseder telefoniert. Die Staatspolizei kümmert sich um die Brüder. Bei uns bleibt alles still. Keine Aussendung an die Presse, keine Fragen beantworten, die Staatspolizei will das nicht.«
»Wie immer«, sagte Schäfer.
»Wie immer, ja. Was sollen wir machen?«
»Nichts«, sagte Schäfer. »Wie immer.«
»Wir werden uns mit den Chinesen anlegen. So schauen wir aus«, sagte Groll.
»Mit den Chinesen?« Manuel stand auf. »Was haben Chinesen in der Geschichte zu tun?«
»Sie waren die Auftraggeber«, sagte der Hofrat. »Es gibt eine rotchinesische Handelsmission in Wien. Die Kerle, die Sie im Zug betäubten, heißen natürlich nicht Frohnef und Gamitz. Für Sie uninteressant, wie sie wirklich heißen. Die beiden und der Chauffeur, der vor dem Bahnhof in Klagenfurt wartete, sind alte Bekannte von uns. Gehören zu einer Bande, die sich auf so etwas spezialisiert
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