Unter dem Vampirmond 3 - Verlangen
zu dem kleinen Mädchen aufs Bett und schleckte ihm das verschwitzte Gesicht ab. Die Kleine lächelte schwach und Matilda machte es sich neben ihr bequem.
»Sie liebt Matilda«, sagte Mae, die plötzlich hinter mir stand. Sie setzte sich auf den Bettrand. Jack stand schweigend in der Tür. »Darf ich euch meine Urenkelin Daisy vorstellen? Ich werde mich ab jetzt um sie kümmern.«
»Oh, Mae«, sagte ich und sah sie traurig an.
»Nein, tu das nicht.« Mae schüttelte den Kopf. Sie strich dem kleinen Mädchen das feuchte Haar aus der Stirn. »Ich habe das Richtige getan, das weiß ich. Ich musste sie einfach retten. Als Jane weg war, wurde mir klar, dass ich mich nicht wegen ihr so aufgeregt habe. Ich musste Daisy retten.«
»Also, Jane geht es übrigens gut«, seufzte ich. »Aber ... du hast getan, was du tun musstest.«
»Genau. Ist sie nicht wunderbar?« Als ich sah, wie liebevoll sie das Kind betrachtete, war mir klar, dass sie wirklich keine andere Wahl gehabt hatte. Auch wenn sie dafür Ezra und alle anderen aufgeben musste - das Kind war es ihr wert.
»Meinen Hund bekommst du aber nicht«, sagte Jack. »Komm mit, Matilda.«
Widerstrebend sprang Matilda vom Bett und folgte ihm.
»Also gehst du weg?«, fragte ich.
»Es sieht ganz danach aus«, sagte Mae erschöpft. »Ich dachte, Ezra ändert vielleicht seine Meinung, wenn er sie sieht, aber ... Das geht schon in Ordnung. Ich habe einen Plan.«
»Und wie sieht der aus?«
»Australien«, sagte Mae und lächelte mich an. »Da war ich noch nie. Vampiren gefällt es dort nicht, weil es so warm ist. Aber es gibt jede Menge unbewohnte Wildnis, in der wir uns verstecken können. ln großen Städten wie Sydney finden wir auch Blutbanken, da können wir uns Vorräte besorgen.«
»Du meinst, ihr beiden verbringt den Rest eures langen Lebens damit, euch in der Wildnis zu verstecken?« Ich zog die Augenbrauen hoch. Ich hatte auch immer mal nach Australien gewollt, doch die Vorstellung, sich ein Leben lang im Outback zu verkriechen, fand ich schrecklich.
»Eine Weile zumindest.« Mae nickte und sah dann wieder die Kleine an. »Aber wir werden ja nicht allein sein, zumindest am Anfang nicht. Peter kommt mit.«
»Peter?« Ich hatte gar nicht gewusst, dass Peter überhaupt etwas mit Mae zu tun haben wollte. Allerdings lief er gern vor mir davon und liebte Himmelfahrtskommandos aller Art, also bestimmt auch die Betreuung eines Kindervampirs.
»Er hat es mir vor ein paar Tagen angeboten«, sagte Mae. »Das geht schon in Ordnung, Liebes. Mach dir um uns keine Sorgen.«
Obwohl sie mit mir sprach, wandte sie den Blick nicht von Daisy ab, und wahrscheinlich waren ihre Worte auch an sie gerichtet. In der Sekunde, in der sie die Verantwortung für Daisy übernommen hatte, hatten wir anderen aufgehört, für sie zu existieren. Ich betrachtete sie noch einen Augenblick, drehte mich dann um und ging.
Als ich in unser Zimmer kam, stand Jack schon unter der Dusche. Da ich ebenfalls unbedingt duschen wollte, zog ich mich aus und leistete ihm Gesellschaft. Ich legte meine Arme um seine Taille und drückte den Kopf gegen seine Brust. Es war einfach nur schön, ihm so nahe zu sein, seine Haut zu spüren, sein Herz ganz dicht an meinem Ohr zu hören. Er küsste mich auf den Kopf und hielt mich fest. Nach allem, was die Nacht gebracht hatte, musste ich nun doch weinen - vor Traurigkeit, Erschöpfung und Erleichterung. Ich hatte noch nie etwas so Brutales erlebt und hoffte, dass es auch das letzte Mal war.
»Es wird alles gut, Alice«, versicherte mir Jack und strich mir sanft über den Rücken.
»Das kannst du doch gar nicht wissen! Nach allem, was heute Nacht passiert ist!« Ich sah zu ihm auf. In seinen sanften blauen Augen stand nichts als Liebe und Optimismus. Er lächelte mich an.
»Doch. Weil du bei mir bist«, sagte Jack. »Eine Nacht, die mit dir aufhört, kann nicht so schlecht sein.«
»Gegen diese Logik komme ich nicht an«, gab ich nach. Sein Lachen fuhr mir angenehm prickelnd durch den ganzen Körper. Ich hielt ihn fester, presste die Stirn gegen seine Brust und schmiegte mich in seine Arme.
Es gab keinen Ort auf der Welt, an dem ich hätte lieber sein wollen.
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