Unwiederbringlich
wir den Kirchhofssteig weiter hinauf bis an die Kirche und kletterten auf einen schräg daliegenden Grabstein und wollten eben durch das Gitterfenster in unsere Gruft sehen, da fiel ein Stein hinein und schlug auf und war mir, als hätt ich wen erschlagen. Ach, ich kann gar nicht sagen, wie ich mich erschrocken habe. Da mag ich nicht hinein, und wenn ich sterbe, das müßt ihr mir alle versprechen, will ich den Himmel über meinem Grabe haben.«
Der Gräfin Blick traf den Grafen, der sichtlich bewegt war und seiner Frau freundlich zunickte. »Soll anders werden, Christine. Habe schon mit Alfred gesprochen und auch eben mit der Dobschütz. Es wird eine offene gotische Halle werden, die den Begräbnisplatz umschließt, und was sonst noch werden soll, das wirst du selber angeben.«
Arne, während Graf und Gräfin noch eine kleine Weile so weitersprachen, unterhielt sich mit Asta und leitete dann, als das Gespräch wieder ein allgemeines wurde, zu anderen Dingen über, was sich leicht machte, da Gärtner Ohlsen eben von Glücksburg zurückkam und die Nachricht brachte, der König komme morgen und die Gräfin Danner auch und er wolle vier Wochen bleiben und auf dem Braruper Moor ein Hünengrab ausnehmen. Und das Billet habe er bei Reeder Kirkegard gleich gelöst, und um zehn Uhr früh oder so herum werde das Dampfschiff an dem Steg unten anlegen. Es sei das beste Schiff auf der Linie: »König Christian«, Kapitän Brödstedt.
Ehe Ohlsen noch seinen Rapport beendet, kam Axel mit dem Hauslehrer und holte die von ihm geschossenen Rebhühner aus der Jagdtasche hervor.
»Mir lieb, Axel«, sagte Holk, »das gibt ein Frühstück für unterwegs. Du wirst doch noch ein richtiger Holkscher Jäger werden, und offen gestanden, das wäre mir das liebste. Das Lernen ist für andere.«
Und dabei streifte Holks Blick, ohne recht zu wollen, den armen Strehlke, der sich, während sein Zögling die Rebhühner geschossen, damit begnügt hatte, ein Dutzend Krammetsvögel aus den Dohnen zu nehmen.
Neuntes Kapitel
Der »König Christian« hielt Wort: pünktlich um zehn Uhr kam er in Sicht, und zehn Minuten später legte er an der Landungsbrücke an. Der Graf stand schon da, die Koffer neben ihm, auf denen Axel und Asta Platz genommen hatten, jener mit seiner Jagdflinte über der Schulter. Und nun kam der Abschied von den Kindern, und gleich danach stieg Holk an Bord, unter Vorantritt zweier Bootsleute, die das Gepäck trugen. Einen Augenblick später, und Kapitän Brödstedt rief auch schon seine Befehle zur Weiterfahrt in den Maschinenraum hinein, der Steuermann aber ließ das Rad durch die Hand laufen, und unter ein paar schweren Schlägen (es war noch ein Raddampfer) löste sich das Schiff von der Landungsbrücke los und nahm seinen Kurs östlich in die offene See hinaus. Holk seinerseits war mittlerweile zu dem Kapitän herangetreten und sah jetzt, von der Kommandobrücke her, auf den Pier zurück, vor dem aus beide Kinder noch eifrig grüßten; ja, Axel gab sogar einen Salutschuß aus seinem Gewehr. Oben aber, auf der letzten Terrassenstufe, standen die Gräfin und das Fräulein, bis sie, nach kurzem Verweilen an dieser Stelle, wieder unter die höher gelegene Säulenhalle zurücktraten, um von hier aus dem Schiffe bequemer folgen zu können. Zugleich sahen sie nach dem Pier hinunter, auf dem jetzt die Geschwister gemeinschaftlich herankamen, anscheinend in lebhaftem Gespräch. Erst am Strande trennten sie sich wieder, und während Axel auf Möwenjagd in die Dünen einbog, stieg Asta die Terrasse hinauf.
Als sie oben war, schob sie eine Fußbank neben den Platz der Mama, nahm die Hand derselben und versuchte zu scherzen. »Es war Kapitän Brödstedt, der fuhr, ein schöner Mann, und soll auch, wie mir Philipp erzählt hat, eine bildschöne Frau haben, von der es heißt, er habe sie sich von dem Bornholmer Leuchtturm heruntergeholt. Es ist doch eigentlich schade, daß man, um bloßer Standesvorurteile willen, einen Mann wie Kapitän Brödstedt nicht heiraten kann.«
»Aber, Asta, wie kommst du nur auf solche Dinge?«
»Ganz natürlich, Mama. Man hat doch auch so seine zwei Augen und hört allerlei und macht seine Vergleiche. Da nimm einmal den guten Seminardirektor, der eine Adlige zur Frau hatte; nun ist er freilich Witwer. Ja, du wirst doch zugeben, Mama, daß Schwarzkoppen noch lange kein Brödstedt ist. Und Schwarzkoppen ginge noch, aber Herr Strehlke...«
Beide Damen lachten, und als die Mama schwieg, sagte das
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