Unter dem Vampirmond 3 - Verlangen
ihm reden. Vielleicht kann ich ihn überzeugen, damit aufzuhören«, sagte ich.
Mae sah Ezra an, wohl in der Erwartung, dass er meine Begleitung ablehnen würde, und wahrscheinlich hatten auch Jack und Milo nur deswegen noch nicht die Beherrschung verloren. Alle drei erwarteten, dass Ezra mir für mein Angebot danken und erklären würde, es sei besser für mich, wenn ich zu Hause bliebe.
»Sie hat nicht ganz unrecht«, sagte Ezra vorsichtig. In diesem Moment drehten alle durch.
Mae packte ihn am Arm und beschwor ihn, ich sei viel zu jung, irgendwo hinzugehen, geschweige denn auf einen Kreuzzug, um Peter von seiner Selbstmordmission abzubringen. Jack sprang auf die Füße, konnte sich aber offenbar nicht entscheiden, ob er wütender auf mich oder auf Ezra oder vielleicht sogar auf Peter sein sollte. Milo hatte die Schachfiguren wieder aufgestellt und gab mir einen kräftigen Klaps auf den Arm.
»Aua!«, knurrte ich und rieb mir den Arm. »Was soll das denn?«
»Du bist so eine Idiotin!« Obwohl er jünger war als ich, hatte er schon von jeher einen übertriebenen Beschützerinstinkt, aber er war ja auch der Reifere und Vernünftigere von uns beiden.
Natürlich war es dumm, doch als ich erfahren hatte, dass Peter in Gefahr war, hatte mein Herz zu rasen begonnen. Falls ihm etwas Schlimmes zustieß, war es meine Schuld. Hätte ich seine Familie in Ruhe gelassen, wie er es wiederholt von mir verlangt hatte, so hätte er nicht fliehen müssen und wäre nicht in Schwierigkeiten geraten.
»Ezra, du kannst doch nicht ernsthaft erwägen, sie mitzunehmen«, sagte Jack. Er hatte die Hände zu Fäusten geballt, und in seinen Augen stand die pure Angst. Es tat ihm weh, dass ich mich um Peter sorgte, und es würde ihn buchstäblich umbringen, wenn mir etwas zustieße.
»Ich lasse nicht zu, dass ihr etwas passiert. Aber Alice könnte mir vielleicht wirklich helfen, Peter zur Vernunft zu bringen.« Ezra hatte beschwichtigend die Hände erhoben. »Ich muss alles versuchen.«
»Ich habe das so satt!«, rief Jack. »Ich hätte ihn einfach umbringen sollen, als ich die Gelegenheit dazu hatte!«
»Jack!«, rief Mae. »Das meinst du doch nicht ernst! Sag nicht so etwas!«
»Ich würde liebend gern weiter mit euch diskutieren, aber ich muss wirklich den nächsten Flug erwischen«, übertönte Ezra uns alle. »Alice, wenn du mitkommen willst, musst du dir etwas Warmes zum Anziehen einpacken. Ich buche schon mal den Flug und kümmere mich um unsere Pässe.« Er beendete das Gespräch, indem er sich umdrehte und durch den Flur in sein Arbeitszimmer verschwand.
»Ezra!« Jack wollte hinter ihm her, doch Mae hielt ihn auf.
»Ich rede mit ihm. Du kümmerst dich um Alice.«
Sie lief hinter Ezra hier. Jack drehte sich zu mir um. Er sah mich einen Moment lang an und überlegte wohl, was er sagen sollte. Ehe er dazu kam, seinen Standpunkt zu verdeutlichen, holte ich einmal tief Luft und erklärte: »Du wirst mich nicht davon abbringen, Jack.«
Ich marschierte an ihm vorbei nach oben in mein Zimmer. Jack und Milo folgten mir. Bei meinen schnellen, unbeholfenen Schritten war es ein Wunder, dass ich nicht die Treppe hinunterpurzelte.
Jack hatte zwar nach meiner Verwandlung in Ezras Arbeitszimmer im Erdgeschoss geschlafen, doch seine Sachen waren alle noch in seinem Zimmer. Im Kleiderschrank hatten wir beide unsere Garderobe untergebracht, die sich in meinem Fall seit meinem Einzug erheblich vergrößert hatte. Ezra und Mae hatten mir ein paar Wochen zuvor ein gut gefülltes Bankkonto samt Kreditkarten übertragen und aufgrund meines neuen, schlankeren Vampirkörpers hatte ich lauter neue Kleider gebraucht.
Ich ging in den großen begehbaren Kleiderschrank und stöberte nach Taschen. Jack hatte rosarote Koffer, doch mir fehlte die Zeit, mir darüber Gedanken zu machen, und ich zog mir einfach einen heraus. Jack stand in der Tür, Milo hinter ihm. Beide starrten mich düster an.
»Du packst tatsächlich?«, fragte Milo. »Du willst doch nicht wirklich mit Ezra fliegen?«
»Er hat recht. Das ist bescheuert«, stimmte Jack ihm zu. »Es ist gefährlich, und du weißt nicht einmal, wo es eigentlich hingeht!«
»Ezra hat gesagt, ich soll etwas Warmes einpacken«, rief ich ihm in Erinnerung.
Ich warf Sweatshirts, Jeans und Socken in die Reisetasche. Vampiren wird nicht so leicht kalt, ja, wir ziehen die Kälte der Wärme vor. Aber wenn wir in T-Shirt und Shorts durch einen Schneesturm spazierten, würden die Menschen sich wundem. Deshalb
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