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Unwiederbringlich

Unwiederbringlich

Titel: Unwiederbringlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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aber seinen Dienst versagen zu wollen, denn niemand kam. Erst als sie das Klopfen mehrmals wiederholt hatte, wurde geöffnet, und zwar von Pastor Petersen selbst, der augenscheinlich gestört worden war. Als er aber Asta erkannte, verschwand rasch die Mißmutswolke von seiner Stirn, und er nahm ihre Hand und zog sie mit sich in seine Studierstube, deren Tür er offengelassen hatte. Die Fenster gingen auf den ein wenig ansteigenden Kirchhof hinaus, so daß die Grabsteine einander wie über die Schulter sahen. Dazwischen standen Eschen und Trauerweiden, und der Duft von Reseda, trotzdem es schon spät im Jahre war, drang von außen her ein.
    »Nimm Platz, Asta«, sagte Petersen. »Ich war eben eingeschlafen. In meinen Jahren geht der Schlaf nicht mehr nach der Uhr; in der Nacht will er nicht kommen, und da kommt er denn bei Tag und überfällt einen. Elisabeth ist bei Schünemanns drüben und bringt der armen Frau, die's, glaub ich, nicht lange mehr machen wird, ein paar Weintrauben, die wir heute früh geschnitten haben. Aber sie muß gleich wieder da sein; Hanna hilft mit draußen auf dem Feld. Und nun trinkst du mit mir ein Glas Malvasier. Das ist Damenwein.«
    Und dabei schob er die aufgeschlagene Bibel nach rechts, einen Kasten mit Altertümern aber (denn er war ein Altertümler wie die meisten schleswigschen Pastoren) weit nach links hin und stellte zwei Weingläser auf seinen Arbeitstisch.
    »Laß uns anstoßen. Ja, worauf? Nun, auf ein frohes Weihnachten.«
    »Ach, das ist noch so lange.«
    »Ja dir. Aber ich rechne anders... Und daß das Christkind dir alles erfüllt, was du auf dem Herzen hast.«
    Ihre Gläser klangen zusammen, und im selben Augenblicke trat auch Elisabeth ein und sagte: »Da muß ich doch mit anstoßen, wenn ich auch nicht weiß, wem es gilt.«
    Und nun erst begrüßten sich die jungen Mädchen, und Asta gab an Elisabeth die Notenmappe zurück und sprach ihr dabei den Dank ihrer Mutter für das schöne Lied aus, das sie gestern abend gesungen.
    Dies wurde nur so hingesprochen, denn während Asta die Bestellung ausrichtete, beschäftigte sich ihr Auge schon mit den zahlreichen numerierten Dingen, kleinen und großen, die den archäologischen Kasten füllten. Das eine, was sie sah, schien Golddraht zu sein, Golddraht in einer großen Spirale.
    »Warum ist es von Gold?« fragte Asta. »Es sieht ja aus wie eine Sofa-Sprungfeder.«
    Der Alte vergnügte sich darüber und sagte ihr dann, es sei was Besseres, ein Schmuckstück, eine Art Armband, das vor zweitausend Jahren eine damalige Comtesse Asta getragen habe.
    Asta freute sich und nickte, und Elisabeth, die von diesen Dingen mehr kannte, als ihr lieb war, denn sie war wie der Kustos der Sammlung, setzte ihrerseits hinzu: »Und wenn nach wieder zweitausend Jahren deine kleine Hufeisen-Broche gefunden wird, dann, das kann ich dir versichern, wird es auch Vermutungen und Feststellungen geben... Aber nun komm, Asta, wir wollen den Großpapa und seine Studierstube nicht länger stören.«
    Und damit nahm sie Astas Arm und ging mit ihr über den Flur auf eine Pforte zu, die direkt nach dem Kirchhof hinausführte. Nur wenige Schritte noch, dann kamen sie bis an einen breiten Querweg, der zwischen Gräbern hin auf die alte Feldsteinkirche zulief, einen frühgotischen Bau ohne Turm, der für eine Scheune hätte gelten können, wenn nicht die hohen Spitzbogenfenster gewesen wären mit ihrem dichten kleinblättrigen Efeu, der sich bis unter das Dach hinaufrankte. Die Glocke hing unter ein paar Schutzbrettern an der einen Giebelseite der Kirche, während an der andern ein niedriges Backsteinhaus angebaut war, mit kleinen Fenstern und jedes Fenster mit zwei Eisenstäben. Einige der Grabsteine, die hier in Nähe der Kirche besonders zahlreich waren, reichten mit ihrem Kopfende bis dicht an die Gruft heran, denn eine solche war der Anbau, und auf einen dieser Grabsteine stieg nun Asta und sah neugierig durch die kleinen eisenvergitterten Fenster. Dabei lehnte sie sich mit der Hand gegen einen losen Mauerstein, der sich dadurch nach hinten schob und einen anderen Halbstein, der auch schon lose war, zum Umkippen brachte, so daß er mit Gepolter in die Gruft hinabstürzte.
    Asta fuhr zurück und sprang von dem Grabstein herab, auf dem sie gestanden. Elisabeth war mit erschrocken, und erst als sie beide den unheimlichen Platz und gleich darnach auch den Kirchhof selbst verlassen hatten, erholten sie sich und fanden ihre Sprache wieder. Draußen, an der

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