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Unheimlicher Horror: d. übernatürl. Grauen in d. Literatur ; Essay

Unheimlicher Horror: d. übernatürl. Grauen in d. Literatur ; Essay

Titel: Unheimlicher Horror: d. übernatürl. Grauen in d. Literatur ; Essay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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Atmosphäre und höherem künstlerischen Wert ist die seltsame und auf düstere Weise beunruhigende Chronik »The White People«, die sich in ihrem zentralen Stück als Tagebuch oder die Aufzeichnungen eines kleinen Mädchens ausgibt, das von seiner Gouvernante in einige Geheimnisse der verbotenen Magie und der seelenzerstörenden Traditionen des verderblichen Hexenkultes eingeführt worden ist - jenes Kultes, dessen Kunde flüsternd durch ganze Geschlechter der Landbevölkerung Westeuropas weitergegeben wurde, und dessen Anhänger sich manchmal des Nachts einzeln davonstehlen, um sich in schwarzen Wäldern und an einsamen Orten zu den widerwärtigen Orgien des Hexensabbats zu versammeln. Machens Geschichte, ein Triumph geschickter Auswahl und künstlerischer Zucht, gewinnt ungeheure Kraft, während sie dahinfließt in einem Strom unschuldigen kindlichen Schwatzens und dabei Anspielungen auf sonderbare »Nymphen«, »Dols«, »Voolas«, »weiße, grüne und scharlachrote Zeremonien«, »Aklo-Buchstaben«, »Chian-Sprache«, »Mao-Spiele« und dergleichen einstreut. Die Riten, die die Gouvernante von ihrer Großmutter, der Hexe, erlernte, werden dem Kind beigebracht, als dieses drei Jahre alt ist, und in den kunstlosen Berichten des Mädchens über die gefährlichen geheimen Offenbarungen lauert ein Schrecken, der sich großzügig mit Pathos mischt. Böse Talismane, wie sie Anthropologen wohlbekannt sind, werden mit jugendlicher Naivität beschrieben; und dann kommt es schließlich an einem Winternachmittag zu einer Reise in die alten Hügel von Wales, die unter einem imaginativen Zauberbann stattfindet, der der wilden Szenerie noch zusätzlich etwas Unheimliches, Seltsames verleiht und Ahnungen eines grotesken Gefühls aufkommen lässt. Die Einzelheiten der Reise werden mit wunderbarer Lebendigkeit geschildert, und dem scharfen Kritiker stellen sie sich als ein Meisterwerk der phantastischen Literatur dar, die über nahezu unbegrenzte Kraft bei der Andeutung von bezwingender Abscheulichkeit und kosmischen Verirrungen verfügt. Endlich entdeckt das Kind, das jetzt dreizehn Jahre alt ist, inmitten eines dunklen und unzugänglichen Waldes einen kryptischen Gegenstand von tödlicher Schönheit. Am Ende überwältigt das Grauen das Mädchen in einer Form, auf die schon geschickt in einer Anekdote des Prologs vorausgewiesen wurde, aber das Mädchen vergiftet sich noch rechtzeitig. Wie Heien Vaughans Mutter in »The Great God Pan« hat auch die Dreizehnjährige den Entsetzen verbreitenden Gott geschaut. Man findet sie tot im dunklen Wald neben dem kryptischen Gegenstand, auf den sie gestoßen war; und dieser Gegenstand - eine weißlich leuchtende Statue römischer Herkunft, um die sich grässliche mittelalterliche Gerüchte rankten - wird von den Suchenden verängstigt zu Staub zerschlagen.
    In dem Episodenroman THE THREE IMPOSTORS, einem Buch, das als Gesamtwerk in seiner Qualität ziemlich beeinträchtigt wird durch die Imitation des munteren Stevenson-Tons, gibt es gewisse Geschichten, die vielleicht den Höhepunkt von Machens Können als Schöpfer des Schreckens darstellen. Hier finden wir in hochkünstlerischer Form jene unheimliche Vorstellung des Autors, die zu seinen liebsten zählt: jenen Gedanken nämlich, dass unter den Tälern und Felsen der wilden walisischen Berge eine gedrungene primitive Rasse ein unterirdisches Leben führt, ein Völkchen, dessen Wirken unsere allgemeinen Volkssagen von Feen, Elfen und kleinen Kobolden entstehen ließ, und dessen Treiben selbst heute noch für gewisse Taten verantwortlich gemacht wird, wenn etwa jemand auf unerklärliche Weise verschwindet oder normale Kleinkinder gelegentlich gegen seltsame, dunkle »Wechselbälger« eingetauscht werden. Dies Thema findet seine vollkommenste Behandlung in der Episode »The Novel of the Black Seal«; darin entdeckt ein Professor eine einzigartige Übereinstimmung zwischen bestimmten Zeichen, die in einen walisischen Kalksteinfelsen geritzt sind, und jenen, die sich auf einem prähistorischen schwarzen Siegel aus Babylon befinden, und begibt sich daraufhin auf eine Entdeckungsfahrt, die ihn zu unbekannten und schrecklichen Dingen führt. Er stößt auf eine nicht ganz geheure Passage bei dem antiken Geographen Solinus, auf dem Lande bringt eine Frau einen absonderlich idiotischen Sohn zur Welt, nachdem sie ein Schrecken in ihrem innersten Wesen erschüttert hat, und in den einsamen Gegenden von Wales verschwinden auf mysteriöse Weise eine

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