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Unter aller Sau

Unter aller Sau

Titel: Unter aller Sau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Limmer
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S chneewittchen war kein schöner Anblick. Ihre Haut weiß mit einem Grauschimmer, schwarzes, zotteliges Haar, die Lippen blau und rissig, das rechte Auge blutunterlaufen, im linken räkelten sich ein Dutzend Maden.
    Zusammengekrümmt wie ein frierendes Kleinkind lag sie zwischen den Brombeersträuchern, fast so, als hätte sie dort Schutz gesucht. Ihr Negligé war zerrissen, die Laufmaschen der halterlosen Strümpfe wirkten wie Narben an ihren langen, schlanken Beinen. Die Hände hatten den Waldboden aufgewühlt, die kleinen Fäuste mit den pink lackierten Fingernägeln hielten den Dreck immer noch fest umklammert.
    Die Welt um sie herum kümmerte das wenig. Die Tannen knarrten im warmen Sommerwind, die Vögel trugen ihre morgendlichen Gesangsduelle aus, und nicht weit entfernt plätscherte der Bach, der seit Jahrhunderten den Wald durchzog und Richtung Niedernussdorf floss, um sich vierzig Kilometer weiter nördlich mit der Donau zu vereinen.
    Kurz bevor der Bach die Ortsgrenze von Niedernussdorf überschreitet, macht er einen Schlenker um den Wegmeyerhof. Dort hatten die Kinder aus dem Dorf einen Staudamm aus Ästen gebaut, an dem ihre selbstgeschnitzten Holzschiffchen hängenblieben, die sie weiter oben ins Wasser ließen.
    Auch diesmal schaukelten zwei Bötchen um die Wette auf den Staudamm zu. Beppo und sein bester Freund Olli liefen am Ufer entlang neben ihnen her. Die Schulranzen auf ihren Rücken wippten im Takt der Schritte.
    »Kannst den Euro schon mal rüberfahren«, sagte Beppo mit einem fetten Grinsen, das Grübchen in seine Wangen zeichnete. Seine grünen Augen blitzten siegessicher.
    »Noch sind wir nicht da«, erwiderte Olli. Der Elfjährige mit den Segelohren und der Igelfrisur grinste ebenfalls, denn schon oft hatten sich die Wettrennen auf den letzten fünf Metern entschieden, dort, wo der Bach in einer scharfen Kurve vom Wegmeyerhof abbog. Tatsächlich verfing sich das Boot Beppos, das aus leichtem Kiefernholz gefertigt war, an einem Autoreifen, der halb aus dem Wasser ragte. Ollis Fichtenschiffchen rammte den Konkurrenten, wirbelte einmal um die eigene Achse und setzte seine Fahrt fort.
    »Hättest nicht so früh schreien sollen«, triumphierte Olli. Er eilte zum Staudamm, während Beppo kurzerhand aus seinen Flipflops rutschte, ins Wasser stieg und sein Bötchen aus der Reifenfalle befreite.
    »Beppo!«, plärrte Olli. Beppo schaute zu seinem Freund, der mit einem durchsichtigen Gefrierbeutel wedelte. »Das musst dir anschauen!«
    »Gleich!«
    »Schick dich, sonst gehört das alles mir.«
    »Komm halt du.«
    »Bin ja nicht dein Fiffi.« Olli schaute trotzig zu Beppo. Der kletterte gemächlich ans Ufer, schlüpfte in seine Flipflops. Olli seufzte, rannte zu seinem Freund. »Schau.« Olli hielt den Beutel hoch. Beppos Augen wurden riesengroß. In dem Gefrierbeutel waren jede Menge Geldscheine, alles Fünfziger und Hunderter.
    »Boah.«
    »Was machen wir?«
    »Ja, aufmachen, was sonst?« Beppo nahm Olli kurzerhand den Beutel aus den Fingern, zippte den Verschluss auf und leerte den Inhalt auf den Boden. Staunend gingen die beiden Jungs in die Hocke, keiner von ihnen traute sich, das Geld anzufassen.
    »Wie viel is’n das?«, fragte sich Olli.
    »Über tausend auf jeden Fall.«
    »Zähl mal.«
    »Wieso ich?«
    »Weil du in Mathe einen Zweier hast.«
    »Aber dein Vater ist Banker.«
    »Der hat nie mehr als fünfzig Euro im Geldbeutel. Der zahlt nur noch mit Karte. Der sagt immer, heutzutage mit Bargeld rumrennen ist absoluter Schwachsinn.«
    »Mein Vater hat nur Bargeld. Nur Bares ist Wahres.«
    »Mei, jeder ist anders.«
    Beide schwiegen, konnten ihren Blick nicht von dem Geld abwenden.
    »Weißt, was du für über tausend Euro kriegst?«, fragte Beppo.
    »Freilich. Eine PS 3 , eine Wii und eine Xbox.«
    Beppo schaute auf, runzelte die Stirn. »Wie hast denn das so schnell zusammengerechnet?«
    »Ich hab letztes Jahr einen Weihnachtszettel gemacht. Da war aber noch ein iPod drauf, da war ich dann bei eintausendeinhundertfünf.« Er schaute Beppo an. »Den iPod hab ich jetzt einfach abgezogen.«
    Beppo deutete auf das Geld. »Ja, das sind aber bestimmt über tausend Euro, da kannst dir den iPod auch noch leisten.«
    »Du willst das doch nicht behalten, oder?«
    »Warum nicht?«
    »Das gehört doch jemandem.«
    »Schon. Aber er hat’s ja weggeschmissen, also wollt er’s nicht mehr.«
    »Das glaubst doch selber nicht.«
    Beppo grinste wieder fett. »Ich glaub, wir bringen’s zu den

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