Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition)
in der Hand, obwohl er ihn nicht einmal besonders mochte. Er ging zu seinem Klassenraum und sagte dem Lehrer, dass er nach Hause ginge. Was okay war, wenn man, wie er, eine Bestätigung von seinen Eltern hatte, dass man allein nach Hause gehen durfte. Shit.
Als sie nach draußen kamen, war es dunkel und es hatte angefangen zu schneien. Vielleicht hätte er ein besseres Gefühl gehabt, wenn es sich um einen sonnigen Frühlingstag gehandelt hätte. Johan hatte böse Vorahnungen, wagte aber nicht den Absprung, wollte vor Ivan nicht als Feigling dastehen. Der marschierte trotz des eingewickelten Bolzenschneiders unter der Jacke mit leichten, selbstsicheren Schritten voran und fühlte sich vermutlich wie ein Bankräuber oder etwas Ähnliches. Cool.
»Und was machen wir dann mit dem Schwein?«, fragte Johan. »Wir können es doch nicht einfach laufen lassen und dann erfriert es oder es wird überfahren?«
Ivan hatte sich schon Gedanken darüber gemacht und antwortete, dass sie die Polizei anrufen und einen anonymen Hinweis hinterlassen könnten, dass ein wild gewordenes Schwein herumlaufe und dass es lebensgefährlich auf den Straßen wäre.
»Und der Typ? Wenn er uns umbringt?«
Ivan antwortete mit einem Lächeln, das direkt aus einem amerikanischen Gangsterfilm hätte stammen können, und klopfte sich auf die Jacke.
»Das tut er nicht«, sagte er, wie immer im Brustton der Überzeugung.
So trotteten sie weiter durch den Schneematsch zum Tantolunden. Johan mit wachsender Nervosität und einem mulmigen Gefühl im Bauch. Er fühlte sich wenig dazu aufgelegt, jemandem einen Bolzenschneider über den Kopf zu ziehen, selbst wenn es ein Tierquäler war.
*
Dichter Schneefall sorgte dafür, dass die Rückreise länger dauerte, als er gehofft hatte, doch nach dem Gespräch mit Sandén war Sjöberg bedeutend leichter zumute. Endlich wusste er seine Leute hinter sich, endlich hatten sie alle dasselbe Ziel vor Augen. Außerdem wussten sie jetzt, wer die Morde begangen hatte. Jetzt war es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie den Mörder gefasst hatten. Allerdings machte er sich große Sorgen um Einar. Sie mussten davon ausgehen, dass er immer noch am Leben war, und sie mussten ihn schnell finden. Deshalb empfand er eine gewisse Frustration, als er in einem Stau beim Einkaufszentrum Kungens Kurva stecken blieb. Er war jedoch davon überzeugt, dass Sandéns, Hamads und Westmans Arbeit früher oder später zu einem Ergebnis führen würde, und rief deshalb den Polizeidirektor an, um ihn zu bitten, die nationale Einsatzgruppe in Bereitschaft zu versetzen. Nun galt es nur noch, die Daumen zu halten, dass sie verfügbar war. Er streckte sich in seinem Sitz, sehnte sich danach, das Auto zu verlassen und sich die Verspannungen aus den Gliedern zu schütteln.
Von Einar und den toten Kindern wanderten Sjöbergs Gedanken gegen seinen Willen zu seiner eigenen, unter tragischen Umständen umgekommenen Schwester. Er verspürte ein starkes Bedürfnis, seine Mutter so schnell wie möglich mit seinen neuen Entdeckungen zu konfrontieren. Nein, konfrontieren war der falsche Ausdruck. Er wollte ihr erzählen, dass er die Mutter seines Vaters getroffen hatte, dass er nun die ganze Geschichte kannte und dass er seine Mutter für die Stärke bewunderte, die sie all die Jahre gezeigt hatte. Aber er würde sie auch zwingen, ihm alles von Anfang bis Ende zu erzählen. Ich habe ein Recht auf meine eigene Geschichte, dachte Sjöberg. So wie Ingegärd Rydin es ihrem Sohn zugestanden hatte. Am Ende musste man die Wahrheit über seine Herkunft erfahren, aber seine eigene Reaktion würde anders ausfallen als Mikael Rydins.
Wie würde das Wochenende aussehen? Wenn die Jagd auf Mikael Rydin und die Suche nach Einar in absehbarer Zeit beendet wäre, würde er seine Mutter besuchen. Åsa würde nicht glücklich darüber sein, aber sie würde es verstehen. Sie wäre auch froh, endlich die Wahrheit über die Familie Sjöberg zu erfahren. Er hätte sie anrufen sollen. Wahrscheinlich starb sie gerade vor Neugier, was seinen Besuch bei der Großmutter am Vormittag betraf. Er sollte sie anrufen, aber jetzt war der falsche Augenblick. Am Freitagnachmittag gab sie Unterricht,
und danach musste sie sich beeilen, um die Kinder noch rechtzeitig vom Kindergarten und vom Hort abzuholen.
Er gähnte. Müde wie ein Postpferd, und das nach einer ruhigen Hotelnacht ohne lärmende Kinder, die ihn weckten. Aber wenn es das nicht war, dann war es eben etwas anderes. Nach dem
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