Untitled
die plötzliche Finster nis. Nachdem ich in einen Wandschrank gestolpert war und beinahe mein Tablett fallen gelassen hätte, gewöhnten sich meine Augen allmählich an die Dunkelheit. Weder der Backofen noch der Küh l schrank oder irgendein anderes Elektrogerät war in Betrieb. Ich konnte kaum mein Tablett erkennen, und den Boden sah ich übe r haupt nicht. Ich traute mich nicht, auch nur einen Schritt zu tun.
Eine laute Frauenstimme rief: »Na, ich schätze, der Di rektor hat uns zum letzten Mal eingeladen!« Es gab wieder Gedränge, Stühle wurden geschoben und vereinzeltes Ge lächter erklang. Durch eine Tür oder ein Fenster, das je mand geöffnet hatte, drang kalte Luft herein.
»Geduld, Geduld, wir bringen gleich etwas Licht in die Lage...« versicherte eine Männerstimme, die nach dem Di rektor klang. Es gab ein schlurfendes Geräusch, einen dumpfen Laut und etwas, das sich nach einem äußerst ein fallsreichen Fluch anhörte, und dann leuchtete in meiner Nähe eine Taschenlampe auf. Die Person, die sie hielt, ar beitete sich über den Linoleumboden vor und die hölzerne Kellertreppe hinunter. Draußen im Speisezimmer und in den Salons wurde das Lachen und Reden lauter, als könne die Kakophonie den Schrecken der unerwarteten Finster nis abwehren. Kurze Zeit später flackerte Licht auf. Und dann gingen alle Lampen wieder an. Weiteres Gelächter und erleichterte Ausrufe drangen zu mir herein.
Ich sah mich nach meinen Helfern um. Egon Schlichtmaier, Audrey und ich trugen schnell das restliche Geschirr in die Küche und räumten es klappernd in Pappkartons. Ich dankte beiden und schickte sie nach Hause, da die Straßen entsetzlich glatt sein mussten. Die Kartons konnte ich allein in den Lieferwagen laden. Aus der Eingangshalle mit ihren riesigen, geschnitzten Holztüren drangen gut gelaunte Abschiedsgrüße der letzten Gäste herüber, die ihre Nerz- und Kaschmirmäntel überzogen. Als meine Helfer fort waren, tauchte plötzlich Julian neben einer der buck ligen Arbeit s platten auf.
»Komm, ich helfe dir«, erklärte er und nahm einen Kar ton mit Bratpfannen auf. »Was für eine langweilige Veran staltung! Den ganzen Abend musste ich einem Burschen neben mir zuhören, der mir erzählte, dass seine alten Herr schaften tausend Knicker für den Vorbereitungskurs auf die Eignungstests ausgegeben haben und der wissen wollte, ob ich ein Gegenwort zu zuvorkommend wüsste. Auf der ande ren Seite saß ein Mädchen, das mir erzählte, alle Frauen ih rer Familie gingen seit Urzeiten aufs Smith College. Schließ lich habe ich ihr gesagt: >Ich könnte schwören, dass diese Frauen uralt sein müssen.< Aber ehe sie stocksauer werden konnte, ging das Licht aus.« Julian sah sich in der alten Küche um, in der überall Kartons herumstanden. »Soll ich sie zumachen?«
»Das wäre nett.«
Julian schlug die Deckklappen eines Kartons mit Kaffee tassen ein. Als sich die Menge verlaufen hatte, schleppte ich den ersten Karton mit Silberzeug in die spärlich beleuch tete Eingangshalle. Der Direktor war nirgendwo zu sehen. Vielleicht träumte Perkins bereits von einer metaphori schen Milchstraße. Mit einem Seufzen schob ich die schwere Haustür auf. Beißende Kälte drang durch meine Arbeitskleidung, und ich schimpfte mit mir, weil ich meine Jacke im Wagen gelassen hatte. Wenigstens hatte es aufge hört zu schneien. Ich war entschlossen, so schnell wie mög lich nach Hause zu kommen. Schließlich musste ich noch sechs Kartons Geschirr spülen.
Helle Wolkenbänder trieben am tintenblauen Himmel entlang. Der Mond ging hinter einem Hauch silbrigen Dun stes auf und b e schien die Silhouetten der Berge im Westen. Die schneeglänzende Eislandschaft erstreckte sich vor dem Haus des Direktors wie ein knittriges, fluoreszierendes Bett laken. Die dunklen Fußstapfen der Gäste markierten den Weg zum Lieferwagen. An einer Stelle rutschte ich in eine Schneewehe, und der schwere Karton glitt mir aus den Hän den. Er landete mit einem lauten, metallischen Scheppern. Fluchend beschloss ich, die erste Pause dieses Abends ein zulegen. Ich sog in tiefen Zügen die eisige Luft ein, stieß sie seufzend in Dampfwolken wieder aus und sah mich um. Die Zweige der Kieferngruppe neben dem Haus waren schnee bedeckt.
Der kleine Hain wirkte wie ein Eispalast in einem Osterei von Fabergé. Am Ende des Hains hatte jemand einen Schlit ten u m gekippt und liegen lassen. Ich biss die
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