Untitled
Ein Mann in Uniform, mit einem Knüppel bewaffnet. August erschien er als Engel der Erlösung. Er lief ihm entgegen, um sich in die Arme des Erlösers zu retten, da fiel eine Wolke von Dunkelheit über ihn mit der Härte eines Hammerschlags. Lautlos stürzte er dem Wachmann zu Füßen.
Zwei Fußgänger, die den Vorfall mitangesehen hatten, eilten herbei. Sie knieten nieder und wälzten August auf den Rücken. Zu ihrem Staunen lächelte er. Es war ein breites, seraphisches Lächeln, aus dem Blut sprudelte und rieselte. Seine Augen waren weit offen und starrten mit untrübbarer Unschuld auf die dünne Schale des Mondes, die gerade jetzt am Himmel sichtbar wurde.
Epilog
Von allen Erzählungen, die ich jemals geschrieben habe, ist dies die eigenartigste. Ich habe sie eigens für Fernand Leger und seinen Zyklus von Zirkus- und Clownsbildern verfaßt.
Nachdem ich diese Einladung angenommen hatte, vergingen Monate, bevor ich den ersten Satz zu Papier brachte. Obwohl mir völlige Freiheit belassen wurde, fühlte ich mich gehemmt. Ich hatte nie zuvor eine Erzählung im Auftrag geschrieben.
Meine Gedanken kreisten wie besessen um die Namen: Rouault, Miró, Chagall, Max Jacob, Seurat. Fast hätte ich lieber die Illustrationen gemacht als den Text. Ich hatte schon früher einige Clownsbilder gemalt, eines davon hieß Cirque Médrano. Einer dieser Clowns zeigte starke Ähnlichkeit mit Chagall, wurde mir berichtet – ich habe Chagall persönlich niemals getroffen, noch eine Fotografie von ihm gesehen.
Während der Bemühungen um den Beginn fiel mir ein kleines Buch von Wallace Fowlie in die Hand, das einen scharfgeschliffenen Essay über die Clownsbilder von Rouault enthält. Ich vertiefte mich in Rouaults Leben und Werk, das mich stark beeinflußt hat, und sah mich selbst als den Clown, der ich bin, der ich immer war. Ich dachte an meine Leidenschaft für den Zirkus, besonders für den Cirque Intime, und wie alle diese Erfahrungen als Zuschauer und stummer Teilnehmer am Spiel tief in meinem Bewußtsein begraben liegen mußten. Ich erinnerte mich, wie ich bei meiner Schulentlassung auf die Frage, was ich werden wollte, geantwortet hatte – »ein Clown«. Ich rief mir ins Gedächtnis, wie viele meiner alten Freunde in ihrem Benehmen wie Clowns waren – und es waren jene, die ich am meisten liebte. Und dann entdeckte ich zu meiner Überraschung, daß meine engsten Freunde mich selbst als Clown sahen.
Und plötzlich erkannte ich, was für einen gewaltigen Eindruck der Titel von Wallace Fowlies Buch (des ersten, das ich von ihm gelesen) auf mich gemacht hatte. Es hieß: Clowns and Angels. Bei Balzac, in Louis Lambert, hatte ich von Engeln gelesen, und in den zahlreichen Abwandlungen des Themas durch Fowlie gewann ich neue Einsichten in die Rolle des Clowns. Clowns und Engel stehen zueinander in gottgewollter Entsprechung.
Hatte ich im übrigen nicht selbst in meinen Büchern von August Angst und Guy le Crèveccer erzählt? Wer waren sie, diese beiden verängstigten, betrogenen, verzweifelten Seelen, wenn nicht ich selbst?
Und außerdem … das erfolgreichste Bild, das ich jemals malte, war der Kopf eines Clowns, dem ich zwei Münder gab, einen für die Freude und einen für das Leid. Der Mund der Freude war scharlachrot – es war ein singender Mund. (Dabei fällt mir auf: ich habe seither nie wieder gesungen.)
Mittlerweile erhielt ich einige Skizzen von Leger. Eine davon zeigte den Kopf eines Pferdes. Ich legte sie in ein Schubfach, vergaß sie und begann zu schreiben. Erst als ich die Erzählung beendet hatte, merkte ich, woher ich das Pferd genommen hatte. Die Leiter, versteht sich, stammt von Miró, ebenso wahrscheinlich der Mond. (»Hund, der den Mond anbellt«, hieß das erste Bild, das ich von Miró sah.)
Ich ging dann von mir selbst aus, in der festen Überzeugung, daß ich alles Wissenswerte über die Clowns und den Zirkus in mir trug. Ich schrieb Zeile für Zeile und schritt wie ein Blinder fort, ohne vorauszuahnen, was in der nächsten stehen würde. Ich hatte mich selbst – die Leiter und das Pferd, die ich unbewußt gestohlen hatte. Gesellschaft leisteten mir die Dichter und Maler, die ich bewunderte – Rouault, Miró, Cha gall, Max Jacob, Seurat. Seltsamerweise sind alle diese Künstler Dichter und Maler zugleich. Mit jedem von ihnen war ich zutiefst verbunden.
Der Clown ist ein handelnder Dichter. Er ist selbst die Geschichte, die er spielt. Es ist immer die gleiche Geschichte – Verehrung,
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