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Unwiederbringlich

Unwiederbringlich

Titel: Unwiederbringlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Ich habe diese sonderbare Stellung immer mit Unbehagen und Mißtrauen angesehen, und wenn er auch diesmal wieder hinüber mußte, weil sein Nichterscheinen eine Beleidigung gewesen wäre, so mußte ich mit ihm gehen...«
    Die Dobschütz, überrascht, mühte sich, ein Lächeln zu unterdrücken.
    »Eifersüchtig?« Und während sie so fragte, nahm sie die Hand der Gräfin und fühlte, daß diese zitterte. »Du schweigst. Also getroffen, also wirklich eifersüchtig, sonst würdest du sprechen und mich auslachen. Man lernt doch nie aus, auch nicht in dem Herzen seiner besten Freundin.«
    Eine Pause trat ein, für beide peinlich, besonders für die Dobschütz, die das alles so ganz wider Wunsch und Willen heraufbeschworen hatte. Ja, Verlegenheit auf beiden Seiten, soviel war gewiß, und diese Verlegenheit wieder aus dem Wege zu räumen, das war nur möglich, wenn das Gespräch, wie es begonnen, mit allem Freimut fortgesetzt wurde.
    »Gönnst du mir noch ein Wort?«
    Die Gräfin nickte.
    »Nun denn, Christine, ich war in vielen Häusern und habe manches gesehen, was ich lieber nicht gesehen hätte. Die Herrensitze lassen oft viel zu wünschen übrig. Aber wenn ich je umgekehrt ein zuverlässiges Haus gefunden habe, so ist es das euere. Du bist ein Engel, wie alle schönen Frauen, wenn sie nicht bloß schön, sondern auch gut sind, ein Fall, der freilich selten eintritt, und ich persönlich wenigstens habe nichts Besseres kennengelernt als dich. Aber gleich nach dir kommt dein Mann. Er ist in dem, um das sich's hier handelt, ein Muster, und wenn ich einem Fremden zeigen sollte, was ein deutsches Haus und deutsche Sitte sei, so nähm ich ihn beim Schopf und brächt ihn einfach hierher nach Holkenäs.«
    Der Gräfin Antlitz verklärte sich.
    »Ja, Christine, du bist alles in allem doch eine sehr bevorzugte Frau. Holk ist aufrichtig und zuverlässig, und wenn drüben in Kopenhagen auch jede dritte Frau die Frau Potiphar in Person wäre, du wärest seiner doch sicher. Und schließlich, Christine, wenn dir trotz alledem immer noch ein Zweifel käme...«
    »Was dann?«
    »Dann müßtest du den Zweifel nicht aufkommen lassen und dir's klug und liebevoll einreden, es sei anders. Ein schöner Glaube beglückt und bessert und stellt wieder her, und ein schlimmer Argwohn verdirbt alles.«
    »Ach, meine liebe Julie, das sagst du so hin, weil du, soviel du von unserem Haus und Leben kennst, doch nicht recht weißt (und du sagtest eben selbst so was), wie's in meinem Herzen eigentlich aussieht. Du weißt alles und doch auch wieder nicht. Ich glaube, wie Ehen sind, das wissen immer nur die Eheleute selbst, und mitunter wissen's auch die nicht. Wer draußen steht, der sieht jeden Mißmut und hört jeden Streit; denn, sonderbar zu sagen, von ihren Fehden und Streitigkeiten verbergen die Eheleute meistens nicht viel vor der Welt, ja, mitunter ist es fast, als sollten es andere hören und als würde das Heftigste gerade für andere gesprochen. Aber das gibt doch ein falsches Bild, denn eine Ehe, wenn nur noch etwas Liebe da ist, hat doch auch immer noch eine andere Seite. Sieh, Julie, wenn ich Holk in irgendeiner Sache sprechen will und such ihn in seinem Zimmer auf und sehe, daß er rechnet oder schreibt, so nehme ich ein Buch und setze mich ihm gegenüber und sage: ›Laß dich nicht stören, Holk, ich warte.‹ Und dann, während ich lese oder auch nur so tue, seh ich oft über das Buch fort und freue mich über sein gutes, liebes Gesicht und möchte auf ihn zufliegen und ihm sagen: ›Bester Holk.‹ Sieh, Julie, das kommt auch vor; aber niemand sieht es und niemand hört es.«
    »Ach, Christine, daß ich das aus deinem Munde höre, das freut mich mehr, als ich dir sagen kann. Ich habe mich manchmal um euch und euer Glück geängstigt. Aber wenn es
so
ist...«
    »
Es ist so
, Julie, ganz so, mitunter mir selbst zum Trotz. Aber gerade weil es so ist, deshalb hast du doch unrecht mit deinem Rate, daß man immer das Beste glauben und mitunter sogar die Augen schließen müsse. Das geht nicht so, wenn man wen liebt. Und dann, liebe Julie, hast du doch auch unrecht, oder wenigstens ein halbes, mit dem, was du über Holk sagst. Er ist gut und treu, der beste Mann von der Welt, das ist richtig, aber doch auch schwach und eitel, und Kopenhagen ist nicht der Ort, einen schwachen Charakter fest zu machen. Sieh, Julie, du machst seinen Advokaten und tust es mit aller Überzeugung, aber du sprichst doch auch von Möglichkeiten, und die gerade lasten

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