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Unter den Straßen Berlins

Unter den Straßen Berlins

Titel: Unter den Straßen Berlins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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Vorderglieder, dann rannte es auf das blutige Shirt zu. Katja schleifte den Köder hinter sich her und musste sich beherrschen, um nicht in Panik zu verfallen. Sie erreichte die Waschmaschine, warf das Hemd hinein und sprang mit einem Satz, den sie sich selbst nie zugetraut hätte, in die Badewanne.
    Fauchend kroch das Wesen in die runde Öffnung der Waschtrommel und fiel über die vermeintliche Beute her.
    Katja hüpfte aus der Wanne. Mit einem Schrei schlug sie die Tür der Waschmaschine zu.
    Ihre Hände zitterten, als sie die Temperatur auf 90 Grad einstellte. Dann startete sie das Waschprogramm.

    Kein Wunder, dass es keine Ratten mehr gibt, dachte Markus.
    Sein Handy meldete sich. Katja rief an. Er überlegte, ob er den Anruf nicht wegdrücken sollte. Diese Situation konnte er jetzt nicht erklären. Eben verluden sie Bernd in den Notarztwagen. Markus durfte nicht mitfahren, er war kein Verwandter. Aber die Verletzungen schienen nicht lebensbedrohlich zu sein.
    Er nahm den Anruf an.
    »Markus«, hörte er Katjas verheulte Stimme. »Ich bin im Krankenhaus Moabit.«
    »Was? Bist du verletzt?«
    »Ja, ist aber nicht so schlimm. Ich erzähl’s dir dann hier. Das glaubst du mir eh nicht.«
    »Ich muss dir auch was erzählen. Das glaubst du schon gar nicht.«
    »Meine Geschichte ist besser«, sagte Katja.
    »Niemals.« Er lächelte.
    »Ich krieg jetzt noch ne Tetanus-Spritze. Kannst du mich abholen?«
    »Ja. Ich muss hier noch was erledigen, dann bin ich bei dir. Und ich geh morgen mit dir zu dem Brunch.«
    Stille am anderen Ende.
    »Ich hab den Brunch abgesagt«, sagte Katja schließlich. »Ich will, dass du mich abholst und mit mir zu einer Currywurstbude fährst. Bitte.«
    »Ich liebe dich.«
    »Ich liebe dich auch. Bis gleich.« Sie legte auf.
    Markus sah, wie Polizisten die Schaulustigen abwehrten. Das ganze Gebiet um den Kanaldeckel wurde gesperrt. Die Lage schien unter Kontrolle zu sein. Sie würden mit Hundertschaften ausrücken und die Biester erledigen, was immer sie waren.
    Die Polizei hatte seine Personalien aufgenommen und seine Aussage notiert. Er konnte gehen. Er freute sich auf Katja. Und auf die Currywurst. Er würde Katja trösten, zusammen mit ihr essen und von seinem unglaublichen Kampf gegen die Vielbeiner erzählen und dann … ja, dann konnte er den Urlaub erwähnen. Manchmal nahm das Schicksal wirklich seltsame Wendungen.
     
     

    Karl war hochzufrieden mit sich. Er schaute über die beinahe perfekte Rasenfläche des Parks. An nur drei Stellen sah man braune Flecken im spätsommerlichen Grün, aber nicht mehr lange. Er hatte die drei Wühlmaushügel plattgerechelt und dick mit Grassamen eingestreut. Diese Nager hatten ihm lange genug Ärger gemacht. Nichts schien zu helfen und sie waren überall, legten Gänge an, warfen Erde aus und fraßen die Blumenzwiebeln. Er hatte Flaschen eingegraben und rote Kaiserkrone gepflanzt, Lavasteinchen verbuddelt und solarbetriebene Geräte in die Erde gesteckt, die die Wühlmäuse verjagen sollten. Taten sie aber nicht.
    Und jetzt – ganz plötzlich – hatte es aufgehört. Innerhalb von wenigen Wochen nahmen die Erdhügel spürbar ab. Dabei hatte er nichts anderes als sonst getan. Er plättete die Erde und säte sie immer wieder ein. Und die Grasflächen erholten sich. Karl grübelte noch eine Weile über die Ursache, aber eigentlich war es egal. Er war ein pragmatischer Typ. Die Mäuse waren fort und er konnte seine Arbeit tun. Und fertig. Ratten und Hasen sah er auch kaum noch. Wer wusste schon, warum. Er war Landschaftspfleger und kein Biologe. Sollten sich die Studenten der Uni darum kümmern, was mit den Viechern abging. Er wollte einfach eine saubere Anlage und die hatte er jetzt.
    Nur die Hunde waren ein Problem, wenn sie unangeleint durch den Park rannten. Die gruben ab und zu Löcher in den Hecken und schissen alles voll. Aber im Großen und Ganzen war Karl zufrieden.

    Die Erde hatte sich ein kleines bisschen bewegt und Faust stellte die Ohren nach vorn. Er legte den Kopf schief und verharrte ein paar Sekunden in dieser Position. Wieder schoben sich die Erdkrümel umeinander und Faust richtete sich auf. Sein Jagdinstinkt war geweckt.
    Etwas Schwarzes schob sich aus der Erde und tastete blind umher. Ganz kurz überkam Faust der Impuls, sich einfach auf das Ding zu stürzen, das da aus der Erde kroch, aber etwas hielt ihn zurück. Er schnüffelte vorsichtig und versuchte, den fremdartigen Geruch einzuordnen.
    Das Wesen schob sich Stück für Stück

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