Unser Leben mit George
Handynummer. Da wir uns aber auf
der Heide nicht finden konnten, bot sie an, George mit dem Auto nach Hause zu
bringen. Eine halbe Stunde später wurde mein überglücklicher Cavalier in einem
Porsche bis vor die Tür gefahren, während ich allein und im strömenden Regen zu
Fuß gegangen war.
Obwohl unser Leben in mancher Hinsicht
einfacher war, solange Zach und ich uns nicht sahen, hatten wir uns gegenseitig
sehr vermisst. Und zwölf Monate nachdem wir uns getrennt hatten, waren wir
wieder zusammen, doch diesmal schworen wir beide, unser Möglichstes zu tun, um
auch zusammenzubleiben. Ich versuchte, von Zach nicht mehr an Häuslichkeit zu
erwarten, als er zu geben bereit war, und im Gegenzug kam er öfter nach
Hampstead, verbündete sich mit Joshua gegen mich und ging sogar ab und zu
spätabends mit George noch hinaus. Man kann nicht behaupten, dass er glücklich
aussah, wenn er in seinem makellosen Trenchcoat die Straße entlangmarschierte,
während mein Riesen-Kuscheltier neben ihm hertrabte. Er hielt den Kopf gesenkt,
falls er jemandem begegnete, der ihn kannte, und er hielt die Leine stets auf
Armlänge, als habe er Angst, er könne die Beulenpest davon bekommen. Und was
das Aufnehmen der Häufchen anbelangte — nun, man kann einem Menschen auch zu
viel zumuten.
Zach war noch immer weit davon
entfernt, ein Hundeliebhaber oder ein Familienvater zu werden, aber ich gab die
Hoffnung nicht auf. Es geschehen ja Wunder. Man konnte nie wissen, was das
Leben einem als Nächstes bescherte. Im einen Augenblick ging man seines Weges,
mit erhobenem Kopf, stolz und unschlagbar. Und im nächsten Moment lag man auf
der Nase, blutend und voll blauer Flecken und überzeugt, man würde nie wieder
aufstehen. Doch dann erschien ein rettender Engel aus dem Nichts und hob einen
auf, und man wurde nicht nur wieder auf die Beine gestellt, sondern ins
Krankenhaus gefahren, wie es meiner Mutter passierte, als sie auf der Straße
stolperte. Man braucht Zeit, bis die körperlichen und seelischen blauen Flecken
geheilt sind, aber mit der Zeit schafft man es. Und irgendwann kommt jemand und
holt einen aus der Verzweiflung heraus und man ist wieder glücklich.
Mein Vater sagte oft: »Die
glücklichsten Menschen auf der Welt sind die, die am wenigsten erwarten.« Ich
glaube, damit meinte er, das Glück bestehe darin, das zu schätzen, was man hat,
statt sich nach Dingen zu sehnen, die man nicht hat. Und wenn ich etwas daraus
gelernt habe, dass ich ihn und Udi so kurz hintereinander verlor, dann ist es,
die einfachen Dinge des Lebens zu genießen. Wie einen vertraulichen Scherz mit
meiner Mutter oder meiner Schwester. Oder für Tabby und Hannah etwas zu kochen.
Oder mit George an einem kalten Wintermorgen spazieren zu gehen, wenn das Gras
auf der Heide so dick bereift war, dass es glitzerte wie mit tausend Pailletten
bestickt. Und in meinem Zimmer zu arbeiten, während George auf der Liege neben
mir schläft. Und Joshuas Gelächter zu hören, das von oben kommt, wo er auf dem
Sofa herumlümmelt und Hausaufgaben macht, während er gleichzeitig im Fernsehen
ein Fußballspiel verfolgt, ein Kartenspiel auf dem Laptop spielt und seinem
Freund eine SMS schickt. Ach ja, und daneben noch eine Pizza isst.
Multitasking nennt man das.
Genau wie sein Vater.
Epilog
Vor vielen Jahren hatte ich zu Joshua
gesagt, es würde zwar schwer sein, nach Udis Tod ohne ihn zurechtzukommen, aber
wir würden es schaffen. Jetzt sehe ich meinen Sohn an und merke, auf irgendeine
wunderbare Weise haben wir es tatsächlich geschafft. Ich glaube, wir hätten es
auch ohne George geschafft, aber es wäre viel, viel langweiliger gewesen.
Während ich dies schreibe, beherrscht
George nach wie vor unser tägliches Leben. Seit achteinhalb Jahren ist er unser
treuer Freund und Gesellschafter, der Joshua und mir über unsere schwerste Zeit
hinweggeholfen hat. Er fand uns, als wir ziemlich verloren waren, und er hat
unser ziellos treibendes Boot wieder fest verankert. Sowie er ins Haus kam,
bekam die Bezeichnung Heim wieder seine Wärme zurück, und damit die
Bedeutung, die es an dem Tag verloren hatte, als der eine und einzige Udi
Eichler zum letzten Mal zur Tür hinausgegangen war und einen Schrank voller
Kleider zurückließ, die er nie mehr tragen würde, zusammen mit einer Zukunft,
die er nie erleben würde, und einem Sohn, den er nicht aufwachsen sehen würde.
George hat unsere Herzen gewärmt, er
hat uns in Atem gehalten und uns oft vor Lachen hilflos gemacht,
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