Unterm Birnbaum
von dem Pohlschen, die waren größer. Solche kleinen wie
die
, die hatte Hermannchen, uns' Lütt-Hermann, an seinem Pelzrock. Weißt du noch? Aber nein, da warst du noch gar nicht hier. Bring ihn meiner Frau; vergiß nicht. Oder gib ihn mir lieber wieder; ich will ihn ihr selber bringen.«
Ede ging, und die zunächstsitzenden Offiziere, die Hradschecks Erregung wahrgenommen hatten, aber nicht recht wußten, was sie daraus machen sollten, standen auf und wandten sich einem Gespräch mit andren Kameraden zu.
Auch Hradscheck erhob sich. Er hatte den Knebelknopf zu sich gesteckt und ging in den Garten, ärgerlich gegen den Jungen, am ärgerlichsten aber gegen sich selbst.
»Gut, daß es Fremde waren, und noch dazu solche, die bloß an Mädchen und Pferde denken. War's einer von uns hier, und wenn auch bloß der Ölgötze, der Quaas, so hatt ich die ganze Geschichte wieder über den Hals. Aufpassen, Hradscheck, aufpassen. Und das verdammte Zusammenfahren und Sich-Verfärben! Kalt Blut, oder es gibt ein Unglück.«
So vor sich hin sprechend, war er, den Blick zu Boden gerichtet, schon ein paarmal in dem Mittelgang auf und ab geschritten. Als er jetzt wieder aufsah, sah er, daß die Jeschke hinter dem Himbeerzaune stand und ein paar verspätete Beeren pflückte.
»Die alte Hexe. Sie lauert wieder.«
Aber trotz alledem ging er auf sie zu, gab ihr die Hand und sagte: »Nu, Mutter Jeschke, wie geht's? Lange nicht gesehn. Auch Einquartierung?«
»Nei, Hradscheck.«
»Oder is Line wieder da?«
»Nei, Lineken ook nich. De is joa jitzt in Küstrin.«
»Bei wem denn?«
»Bi Schoolinspekters. Un doa will se nich weg... Hüren S', Hradscheck, ick glöw, de Schoolinspekters sinn ook man so... Awers wat hebben Se denn? Se sehn joa janz geel ut. Un hier so 'ne Falt. Oh, Se möten sich nich ärgern, Hradscheck.«
»Ja, Mutter Jeschke, das sagen Sie wohl. Aber man
muß
sich ärgern. Da sind nun die jungen Offiziere. Na, die gehen bald wieder und sind auch am Ende so schlimm nicht und eigentlich nette Herrchen und immer fidel. Aber der Ede, dieser Ede! Da hat der Junge gestern wieder ein halbes Faß Öl auslaufen lassen.
Das ist doch über den Spaß. Wo soll man denn das Geld schließlich hernehmen? Und dann die Plackerei treppauf, treppab, und die schmalen Kellerstufen halb abgerutscht. Es ist zum Halsbrechen.«
»Na, Se hebben joa doch nu Buggenhagen bi sich. De künn joa doch ne nije Trepp moaken.«
»Ach, der, der. Mit dem ist auch nichts; ärgert mich auch. Sollte mir da den Keller höher legen. Aber er will nicht und hat allerhand Ausreden. Oder vielleicht versteht er's auch nicht. Ich werde mal den Küstriner Maurermeister kommen lassen, der jetzt an den Kasematten herumflickt. Kasematten und Keller ist ja beinah dasselbe.
Der
muß Rat schaffen. Und bald. Denn der Keller ist eigentlich gar kein richtiger Keller; is bloß ein Loch, wo man sich den Kopf stößt.«
»Joa, joa. De Wienstuw sitt em to sihr upp 'n Nacken.«
»Freilich. Und die ganze Geschichte hat nicht Luft und nicht Licht. Und warum nicht? Weil kein richtiges Fenster da ist. Alles zu klein und zu niedrig. Alles zu dicht zusammen.«
»Woll, woll«, stimmte die Jeschke zu. »Jott, ick weet noch, as de Pohlsche hier wihr und dat Licht ümmer so blinzeln deih. Joa, wo
wihr
dat Licht? Wihr et in de Stuw o'r wihr et in 'n Keller? Ick weet et nich.«
Alles klang so pfiffig und hämisch, und es lag offen zutage, daß sie sich an ihres Nachbarn Verlegenheit weiden wollte. Diesmal aber hatte sie die Rechnung ohne den Wirt gemacht, und die Verlegenheit blieb schließlich auf ihrer Seite. War doch Hradscheck seit lange schon willens, ihr gegenüber, bei sich bietender Gelegenheit, mal einen andern Ton anzuschlagen. Und so sah er sie denn jetzt mit seinen durchdringenden Augen scharf an und sagte, sie plötzlich in der dritten Person anredend: »Jeschken, ich weiß, wo Sie hin will. Aber weiß Sie denn auch, was eine Verleumdungsklage ist? Ich erfahre alles, was Sie so herumschwatzt; aber seh Sie sich vor, sonst kriegt Sie's mit dem Küstriner Gericht zu tun; Sie ist 'ne alte Hexe, das weiß jeder, und der Justizrat weiß es auch. Und er wartet bloß noch auf eine Gelegenheit.«
Die Alte fuhr erschreckt zusammen. »Ick meen joa man, Hradscheck, ick meen joa man... Se weeten doch, en beten Spoaß möt sinn.«
»Nun gut. Ein bißchen Spaß mag sein. Aber wenn ich Euch raten kann, Mutter Jeschke, nicht zuviel. Hört Ihr wohl, nicht zuviel.«
Und damit ging er
Weitere Kostenlose Bücher