Unzaehmbares Verlangen
aufwachte und auf den Wecker sah, war es bereits kurz vor ein Uhr. Letty drehte sich verschlafen um. »Hast du wieder schlecht geträumt?« fragte sie leise.
Joel überlegte einen Moment und wartete auf den Adrenalinstoß, den er sonst nach seinen Alpträumen immer verspürte.
»Nein«, sagte er. »Ich bin einfach nur aufgewacht, aber ich habe nicht geträumt.«
Letty schmiegte sich an ihn. »Jetzt ist alles vorüber«, flüsterte sie.
»Ja.«
Joel nahm sie fest in die Arme und schlief sofort wieder ein.
Zwei Monate später lief Joel die Treppe zum dritten Stock hinunter und ging zum Konferenzraum. Als er die Tür öffnete, sah er Letty in den muskulösen Armen eines blonden Adonis.
Er war braungebrannt und trug eine kurze Lederhose, die seine gewaltigen Oberschenkel zur Geltung brachten. Seine blauen Augen und strahlend weißen Zähne funkelten im Licht der Scheinwerfer.
Letty wirkte in seinen Armen klein und zerbrechlich. Einer ihrer schwarzen Schuhe lag am Boden.
»Würden Sie bitte sofort die Chefin dieses Hauses loslassen«, befahl Joel kühl.
Mr. Adonis zwinkerte beunruhigt. »Natürlich. Entschuldigung.« Hastig ließ er Letty auf den Boden gleiten.
»Hallo, Mr. Blackstone.« Letty lächelte fröhlich, während sie ihre Bluse in den Rockbund steckte und versuchte, ihre Jacke geradezuziehen.
»Guten Tag, Mrs. Blackstone. Wer, zum Teufel, ist das? Warum trägt er dich herum wie einen Sack Kartoffeln?«
»Das ist Mark«, erklärte Letty. »Er ist unser Model in der neuen Werbekampagne für Bergsteiger und Kletterer.«
»Hoffentlich hat er nicht vor, dich bei seiner nächsten Tour in den Rucksack zu stecken und mitzunehmen.«
»Aber nein. Er hat mir nur gerade zu beweisen versucht, daß er hundertzwanzig Pfund mühelos heben kann, nicht wahr, Mark?«
»Ja, Ma'am.« Mark lächelte zuvorkommend.
Letty betrachtete ihn wohlwollend. »Er wird sich auf den Fotos einfach großartig machen, wenn er mit der Ausrüstung von Thornquist Gear einen Gletscher erklimmt. Die neue Kampagne wird ein großer Erfolg!«
»Genau darüber wollte ich mit dir sprechen, Mrs. Blackstone«, sagte Joel düster und stützte sich mit dem Ellbogen gegen den Türrahmen. Mit der anderen Hand hielt er ihr anklagend einen Aktenordner entgegen.
Letty hob die Augenbrauen. »Gibt es ein Problem?«
»Allerdings«, bemerkte Joel scharf. »Die Kampagne bewegt sich bereits fünfzigtausend Dollar über dem Budget.«
»Tatsächlich?«
»Ja. Würdest du mir bitte erklären, was du mit dem Geld gemacht hast, Chefin?«
Letty sah ihm zärtlich in die Augen. »Natürlich, Mr. Blackstone. Möchtest du gleich meine Rechtfertigung hören, oder kann ich dir zuerst erzählen, daß ich schwanger bin?«
Erst an diesem Morgen hatte Joel geglaubt, daß eine Stei-gerung seines Glücks nicht mehr möglich wäre - nun, er hatte sich getäuscht. Die fünfzigtausend Dollar waren vergessen, und er begann unwillkürlich zu strahlen.
»Du bist schwanger?« Joel kümmerte sich nicht darum, daß der blonde Adonis peinlich berührt zur Seite blickte. »Du bekommst ein Baby?«
Letty rückte ihre Brille zurecht. »Es sieht ganz so aus. Was sagst du dazu, Mr. Blackstone?« fragte sie zögernd.
Joel warf den Aktenordner über die Schulter und zog Letty in seine Arme. »Vergiß die fünfzigtausend Dollar. Eine Chefin sollte sich mit ihrem Geschäftsführer nicht wegen so einer Kleinigkeit streiten.«
»Ich wußte, daß du das so sehen würdest, Joel.«
Joel trug sie über die Schwelle in den Flur. »Am besten, wir gehen sofort in mein Büro, Mrs. Blackstone. Es gibt wichtigere Dinge zu diskutieren als das Budget für die Werbekampagne.«
»Natürlich, Mr. Blackstone.« Letty sah ihm zärtlich in die Augen. »Aber diesmal schließen wir die Tür ab, bevor wir unsere Verhandlungen beginnen.«
Joels Gelächter hallte im Gang wider. Das Leben war wirklich wunderschön.
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