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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wieder halbwegs bewegen konnte; und nahezu eine
Woche , bis sie es ohne Schmerzen konnte. Scheinbar unverletzt
davongekommen zu sein, bedeutete ganz eindeutig nicht, sich nicht den
schlimmsten Muskelkater auf dieser Seite der Erdkugel einhandeln zu können.
    Darüber hinaus war beinahe alles wieder beim Alten … oder war es
gewesen, bis es heute Morgen an ihrer Wohnungstür geklopft und sie diesen
Schlüsselbund gefunden hatte; zusammen mit einem winzigen Zettel, auf dem diese
Adresse vermerkt war. Sie hatte nicht einmal erkannt, dass es sich um Trauschs
Haus handelte, sondern erst begriffen, wohin sie überhaupt fuhren, als das Taxi
in die Straße eingebogen war.
    Etwas knackte, und Conny fuhr aus ihren Gedanken hoch und sah sich
erschrocken um. Ihr Herz klopfte. Jemand war hier. Natürlich … was hatte sie
denn erwartet? Immerhin hatte er sie ja hierher bestellt. Sie hätte sich nur zu
wissen gewünscht, warum.
    Â»Vlad?«
    Nur das gedämpfte Echo ihrer eigenen Stimme antwortete ihr, ein
leises Knacken, fast unmerkliches Knistern und sich Regen, wie man es oft in
alten Häusern hören kann. Sie glaubte etwas wie einen Schatten davonhuschen zu
sehen, war zugleich aber beinahe sicher, dass es nur Einbildung war.
    Â»Vlad?«, rief sie noch einmal. Auch jetzt bekam sie keine Antwort.
Trotzdem spürte sie, dass sie nicht allein war. Er war hier. Er wartete auf
sie. Er würde nicht antworten, nicht jetzt, und Conny war nicht ganz sicher, ob
sie beunruhigt oder verärgert sein sollte. Vlad liebte Spielchen, das hatte sie
wirklich begriffen …
    Sie machte ein paar Schritte in das Halbdunkel hinein, das den Flur
erfüllte und ihn so unheimlich und zugleich zu einem sonderbar verlockenden Ort
machte, bevor sie wieder stehen blieb und zur Treppe sah, die ins Obergeschoss
hinaufführte. Wahrscheinlich würde er dort oben auf sie warten. Doch dort oben
wartete noch mehr auf sie, eine Erinnerung, die zu sehr schmerzte, und eine
Wunde, die noch zu frisch war, als dass sie jetzt schon dort hinaufgehen
konnte.
    Stattdessen setzte sie ihren Weg fort und blieb erst wieder stehen,
als sie die geschlossene Tür zum Kaminzimmer erreichte. Sie war versiegelt.
Conny nahm an, dass ihre Kollegen sämtliche Türen hier im Haus abgeriegelt
hatten, nachdem sie mit ihrer Arbeit fertig gewesen waren. Sie versuchte sich
zu erinnern, ob es auch draußen an der Haustür ein Siegel gegeben hatte, konnte
es aber zu ihrer eigenen Verblüffung nicht.
    Es spielte auch keine Rolle.
    Ohne Skrupel drückte sie die Klinke herunter und erbrach das Siegel.
Anders als die Haustür bewegte sich das riesige Türblatt vollkommen lautlos und
so leicht, als wöge es gar nichts.
    Vor den Fenstern des Kaminzimmers waren die Jalousien
heruntergelassen, sodass nur ein waagerechtes Muster aus haarfeinen, hellen
Linien einen Hauch von Licht spendete; selbst ihren scharfen Augen kaum
ausreichend, um mehr als verschwommene Umrisse und das Tanzen der Staubkörner
zu erkennen, die ihre eigenen Schritte aufwirbelten, als sie eintrat.
    Und die hochgewachsene, schlanke Gestalt, die in der Mitte des
Zimmers stand und ihr entgegensah.
    Â»Du kommst spät«, sagte Vlad.
    Â»Ich war nicht sicher, ob ich überhaupt kommen soll«, antwortete
sie. Warum erschrak sie nicht? Warum verspürte sie keine Angst? Dieser Mann
hatte ihr mehr angetan als je ein anderer Mensch zuvor. Er hatte ihr Leben
zerstört. Er hätte es um ein Haar beendet, und er
trug zumindest indirekt die Schuld daran, dass der einzige Mensch umgekommen
war, der ihr seit vielen Jahren wieder etwas bedeutet hatte.
    Â»Du versuchst immer noch, dich selbst zu belügen«, meinte Vlad
tadelnd. »Du musstest kommen, und das weißt du auch. Warum fürchtest du dich
immer noch vor mir?«
    Â»Tue ich das?« Conny war nur zwei Schritte hinter der Tür stehen
geblieben, und er trat mit dem Rascheln seiner altmodischen Kleidung auf sie
zu. Das Stöckchen mit dem silbernen Drachenkopf begleitete seine Schritte mit
einem klackenden Geräusch.
    Â»Ich habe nicht viel Zeit«, sagte er, nachdem er wieder stehen
geblieben war; ganz gewiss nicht durch Zufall so, dass sie sein Gesicht gerade
noch nicht deutlich erkennen konnte, sondern es ein Schemen blieb, auf dem
keine wirkliche Regung abzulesen war. »Auf jeden Fall nicht genug, um mit dir
zu streiten.«
    Conny lachte leise und bitter und bemühte sich, den

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