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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Spur. Was sie gut verstehen konnte. Die beiden
Kollegen, die Conny schließlich unter Aisler hervorgezogen hatten, nachdem er
sterbend über ihr zusammengebrochen war, hatte fast der Schlag getroffen, als
sie sie sahen. Conny hatte ihre Gedanken nicht lesen müssen, um zu wissen, dass
sie fest davon überzeugt gewesen waren, sie nur noch tot bergen zu können.
Selbst jetzt, wo sie wenigstens den gröbsten Schmutz und das meiste Blut von
ihrer Kleidung und ihre Haut entfernt hatte, sah sie bestenfalls so aus, als
käme sie von den Dreharbeiten zu einen blutigen Zombie-Film zurück, in dem sie
als Statistin mitgewirkt hatte. Ihre Kleider hingen in Fetzen, wortwörtlich,
und es gab kaum einen Zentimeter an ihr, der nicht mit Blut oder anderen, nicht
weniger unangenehmen Flüssigkeiten getränkt war. Und natürlich musste der junge
Notarzt an seinem Verstand oder zumindest seinen Sinnen zweifeln, nachdem er
festgestellt hatte, dass ihr Körper darunter nicht die kleinste Schnittwunde
aufwies.
    Statt ihn also noch weiter zu verunsichern, gab sie sich redliche
Mühe, ihr Lächeln ein wenig herzlicher und zugleich versöhnlich wirken zu
lassen, und fuhr in verändertem Tonfall fort. »Ich hatte verdammtes Glück, das
ist alles. Das Blut stammt von dem Kerl, der über mir zusammengebrochen ist.«
    Der Gesichtsausdruck ihres Gegenübers blieb zweifelnd. »Nehmen Sie
es mir nicht übel«, sagte er. »Aber Sie sehen aus, als wären sie in einen
Mähdrescher geraten.«
    Â»Und genauso fühle ich mich auch. Und ich wage gar nicht daran zu
denken, wie ich morgen aufwachen werde.« Conny gab sich redliche Mühe, etwas
Wehleidiges in ihr Lächeln einfließen zu lassen, und griff gleichzeitig nach
einem Fetzen ihres Pullovers, um ihre Brust notdürftig damit zu bedecken. »Als
ich klein war, hat meine Mutter mich manchmal Kätzchen genannt. Wahrscheinlich hatte sie recht damit. Ich fürchte, ich habe heute
mindestens fünf meiner sieben Leben verbraucht.«
    Sie vernahm ein Räuspern, und beide wandten sich um. Connys Lächeln
gefror, als sie die grauhaarige Gestalt erkannte, die im Nieselregen hinter dem
Krankenwagen aufgetaucht war und zu ihnen hereinsah. Eichholz hatte Trenchcoat,
Jacke und Hemd abgelegt und trug jetzt nur noch ein mit Blut gesprenkeltes
Unterhemd und einen wuchtigen Verband über der Schulter, der ihm die Gestalt
eines Buckligen gab. Sein Arm hing in einer Schlinge, und die Farbe seines
Gesichts hatte sich der seines schütteren Haars angepasst.
    Â»Was tun Sie denn noch hier?«, entfuhr es dem Arzt. »Sie sollten
längst auf dem Weg ins …«
    Â»â€¦Â Krankenhaus sein, ich weiß«, unterbrach ihn Eichholz. Er
schüttelte den Kopf, eine Bewegung, die er unverzüglich zu bereuen schien, dem
schmerzhaften Verziehen seiner Lippen nach zu urteilen, fuhr aber trotzdem in
einem keinen Widerspruch duldenden Ton fort: »Ich werde auch gleich ein
gehorsamer Patient sein und mich in die Obhut Ihrer Kollegen begeben, Herr
Doktor. Aber lassen Sie mich bitte noch eine Minute mit Frau Feisst allein.«
    Der Arzt gehorchte nicht nur, sondern schloss auch unaufgefordert
die Tür hinter sich, nachdem er den Wagen verlassen hatte. Schattiges
Halbdunkel und das Geräusch des Regens auf dem Wagendach hüllte sie ein.
    Schließlich sagte Eichholz leise: »Es tut mir leid.«
    Conny glaubte ihm. Sie war noch nicht so weit, ihm verzeihen zu
können oder auch nur zu lächeln, aber sie spürte seinen Schmerz und verzichtete
ganz bewusst darauf, auch ihn an sich zu reißen. Sie sah ihn nur an.
    Eichholz wartete umsonst darauf, dass sie reagierte. Sein Blick
tastete sich mit immer größerem Erstaunen, das rasch zu einem Erschrecken
wurde, über ihre Gestalt, die zerfetzte Kleidung und die völlig unversehrte
Haut, die darunter hervorblitzte. Conny konnte die Frage, die er in Gedanken
formulierte, deutlich auf seiner Stirn lesen, doch er wagte es nicht, sie
auszusprechen. Wahrscheinlich hatte er Angst vor der Antwort.
    Â»Ich werde alles in Ordnung bringen, das verspreche ich«, sagte er
schließlich. Conny schwieg weiter. Auch, wenn es ihr nicht mehr wirklich gelingen
wollte, ihn zu hassen oder wenigstens zu verachten – ein bisschen schmoren
lassen konnte sie ihn ruhig.
    Eichholz räusperte sich unbehaglich. »Ich … werde alles aufklären«,
fuhr er leiser und

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